Die globale IT-Factory
SAP setzt auf die Industrialisierung seiner IT
Nur poppen diese Probleme erst einige Monate oder Jahre später bei Auslieferung an den internen Kunden auf. Inzwischen arbeitet der Übersetzer an einer anderen Stelle im Unternehmen oder ist gar nicht mehr erreichbar. Dann gibt es nur noch den direkten Kontakt zwischen IT und Endkunden, und die IT muss für den Fehler geradestehen - ohne sich dafür verantwortlich zu fühlen.
In der neuen Zwei-Tier-Organisation sollen ITler direkten Kontakt zum Kunden pflegen. Das bedeutet eine kleine Revolution. "Meine Mitarbeiter sollen die Verantwortung gegenüber dem Business in der Prozessgestaltung übernehmen", sagt Herold. "Dafür müssen sie ihre Denkweisen radikal ändern. Das ist teilweise ein Glaubenskrieg." Denn IT will an sich nicht die Verantwortung für ein Endprodukt übernehmen, dass in 50 Ländern funktionieren muss; das soll das Business als Auftraggeber machen.
Das Zwei-Tier-Modell hat Herold in einigen Business-Lines bereits umgesetzt, in anderen führt er es gerade ein. "Ich habe bei den Mitarbeitern kein Qualifikationsproblem, auch kein Skill-Problem. Was ich brauche, ist mehr Veränderung in den Köpfen, in der IT und im Business", sagt Herold. Um die neue Denkweise zu verankern, holt er zum Teil ehemalige Übersetzer in seine Mannschaft. Bei seinem früheren Arbeitgeber Brose bestanden nach zwei Jahren 50 Prozent der IT-Projektmannschaft aus ehemaligen Übersetzern.
Wirksame Kommunikation
Auf die IT-Mannschaft kommen noch weitere Änderungen zu. Mit der Globalisierung muss die IT alle Prozesse in allen Zeitzonen nach dem Follow-the-Sun-Prinzip abdecken können. Dafür müssen Mitarbeiter viel und wirksam kommunizieren. Herold führt deshalb beispielsweise bei seinen weltweiten Direct Reports Video-To-The-Desk ein. Das spart teure und kräftezehrende Interkontinentalflüge.
Außerdem unterstützt er Freiheiten für die Mitarbeiter. So ermöglicht es SAP Mitarbeitern, ihren Arbeitsplatz zu verlegen. Will jemand eine Zeit lang in Philadelphia, Palo Alto oder Vancouver arbeiten statt in Walldorf, dann kann er dort hinziehen. "Work-Life-Balance ist immer ein kritischer Aspekt in der SAP", betont Herold. Damit alle Mitarbeiter an jedem SAP-Standort der Welt sofort ihre Arbeitsplatzumgebung wiederfinden, will Herold Lösungen über Regionen hinweg standardisieren.