Transformation
Springer-Verlag baut eine Bimodal-IT-Architektur
Aneta Nowobilska war Enterprise Architect Corporate IT bei Axel Springer SE. Seit September 2015 arbeitet sie als Director Partnership Development beim Springer-Tochterunternehmen upday, einem Anbieter einer personalisierten Nachrichten-App.
5 Zutaten für erfolgreiches Architekturmanagement in der bimodalen IT-Welt
Noch vor einigen Jahren wären die Antworten auf die Frage nach erfolgreichem Architekturmanagement sicherlich Schlagwörter gewesen wie "TOGAF" (The Open Group Architecture Framework), Mandat des Vorstands und ein mächtiges Architekturwerkzeug, in dem die Ist-Aufnahme, Roadmap-Planung, Projektportfoliomanagement, umfangreiches Reporting und Status-Tracking für die Dokumentation möglich sind.
Wir glauben jedoch, dass für die heutigen Herausforderungen und den Erfolg des Architekturmanagements andere Aspekte entscheidend sind:
1. Architekturmanagement-Ansatz
Differenzierter Architekturmanagement-Ansatz für die Commodity-Welt und die innovative Welt, um den Produktbereichen die notwendige Freiheit zu geben. Axel-Springer-Architekten nutzten die Gartner Paced Layered Application Strategy als Basis für die Differenzierung des Applikationsportfolios.
Unsere Architekturstrategie unterscheidet drei IT-Systeme: 1. "Systems of records", also die oben beschriebenen Commodity-Systeme; 2. "Systems of transformation", Plattformen und Integrationsarchitektur, die sicherstellen, dass die Daten aus den Commodity-Systemen zentral zur Verfügung stehen und flexibel durch neue Produkte und Apps genutzt werden können, ohne einzelne Schnittstellen in die Commodity-Systeme bauen zu müssen; 3. "Systems of InnovationInnovation", also neue digitale Angebote (Websites, Apps, etc.). Alles zu Innovation auf CIO.de
Diese Strategie legt fest, wie viel Steuerung die Architekten einsetzen: in den Commodity-Systemen viel Governance und stärkere Regeln; in den "systems of innovation" mehr Flexibilität.
Sie bestimmt aber auch, wie Investitionsentscheidungen getroffen werden: Der Investitionsfokus liegt auf den "systems of innovation".
Und die Strategie legt letztlich fest, mit welcher Methodik die Projekte durchgeführt werden: Bei den "systems of records" erfolgt die Entwicklung oder Weiterentwicklung eher als Wasserfall; bei den beiden anderen Systemen eher agil.
2. Architekten in Hot-Spot-Projekten
Zusätzlicher direkter Einsatz der Architekten in Hot-Spot-Projekten. Klassische Architekturmanagement-Funktionen werden dem untergeordnet. So wird sichergestellt, dass aktuelle wichtige Projekte auch entlang der strategischen Sicht ausgerichtet werden.
Das Architekturmanagement wird regelmäßig mit zwei Vorwürfen konfrontiert. Die Einführung findet erstens entweder im Backoffice/Elfenbeinturm ohne Praxisbezug statt, was zu schlechter Akzeptanz im Unternehmen führt. Zweitens: Die Einführung findet in einem Projekt statt, das nicht wichtig oder kritisch genug ist, um die Vorteile des Architekturmanagements sichtbar zu machen.
Deshalb unterstützen die Architekten von Axel Springer strategisch wichtige Projekte: Plattform-Entwicklung, strategische Produktentwicklung, große Systemkonsolidierungen. So werden die Vorteile des Architekturmanagements deutlich.
3. Tool zur Dokumentation der Unternehmensarchitektur
Leichtgewichtiges Tool zur Dokumentation der Unternehmensarchitektur. Für Axel Springer war es wichtig, dass ein EAM-Tool einen Mehrwert und keine Mehrarbeit liefert. Einfache Bedienung, Verfügbarkeit aus der Cloud und "out-of-the-box"-Funktionalitäten, wie die Integration in "collaborationcollaboration platforms" sind heute für viele Anwendungen eine Selbstverständlichkeit. Da dies im Unternehmen auch im Architektur-Bereich sichergestellt werden soll, erfolgte die Entscheidung für leanIX. Alles zu Collaboration auf CIO.de
Bei der Dokumentation des Architekturmanagements setzt Axel Springer auf Pragmatismus. Ein Werkzeug zur Dokumentation der Architektur war unabdingbar, aber um Dokumentationsprozesse nachhaltig einzuführen, wurde ein möglichst einfaches, intuitiv zu bedienendes Tool aus der Cloud mit gutem Design gewählt, das dennoch das typische Architektur-Metamodell abbildet.
Auch die Dokumentationsprozesse sind so effektiv wie simpel: Die Projektleiter sind verpflichtet, bei jedem Projektantrag die Architekturdokumentation zu aktualisieren. Sonst wird das Projekt nicht freigegeben.
4. Transformationsschicht zwischen Commodity- und Produktwelt
Zentrale Plattformen bilden bei Axel Springer eine Transformationsschicht zwischen Commodity- und Produktwelt. Sie flexibilisieren und schützen die herkömmlichen IT-Systeme und stellen die Daten aus diversen Systemen für die Endkunden-Apps zentral zur Verfügung.
Bis 2013 fand die Entwicklung im Wesentlichen bei externen Dienstleistern statt. Das Manko: Die Vielzahl entwickelter Komponenten von unterschiedlichen Dienstleistern ließen sich nur schwer in die IT-Landschaft integrieren und intern fehlte das Know-How zu Systemen und deren Abhängigkeiten untereinander.
Bei Axel Springer kümmert sich seither deswegen eine interne Abteilung um die Entwicklung von zwei zentralen Plattformen: Erstens einer "Premium Content Plattform", die die Abwicklung der digitalen Abos leistet und somit eine Verbindung zwischen der SAP-Welt ("systems of records") und den Online-Shops ("systems of innovation") herstellt. Zweitens wurde auch die "Unified Content Plattform" aufgebaut, die Inhalte aus den wesentlichen Content Management Systemen des Verlags standardisiert und den neuen digitalen Angeboten zentral zur Verfügung stellt.
Ein Beispiel für diese Plattformen ist die zentrale Payment-Plattform. Sie wurde geschaffen, um jenseits des zentralen Auftrags- und Rechnungslegungssystems SAP, digitale Angebote besser verfügbar, flexibel anpassbar und bedarfsgerechter auf den Markt bringen zu können. Dies reduziert aufwendige Anpassungen im SAP-System und führt zu schnelleren Umsetzungen der Anforderungen aus den Fachbereichen. Das Ziel der Plattform ist es, die alten führenden Systeme von den neuen Produkten zu entkoppeln. Gleichzeitig blieb das stable Commodity-System für die Auftragsanlage, Rechnungslegung und Abrechnung bestehen und sichert den Datenfluss in die weiterführenden Backend-Prozesse.
- Was ändert sich durch die Digitalisierung für die Mitarbeiter?
Antworten suchten diese IT-Chefs in einer Diskussion mit COMPUTERWOCHE-Redakteuren. Unser Bild zeigt von links: Hans Königes (CW), Edgar Kirchmann von Transearch, Dieter Loewe von NTT Data, Daniel Krauss von Flixbus, Axel Kummer von Metafinanz, Frank Engelhardt von Salesforce.com, Jürgen Renfer von der KUVB und Alexandra Mesmer (CW). - Axel Kummer, Metafinanz
„Wir müssen neu denken, ausgehend von den Geschäftsprozessen und den Endkunden. Dafür setzen wir auf kreative Köpfe, die auch aus anderen Branchen als der IT kommen.“ - Daniel Krauss, Flixbus
„Unsere größte Herausforderung ist es, mit permanentem Change und der damit einhergehenden Unsicherheit zurechtzukommen.“ - Dieter Loewe, NTT DATA
„Wir brauchen eine Arbeitskultur, in der Mitarbeiter ein Privatleben haben dürfen und nicht immer erreichbar sind.“ - Edgar Kirchmann, Transearch
„Wer Digitalisierung ernst nimmt, braucht mehr als einen neuen Posten wie den Chief Digital Officer. Topmanagement wie Führungskräfte müssen das Thema treiben und vorleben.“ - Jürgen Renfer, KVUB
„Digitale Veränderungen sind derart disruptiv, dass wohl niemand genau weiß, wo die Reise endet. Der CIO ist als Lotse gefordert.“ - Frank Engelhardt, Salesforce.com
„Es motiviert die Mitarbeiter, wenn sie eine reelle oder auch gefühlte Autonomie haben.“
5. Technologie-Innovation treibt die Digitalisierung
Wir verstehen, dass Technologie-Innovationen Treiber der Digitalisierung sind. Wir setzen Konzepte um, die für die Bottom-Up-Innovation sorgen (eine interne Crowd-Funding-Plattform) und nutzen das Potenzial aus dem Silicon Valley, indem wir dort Technologie-Scouting durchführen und uns technologisch inspirieren lassen.
Die Crowd-Funding-Plattform dient dazu, interne Innovationen zu realisieren. Auf die Mitarbeiter wird ein Teil des IT-Innovationsbudgets verteilt. Die Kollegen reichen Ideen ein, die sich auf interne Prozessverbesserungen oder Produkte und Plattformen beziehen. Die Mitarbeiter entschieden, welche Projekte umgesetzt werden.
Technologie-Scouting wird außerdem von "Axel Springer Digital Ventures" im Silicon Valley betrieben. Von dort kommen Impulse und Technologien, die die Realisierung innovativer Content-Produkte ermöglichen. Außerdem arbeitet die zentrale IT mit allen Entwicklungsteams an neuen Produktkonzepten zusammen.
Zusammenfassung
Ziel der Architektur für die Bimodal-IT ist es, Freiraum für technologische Innovationen zu gewährleisten. Die Produkt-IT, in der die meisten Technologie- und Produktinnovationen entstehen, braucht den "Inkubationsraum" und die Freiheit für neue Entwicklungen. Lange Technologieauswahlprozesse, Architekturprüfungen und der Zwang, vorhandene Legacy-Technologien einzusetzen, sind hier fehl am Platz. Direkte Abhängigkeiten von der Legacy-Welt sollten vermieden werden, schneller sein zu können.
Um Abhängigkeiten zu vermeiden und für innovative Entwicklungen ein hohes Tempo zu gewährleisten, wurde eine "Zwischenschicht" zwischen der Legacy-Welt und der agilen, innovativen Produktwelt aufgebaut. Hier spielen zentrale Plattformen eine Rolle. Sie ermöglichen es, auf Daten aus den Commodity-Systemen zuzugreifen, ohne diese Systeme verändern zu müssen. Dies birgt den Vorteil, bei Innovationen nicht immer sofort die Legacy-Welt mit anpassen zu müssen.
- Kienbaum: Vergütung von Digitalisierungschefs
Wer hat in deutschsprachigen Unternehmen in Sachen Digitalisierung den Hut auf – diese Frage steht im Zentrum einer Studie von Kienbaum. Die Berater haben mit 80 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gesprochen. - Länderspezifische Unterschiede
Wer in einer österreichischen Firma als Spezialist/Experte die Digitalisierung verantwortet, muss sich mit 48.300 Euro zufrieden geben. Wer eine solche Position auf Vorstandsebene in der Schweiz innehat, kann bis zu 533.200 Schweizer Franken verdienen. - Länderübergreifender Blick
Länderübergreifend verdienen Digitalisierungsverantwortliche im Schnitt rund 150.000 Euro im Jahr, darin sind etwa zehn Prozent variable Vergütungsbestandteile enthalten. - Position selten besetzt
Erst gut jede zehnte Firma (elf Prozent) hat einen Hauptverantwortlichen für das Thema Digitalisierung ernannt. - Verortung
Die Frage, in welchem Bereich Unternehmen Digitalisierung verorten, bringt kein einheitliches Bild. 35 Prozent nennen die IT, aber fast jeder zweite Befragte (48 Prozent) nennt „Andere“ – eine Sammelkategorie, unter die das Qualitätsmanagement fallen kann, die Compliance-Abteilung, das Customer Relationship Management (CRM) und weiteres.