Rechtstipps für CIOs

Was Crowdsourcing Unternehmen bringt

Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.

Welche ist zurzeit Ihre Lieblings-Crowdsourcing-Plattform?

Ein sehr schönes, nicht kommerzielles Projekt, das meine höchste Achtung hat, ist der Aufruf, ein Logo für die Menschenrechte zu entwerfen. Hinter humanrightslogo.net steht eine Initiative aus zehn Ländern mit diversen berühmten Persönlichkeiten, unter anderem Friedensnobelpreisträgern, in der Jury. Die Aktion läuft bis zum Herbst dieses Jahres. Meiner Ansicht nach ist es nicht nur ein ehrenwertes Anliegen, sondern ich bin überzeugt, dass das in kaum einer anderen Form vorstellbar wäre. Welche Agentur aus welchem Land hätte ein global akzeptiertes Logo erfinden können, das weltweit akzeptiert ist? Übrigens: Wenn es funktioniert, kann das auch multinationale Unternehmen interessieren. Es gibt ja einige, die Schwierigkeiten haben, ihre Mitarbeiter hinter ein Thema zu kriegen, vielleicht sollten sie es einfach mal mit Crowdsourcing probieren.

Rechtliche Fallstricke bei Open-Innovation-Plattformen

Was CIOs beachten müssen*

Kreativität und Erfindungsreichtum treffen auf die Generation Facebook - "Open-Innovation"-Plattformen haben in der deutschen Unternehmenslandschaft Konjunktur. Große Player wie Osram, Henkel, Deutsche Post/DHL oder Lufthansa beflügeln bereits ihre Innovationsprozesse durch Social Media. Die Plattformen bringen hunderte interne und externe Experten zusammen. Miteinander vernetzt entstehen dabei mitunter hochwertige Verfahren, Produkte und Anwendungen.

Für die Unternehmen liegt darin ein mächtiges Werkzeug, den Innovationsprozess im Unternehmen zu steuern und zu anzufeuern. Allerdings eines, bei dem rechtliche Fehler teuer zu stehen kommen können. Denn für das Unternehmen entscheidend ist, dass die Ergebnisse der Kollaboration später auch genutzt werden dürfen. Das ist keine triviale Aufgabe und erfordert die frühzeitige Einbindung rechtlicher Berater bei der Konzeptionierung der Plattform.

Freier Wettbewerb der Ideen vs. Schutzrechte

Allgemeine Ideen (zum Beispiel eine bestimmte Geschäftsidee) sind zwar grundsätzlich schutzfrei, um den Wettbewerb zu fördern. Häufig entstehen an den gemeinsam geschaffenen Innovationen aber Schutzrechte. Betrifft der "Geistesblitz" beispielsweise ein Verfahren zur Fertigung eines bestimmten Bauteils, kann dies eine Erfindung darstellen, die als Patent oder Gebrauchsmuster schutzfähig ist. Wird gemeinsam eine Software geschaffen, ist das Programm urheberrechtlich geschützt. Diese Schutzrechte bedeuten, dass ohne Erlaubnis der Schöpfer kein Dritter das Verfahren oder das Computerprogramm benutzen darf.

Rechtliche Absicherung notwendig

Für "Open Innovation"-Plattformen heißt das: Der Betreiber muss sicherstellen, dass er an den auf der Plattform geschaffenen Ergebnissen Rechte erhält. Wer das Schutzrecht eines Dritten widerrechtlich verletzt, muss nicht nur in teuren Gerichtsverfahren Nutzungsverbote hinnehmen und aufhören Produkte zu vermarkten, die auf der geschützten Innovation basieren. Es drohen darüber hinaus Schadensersatzzahlungen. Unter dem Strich verliert das Unternehmen somit im schlimmsten Fall nicht nur ein wertvolles Produkt und das damit verbundene Marktrenommee, sondern auch eine Menge Geld. Dieses Risiko ist nicht nur theoretischer Natur: Beispielsweise verfolgt die Open-Source-Gemeinde mitunter durchaus wehrhaft die eigenen Rechte, wie einige Unternehmen vor deutschen Gerichten schon schmerzhaft erfahren mussten. So urteilte das Landgericht Bochum kürzlich zugunsten eines Programmierers, dessen Programm unter den Open-Source-Lizenzbedingungen der Lesser General Public License (LGPL) stand. Die kommerzielle Verwertung des Programms war dem Beklagten - dem Anbieter einer Wirtschaftssoftware - untersagt.

Nutzungsbedingungen

Am besten schützen kann man sich vor diesem Risiko, indem jeder Nutzer der Plattform über entsprechende Nutzungsbedingungen die Rechte an seinen Beiträgen dem Plattformbetreiber einräumt. Bei externen Nutzern, die sich online registrieren, stellen sich hier beispielsweise Fragen nach deren Identität. Kann das Unternehmen im Zweifelsfall nachweisen, dass der Nutzer seine Rechte abgetreten hat, wenn sich dieser unter falschem Namen registriert hat? Sind die Klauseln in den Nutzungsbedingungen rechtlich wirksam, oder verstoßen sie gegen die AGB-rechtlichen Kontrollregeln, die im deutschen Recht für vorformulierte Verträge gelten?

Sondersituation bei eigenen Arbeitnehmern

Noch komplexer wird es, wenn sich - wie das regelmäßig der Fall ist - eigene Arbeitnehmer an der Plattform beteiligen. Nach deutschem Arbeitsrecht steht dem Arbeitnehmer für im Dienst gemachte Erfindungen eine Sondervergütung zu sobald der Arbeitgeber die Erfindung nutzt. Dazu kann es Sonderregeln in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder den einzelnen Arbeitsverträgen der Mitarbeiter geben. Diese arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften lassen sich nicht ohne Weiteres umgehen und müssen bei der Konzeption der Plattform berücksichtigt werden. Bei multinationalen Unternehmen sind zusätzlich die jeweiligen lokalen Rechtsordnungen zu beachten. Wenn auf einer "Open-Innovation"-Plattform über Log-Dateien auch eine Kontrolle der Mitarbeiter möglich ist, unterliegt die Einführung zudem dem Mitbestimmungsrecht, so dass der Betriebsrat oder die Mitarbeitervertretung rechtzeitig eingeschaltet werden muss.

Fazit

"Open Innovation" kann ein nützliches Tool für Unternehmen darstellen, die die Kreativität ihrer eigenen Mitarbeiter mit der Expertise externer Fachleute bündeln möchten. Damit am Ende auch verwertbare Ergebnisse stehen, sollten CIOs die rechtliche Ausgestaltung schon beim Aufbau der Plattform mit in den Fokus nehmen. Viele Mechanismen, die für die rechtliche Absicherung erforderlich sind, müssen technisch auf der Plattform umgesetzt werden. Wer hier vorschnell vollendete Tatsachen schafft, riskiert, dass dem Unternehmen wertvolle Ergebnisse für die produktive Nutzung verloren gehen oder teuer wieder erkauft werden müssen.

* Der Autor Jens Nebel ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht bei der Essener Kanzlei Kümmerlein Rechtsanwälte & Notare.

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