Diskussion um Safe Harbor
Starke Kritik am EU-US Privacy Shield
- Wie die noch zu schaffende Behörde eines "Ombudsmanns" aussehen solle, bei dem Beschwerden zu Übergriffen von Geheimdiensten auflaufen können, sei völlig unklar.
Mit dem EU-US Privacy Shield haben die EU-Kommission und die USA einen neuen Rechtsrahmen für den transatlantischen Datenaustausch vereinbart, nachdem im Oktober 2015 die bis dahin gültige Safe-Harbor-Regelung vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) kassiert worden war. Hintergrund waren die Schnüffeleien der US-Geheimdienste, vor denen Safe Harbor die europäischen Unternehmen nicht angemessen sicherte.
Das Privacy Shield sieht nun vor, dass die amerikanische Federal Trade Commission (FTC) US-Unternehmen kontrolliert, die Daten aus Europa verarbeiten. Verstoßen diese Firmen gegen bestimmte Datenschutzstandards, drohen Sanktionen. Außerdem sollen sich Konsumenten und Unternehmen, die sich in ihren Datenschutzrechten verletzt fühlen, an einen unabhängigen Ombudsmann wenden können. Eine massenhafte Überwachung von Daten, die unter den neuen Regeln ausgetauscht werden, ist damit nach Ansicht der Verhandlungspartner ausgeschlossen. Noch ist das Abkommen nicht rechtsgültig: Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments müssen es noch prüfen.
Verbände und Politiker sind happy
Bundesinnenminister Thomas de Maizière und wichtige ITK-Fachverbände begrüßten das Abkommen. Der Minister sagte, es sei ein "wichtiger Schritt in Richtung auf Regeln, die für alle diesseits und jenseits des Atlantiks gelten". Dass die Amerikaner einem Ombudsmann und gemeinsamen Berichtspflichten zugestimmt hätten, sei ein großer Fortschritt.
Der Bitkom betonte, EU-Bürger erhielten im Rahmen des Privacy Shield Möglichkeiten, sich gegen unbefugte Zugriffe auf ihre Daten zu wehren. In einem Beschwerdeverfahren könnten sie - mit Unterstützung des Ombudsmanns - gegen Datenschutzverstöße vorgehen.
- Aktuelle Entwicklungen zu Cloud-Security und -Datenschutz
Ob Unternehmensdaten in der Cloud "sicher" sind, hängt davon ab, welchen Datenschutzregeln der jeweilige Anbieter verpflichtet ist. Häufig geht hier es um Europa vs. USA. Die aktuellen Entwicklungen um "Safe Harbor" haben die Debatte neu befeuert. Eine klare Antwort ist immer noch in weiter Ferne. - Marktanteile
Auf die "Großen Vier" Amazon Web Services, Microsoft, IBM / Softlayer und Google entfielen im zweiten Quartal 2015 rund 54 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Cloud-Services. Nordamerika ist mit etwa der Hälfte der Umsätze der größte regionale Markt, vor Europa und Asien/Pazifischer Raum. - Standorte
Für deutsche Unternehmen ist laut einer Studie von Bitkom Research und KPMG wichtig, dass ein Cloud Service Provider im deutschen oder EU-Rechtsraum angesiedelt ist oder dort Rechenzentren unterhält. - Erfahrungen der Nutzer
Anwender in Deutschland haben bessere Erfahrungen mit Private Clouds gemacht als mit IT-Diensten, die sie über Public Clouds beziehen. - Transformation als Treiber
Cloud Computing hat bei vielen deutschen Unternehmen einen hohen Stellenwert, wenn es um die strategische Ausrichtung der IT-Umgebung geht. Daran ändern auch Debatten um den Datenschutz nichts. - Public Cloud Provider
Alle führenden amerikanischen Anbieter von Public Cloud Services haben mittlerweile Rechenzentren in EU-Mitgliedsstaaten oder Deutschland aufgebaut. Damit tragen sie dem Wunsch von Unternehmen Rechnung, die Daten nicht in Datacentern lagern wollen, die in anderen Rechtsräumen angesiedelt sind. - Google
Google hat sich mit einer gewissen Verspätung als Cloud-Service-Provider positioniert. Mittlerweile bietet das Unternehmen nach dem Baukastenprinzip eine Palette von Cloud-Services an. - Verschlüsselungslösungen
Für die Verschlüsselung und Schlüsselverwaltung setzen Microsoft und andere Cloud-Service-Provider besonders sichere HSMs (Hardware Security Modules) ein. Microsoft nutzt bei Azure HSM-Systeme von Thales. Andere Anbieter von HSM, die in Cloud-Umgebungen zum Zuge kommen, sind Utimaco und Gemalto (SafeNet). - Microsoft-Prozess
Microsoft gegen die Vereinigten Staaten von Amerika: In dem Berufungsverfahren will Microsoft die Herausgabe von E-Mail-Daten an ein US-Gericht verhindern, die auf Servern im Cloud-Datacenter in Irland gespeichert sind. - SAP-Sicherheitsarchitektur
Die Grundlage für Cloud-Services, die den Anforderungen von Compliance- und Datenschutzregeln genügen, sind umfassende Sicherheitsmaßnahmen in Cloud-Datacentern. Eine Schlüsselrolle spielen dabei Verschlüsselungs- und Authentifizierungsmaßnahmen. - Constantin Gonzalez, AWS
Constantin Gonzalez, Solutions Architect bei Amazon Web Services: "Amazon Web Services bietet Anwender eine Art ferngesteuerte Hardware. Für die Kontroller der Daten ist der Nutzer selbst verantwortlich." - Speicherorte
Laut einer Analyse von Skyhigh Networks entsprechen zwei Drittel der Cloud-Services, die in Europa zur Verfügung stehen und von Firmen in dieser Region genutzt werden, nicht den EU-Datenschutzregelungen. - Khaled Chaar, Pironet NDH
Khaled Chaar, Managing Director Business Strategy bei der Cancom-Tochter Pironet NDH: "Bei der Debatte um die Sicherheit von Daten in der Cloud sollte ein weiterer Aspekt berücksichtigt werden: Cloud-Rechenzentren verfügen in der Regel über deutlich bessere Sicherheitsvorkehrungen als Data Center von Unternehmen. Denn für die meisten Firmen gehört der Aufbau sicherer Rechenzentrums-Strukturen nicht zum Kerngeschäft und ist schlichtweg zu aufwändig, insbesondere aufgrund der stetig wachsenden Sicherheitsanforderungen." - Hartmut Thomsen, SAP
Hartmut Thomsen, Managing Director der SAP Deutschland SE & Co. KG: "SAP befolgt die rechtlichen Rahmenbedingungen in den Ländern, in denen das Unternehmen geschäftlich tätig ist. Ebenso wichtig sind für uns die Wünsche unserer Kunden. Für diese besteht deshalb – abhängig vom jeweiligen Cloud-Produkt – die Möglichkeit, sich für Cloud-Dienstleistungen zu entscheiden, die SAP innerhalb der EU bereitstellt." - René Büst, Crisp Research
René Buest, Senior Analyst und Cloud Practice Lead bei dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Crisp Research: "Für international tätige Unternehmen ist es schlichtweg unverzichtbar, einen Cloud-Service-Provider mit einer Präsenz in vielen Regionen der Welt auszuwählen." - Geteilte Verantwortung in der Public Cloud
In der Public Cloud gehorchen die Services verschiedenen Herren: Management und Sicherheit von Infrastruktur wie Storage, Netzwerk, Datenbank und Rechenpower auf der einen Seite, Verwantwortung für VMs, Anwendungen und Daten auf der anderen Seite. - Rechtslage in Deutschland
Gerade die Angst vor Angriffen und Datenverlusten schreckt viele Anwender nach wie vor vor der Cloud ab. - Compliance-Sorgen
Auch die Sorge, Compliance-Bestimmungen in der Cloud nicht einhalten zu können, treibt viele Anwender um. - CASB - das Geschäft mit dem Cloud-Zugang
Durch sogenannte CASB (Cloud Access Security Broker) soll der gesicherte Zugang zu Cloud-Diensten sichergestellt werden. Hier entwickelt sich zunehmend ein eigener Markt.
Viel skeptischer äußerten sich indes Datenschützer und Bürgerrechtsorganisationen. Aus ihrer Sicht fehlt es dem Abkommen an Verbindlichkeit, Transparenz und Kontrolle. Die Deutsche Vereinigung für DatenschutzDatenschutz (DVD) monierte, dass hier ungelegte Eier bejubelt würden. Die wesentlichen Verhandlungen über konkrete Vereinbarungen ständen noch bevor. Zwar hätten die USA der EU-Kommission schriftlich zugesichert, dass der Datenzugriff durch nationale Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden eingeschränkt und beaufsichtigt werden soll, doch gebe es dafür bislang kein Gesetz. Vor dem Hintergrund, dass die US-Regierung im letzten Jahr ihrer Amtszeit stehe, sei diese Zusicherung nichts wert, urteilte Werner Hülsmann, stellvertretender Vorsitzender der DVD. Alles zu Datenschutz auf CIO.de