The next big thing?

Warum Apple Smart Glasses bauen wird

Mike Elgan schreibt als Kolumnist für unsere US-Schwesterpublikation Computerworld und weitere Tech-Portale.


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Um Apples Ambitionen im Bereich Datenbrillen zu verstehen, braucht es einen Blick über den Tellerrand. Denn anstelle wie alle anderen unmodische Smart Glasses zu bauen, will Apple modische Brillen smart machen.

Man kann sich schwer vorstellen, dass AppleApple Smart Glasses verkauft. Es ist aber ebenso schwer zu sehen, warum Apple dies nicht vorhaben sollte. Wenn Datenbrillen zu einer populären und weitverbreiteten Produktkategorie im Bereich Unterhaltungselektronik werden, ist Apple gegenüber seinen Aktionären fast schon verpflichtet, in diesem Markt mitzumischen. Denn Apple steckt in der Klemme: Die Rendite bei SmartphonesSmartphones schrumpfen, der Tablet-Markt hängt in den Seilen und auch um die Apple Watch steht es nicht besonders gut - Smart Watches schafften es nicht zur nächsten Mainstream-Plattform. Alles zu Apple auf CIO.de Alles zu Smartphones auf CIO.de

Die Mixed-Reality-Brille ODG R-8 besitzt zwei 720p-Displays und zwei Kameras. Apple würde so etwas nie bauen.
Die Mixed-Reality-Brille ODG R-8 besitzt zwei 720p-Displays und zwei Kameras. Apple würde so etwas nie bauen.
Foto: ODG

Als Konsequenz muss sich Apple anpassen und mit der künftigen Entwicklung im Bereich Consumer Electronics mithalten, um weiterhin den Markt zu beherrschen und sein Wachstum sicherzustellen. Auch die Wahl des Smartphones könnte in Zukunft durch den Einsatz von Smart Glasses diktiert werden. Wenn der Großteil davon nur mit einem Android-Smartphone funktioniert, könnte Apple Marktanteile verlieren.

Es ist unbestritten, dass Apple an Smart Glasses arbeitet. Bloomberg berichtete bereits im November 2016, dass Apple den Einstieg in den Markt für "digitale Brillen" andenkt. Den im Bericht zitierten anonymen Quellen zufolge erwägt Apple bereits im nächsten Jahr den Verkauf von Brillen, die "Bilder und andere Informationen im Gesichtsfeld des Trägers zeigen und Augmented Reality unterstützen könnten".

Die Financial Times wiederum hatte Anfang letzten Jahres gemeldet, dass Apple ein großes Team für die Themen Augmented Reality und Virtual Reality aufbaue und dazu Mitarbeiter von Microsoft und Lytro abgeworben habe. Dazu passt, dass Apple auch einige AR-Firmen aufgekauft hat. Die Company akquirierte PrimeSense, den Hersteller der Sensor-Technologie in Microsofts Kinect. Apple schnappte sich außerdem die AR-Startups Metaio, Faceshift, Emotient und Flyby. AR-bezogene Patente von Apple reichen bis in die letzte Dekade zurück. Außerdem postete der Tech-Blogger Robert Scoble Anfang Januar auf Facebook das Gerücht, dass Apple mit Carl ZeissCarl Zeiss an Smart Glasses arbeite. Top-500-Firmenprofil für Carl Zeiss

Wenn Smart Glasses Mainstream werden würden sich die ganzen Planungen, Überlegungen und Investitionen für Apple lohnen. Und Mainstream bedeutet in diesem Zusammenhang, dass fast alle Brillen smart werden.

Ein Brillenhersteller wird smart

Hinweise dafür, dass Augmented und Mixed Reality Mainstream werden, gibt es überall. Der größte davon ist kaum eine Woche her, als der französische Brillenglas-Spezialist Essilor in einem 46-Milliarden-Euro schweren Deal mit dem italienischen Brillenfertiger Luxottica (Ray-Ban, Oakley) fusionierte.

Bei der Bekanntgabe der Fusion erklärte Essilor-CEO Hubert Saginières den Medien laut FT-Bericht, Grund für die Fusion sei die InnovationInnovation bei "Connected Glasses" und die Möglichkeit, diese "extrem schnell an die Verbrauchern in allen Märkten der Welt und über alle Netzwerke hinweg" zu liefern. Der französische Hersteller stellte im vergangenen Jahr den Prototyp eines AR-Systems für Sehbehinderte namens MyEye vor, mit dem jeder Text gelesen, in Text umgewandelt und dann dem Brillenträger laut vorgelesen werden kann. Alles zu Innovation auf CIO.de

Was stimmt mit aktuellen Smart Glasses nicht?

Obwohl viele Unternehmen erforschen, was man mit der Technologie anstellen kann und was die Endkunden wollen, ist das Feld noch ziemlich offen für Apple und EssilorLuxottica. Man muss sich nur ansehen, was sich gegenwärtig auf dem Markt befindet. Da gibt es die sensationellen High-End-Mixed-Reality-Projekte wie Microsofts HoloLens und das Riesenprojekt Magic Leap.

Und auch auf der CES wurden Neuheiten in diesem Bereich gezeigt. Ein in San Francisco ansässiges Unternehmen namens Osterhaut Design Group (ODG), das bereits erfolgreich industrielle AR-Smart Glasses verkauft, stellte in diesem Monat ein Consumer-Modell namens R-8 für weniger als 1000 Dollar vor. Die Datenbrille lässt sich wie Bluetooth mit einem Android-Smartphone verbinden und besitzt zwei Augengläser mit 720p Auflösung, die gegenüber dem Brillenträger wie ein riesiger 90-Zoll-3D-Bildschirm wirken, der drei Meter vor ihnen zu schweben scheint. Die Brille besitzt außerdem zwei 1080p-Kameras.

Die R-8 ist ein gutes Beispiel dafür, was im Allgemeinen auf dem Markt passiert. Aktuelle Smart Glasses für Endanwender sind entweder zu leistungsfähig (und damit zu sperrig), zu teuer, zu ambitioniert oder zu eingeschränkt in ihrer Nutzung - beispielsweise fokussiert auf Leistungssport.

Egal, ob Sony SmartEyeGlass, GlassUp UNO und Factory 4.0, Epson Moverio BT-300, Jins Meme, Recon Jet, Optinvent Ora-2 Professional Smart Glass, CastAR, LaForge Shima, Oakley's Radar Pace oder HiAR Glasses - sie alle fallen in eine dieser beiden diese Kategorien. Und sie sind alle zu schwer, um die ganze Zeit getragen werden.

Aktuelle Smart Glasses für Endanwender wie die Recon Jet sind häufig zu eingeschränkt in ihrer Nutzung.
Aktuelle Smart Glasses für Endanwender wie die Recon Jet sind häufig zu eingeschränkt in ihrer Nutzung.
Foto: Recon

Eine weitere neue Kategorie sind Smart Glasses, die die Gehirnwellen messen. Safilo Group, die Company hinter Dior- und Hugo-Boss-Brillen, fertigt diese normal aussehenden Brillen, die Gehirnwellen messen und diese Daten dann an eine App senden, mit deren Hilfe Nutzer ihre Stimmung überwachen können.

Last, but not least gibt es dann natürlich noch den bereits florierenden Markt für Business-taugliche Datenbrillen. Mit dem Glass C200 hat unter anderem auch der PC- und Smartphone-Riese Lenovo auf der CES ein Produkt für diesen Bereich vorgestellt. Und neben der bereits erwähnten R-8 präsentierte ODG in Las Vegas mit der R-9 auch ein Modell für den Enterprise-Bereich. Weitere bekannte Anbieter sind Vuzix (M100, M300, M3000) und Epson mit seiner Moverio-Reihe.

Lenovo stellte auf der CES die Glass C200 vor.
Lenovo stellte auf der CES die Glass C200 vor.
Foto: Lenovo
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