Strategien


CIO Carsten Trapp

So migriert Zeiss von SAP R/3 auf S/4 HANA

Jens Dose ist Editor in Chief von CIO. Seine Kernthemen drehen sich rund um CIOs, ihre IT-Strategien und Digitalisierungsprojekte.
Zeiss verfolgt für den Wechsel auf SAP S/4 HANA einen Greenfield-Ansatz. CIO Carsten Trapp pocht dabei auf Standards und Harmonisierung.
Carsten Trapp, CIO der Zeiss Gruppe: "Es ist eine Lifetime-Chance aufzuräumen, denn auch wir haben unser R/3-System in den letzten 30 Jahren verbogen."
Carsten Trapp, CIO der Zeiss Gruppe: "Es ist eine Lifetime-Chance aufzuräumen, denn auch wir haben unser R/3-System in den letzten 30 Jahren verbogen."
Foto: Carsten Trapp

Aus der SAP-Transformation bei ZeissZeiss will CIO Carsten TrappCarsten Trapp für die Konzern-IT eigentlich kein großes Ding machen: "Das ist bei uns ziemlich unspektakulär - wie alle anderen Unternehmen machen wir das gerade, weil SAPSAP die Wartung einstellen wird - aus R/3 wird S/4 und irgendwann bist Du dabei." Top-500-Firmenprofil für Carl Zeiss AG Profil von Carsten Trapp im CIO-Netzwerk Alles zu SAP auf CIO.de

Die Zeiss-IT habe sich schon seit 2017 damit beschäftigt. "2020 ist SAP dann vorstandsrelevant geworden, weil klar war, dass es ein großes und längeres Projekt mit großer Tragweite für den Konzern werden wird," so der CIO.

Fokus auf Standards

Der Zeiss-IT-Verantwortliche hat sich bewusst für einen Greenfield-Ansatz entschieden. Trapp erläutert: "Es ist eine Lifetime-Chance aufzuräumen, denn auch wir haben unser R/3-System in den letzten 30 Jahren verbogen." Mit einem Neubeginn auf S/4 könne sein Team von vornherein alle Prozesse sauber im SAP-Standard aufsetzen. Zudem habe der CIO als zwingende Maßgabe ausgerufen, wenn möglich in diesem Standard zu bleiben.

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Da der SAP-Umstieg keine IT- sondern in erster Linie eine Business-Transformation beinhaltet, arbeitet Zeiss an dieser Stelle mit einem Führungstandem. Das Projekt wird von einem Verantwortlichen aus dem Business und einem aus der IT geleitet. Für die Plattform, auf der SAP S/4 HANA betrieben werden soll, wählte Zeiss die Azure-Cloud von Microsoft.

Nachdem sich das Team um Trapp die Rückendeckung aus dem Vorstand gesichert hatte, kam viel Change-Management auf den IT-Chef zu. "Als klar war, wir nutzen den Standard - wir sind nicht anders als alle anderen - startete eine große Welle an organisatorischem Wandel," erinnert sich Trapp. Es galt, den Kollegen aus den Fachbereichen zu erklären, dass sich die Prozesse und das System ändern werden. "Aber eigentlich bleibt alles gleich, außer dass man jetzt vielleicht rechts oben klickt und nicht mehr links unten."

Dabei ging das Team auf Persona-Ebene vor und arbeitete den Change zielgruppengerecht auf. Trapp: "Wir beantworteten Fragen wie: Was bedeutet es für das Unternehmen, was für den speziellen Bereich und für jeden einzelnen Prozess?"

Harmonisierung

Beim Thema Harmonisierung verfolgte Trapp eine ähnliche Linie: "Wir haben vier Sparten und ich weiß nicht, ob ein Purchase-to-pay-Prozess vier Mal unterschiedlich sein muss." Also machte sich sein Team daran, solche Abläufe zu vereinheitlichen. Die IT habe bewiesen, dass das mit Standardprozessen oft funktioniert, und so wurde dieses Konzept konzernweit vorangetrieben.

"So sind wir mit StandardisierungStandardisierung und Harmonisierung sehr weit gekommen, wir haben im Standard ein Template gebaut, und sind nur daraus ausgebrochen bei Dingen, die unbedingt notwendig waren," so Trapp. Jede dieser Abweichungen wurde durch eine sogenannte Design Authority geprüft und einzeln freigegeben. Alles zu Standardisierung auf CIO.de

Bisher hat Zeiss drei Piloten ausgerollt, im Oktober 2024 soll der letzte Go-Live folgen. "Die vier Piloten haben wir so gewählt, dass wir alle Unternehmensspezifika einmal gesehen haben." Diese gliedern sich folgendermaßen:

  • eine Organisation, die vorher kein SAP hatte;

  • eine, die das Sales- und Services-Geschäft bei Zeiss über alle Segmente hinweg managt und aus allen Sparten Produkte verkauft;

  • eine stark von Produktion geprägte Organisation;

  • eine, mit einer starken Shared-Service-Historie.

So sammelte das Team um Trapp Schritt für Schritt Belege dafür, dass das neue standardisierte SAP-Template in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens funktioniert. Auf dieser Grundlage kann Zeiss ab Oktober 2024 damit beginnen, das SAP-Template weltweit bis 2030 an mehr als 150 Entitäten auszurollen.

User brauchen einen SAP-Führerschein

Die ersten sechs "Early Adopters" unter den Entitäten, die nach der Pilot-Phase das Template bekommen, werden bereits jetzt in einer sogenannten Initiations-Phase vom Projektteam betreut. Trapp: "Durch ein Assessment sowohl von Business- als auch von technischer Seite, wird hier vor dem Start des eigentlichen Roll-Ins, die Roll-In-Readiness der jeweiligen Entity bewertet. So werden beispielsweise die umliegenden Systeme identifiziert, damit wir wissen, welche Daten aus welchen Systemen wir migrieren müssen."

In der Roll-In-Phase soll die IT mit dem jeweiligen Kandidaten die Systemwelt S/4-ready machen, während das bisherige R/3-System noch im Parallelbetrieb läuft. Das bedeutet, das System und die Daten für die neue Lösung bereit zu machen und die User zu schulen. Darauf folgt nach Tests der technische Go-Live und schließlich der Business-Go-Live, mit dem das Altsystem nicht mehr im Zugriff sein wird. Der Handover an das Betriebsteam markiere laut dem CIO, nach erfolgreichem Abschluss der Hypercare-Phase, das Ende des Roll-Ins.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden intern mit selbst erstellten Trainingsmaterialien geschult. Dabei stehen der Belegschaft Classroom-, Einzel-, Prozess- und SAP-Trainings vor Ort und Video-basiert zur Verfügung. "Diese Trainings werden auch bei uns in der IT verwaltet, weil wir als Qualifikationskonzept im Konzern festgelegt haben, dass nur geschulte Leute mit einem 'SAP-Führerschein' das System auch bedienen dürfen," erklärt Trapp.

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