Christiane Stenger im Interview
"Unser Gehirn ist neugierig, aber auch faul"
Sie schreiben auch, dass Struktur gegen Stress hilft, zum Beispiel ein Wochenplan. Was, wenn ich meine Ziele in der Woche nicht schaffe?
Man sollte nicht nur die Woche im Blick haben, sondern den ganzen Monat und sich vor allem nicht nur auf den einzelnen Tag konzentrieren. Manchmal nehme ich mir 100 Sachen vor und dann kommen 100 Sachen dazwischen, die ich nicht mehr einplanen kann. Dann habe ich das Gefühl, nichts geschafft zu haben und bin total demotiviert. Deshalb sollte man in größeren Zeiträumen denken. Und ganz wichtig: ausreichend Pufferzeiten einplanen.
"Entweder bin ich kreativ oder nicht - das ist falsch"
Gerade, wenn ich gestresst bin, mangelt es auch mal an der Kreativität. Sie schreiben aber, dass Produktivität auch kreativ macht. Wie das?
Ein Vorurteil über Kreativität ist: Entweder bin ich kreativ oder nicht. Aber das ist falsch. Ich muss produktiv sein, um kreative Ideen zu sammeln. Kein Künstler dieser Welt hat einfach eine Idee. Das passiert durch Arbeit, dadurch, dass ich mich mit etwas beschäftige. Ideen fallen nicht vom Himmel.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Ich muss mir Inspiration holen. Designer verwenden dafür Bilder. Sie klicken beispielsweise Fotos im Internet durch und schauen, ob sie so zu einer Idee inspiriert werden.
- Glücklich sein
Seien Sie glücklich. Besonders, wenn Sie nach Ideen suchen. - Ein Problem neu formulieren
Formulieren Sie, wenn nötig, ein Problem neu. - Bewegung
Oder gehen Sie ein paar Schritte: Gewinnen Sie Abstand und damit wieder neue Sichtweisen. - Lenken Sie sich ab
Wenn Sie eine Denkblockade haben oder sich in einer gedanklichen Sackgasse befinden, lenken Sie sich ab. Schauen Sie sich etwas Lustiges an. - Beschäftigung
Entdecken Sie etwas, mit dem Sie sich schon immer beschäftigen wollte. Sie wissen eigentlich schon, was das ist. - Aus mehreren Perspektiven denken
Betrachten Sie Ihre Fragestellung bereits zu Beginn bewusst aus verschiedenen Perspektiven. - Die erste Idee ist nicht immer die Beste
Geben Sie sich nicht mit der erstbesten Idee zufrieden. - Mit alten Mustern brechen
Brechen Sie alte Muster auf. Versuchen Sie, neu an eine Sache heranzugehen. - Sich selbst zum Staunen bringen
Eröffnen Sie sich jeden Tag Möglichkeiten zu staunen. Schreiben Sie Ihre Entdeckungen auf, und bringen Sie auch andere zum Staunen. - Quelle
Christiane Stenger, "Lassen Sie Ihr Hirn nicht unbeaufsichtigt! - Gebrauchsanweisung für Ihren Kopf", 252 Seiten, EAN 9783593500126, ISBN 978-3-593-50012-6
Jetzt sind wir nicht alle Designer …
Nein, aber es geht darum, die eigenen gedanklichen Bahnen zu verlassen und dem Gehirn neuen Input zu geben. Ich kann mir zum Beispiel das Gegenteil von dem vorstellen, was ich erreichen möchte. Oder einfach über neue Wege nachdenken. Wenn ich keine Eier zu Hause habe und Pfannkuchen machen möchte, kann ich mich ja nicht nur fragen: Wo kriege ich jetzt Eier her? Ich kann mich auch fragen: Wie kann ich die Eier ersetzen?
Ist das nicht kompliziert?
Nein. Am Anfang denkt man vielleicht, es wäre viel mehr Aufwand und da müsse man jetzt total viel ändern. Aber im Nachhinein macht es das Arbeitsleben viel leichter.
Frau Stenger, vielen Dank für das Gespräch.
Bibliografie Christiane Stenger Lassen Sie Ihr Gehirn nicht unbeaufsichtigt - Gebrauchsanweisung für Ihren Kopf Campus-Verlag, 17,99 Euro 252 Seiten, ISBN 978-3-593-50012-6 |
(Quelle: Handelsblatt)