Mich schickt der Algorithmus
Wenn Software Mitarbeiter einstellt
- Bewerber suchen ihren Arbeitsplatz über Portale und Apps
- Die Kritik: Die Feinheiten, auf die es ankommt, erfasst kein Algorithmus
- Ob die Trefferquote im Vergleich zur klassischen Personalsuche besser ist, wird sich erst mit der Zeit zeigen
Bisher haben wir 6200 Bewerber und Unternehmen zueinander vermittelt", sagt Robin Sudermann, Mitgründer und Vorstand des Kölner Startups 22Connect AG, das die Internet-Plattform Talents Connect betreibt. Die ist auf Bewerber spezialisiert, die einen Ausbildungsplatz, den Arbeitsplatz für ein duales Studium oder die erste Stelle nach der Hochschule suchen.
Binnen ungefähr 20 Minuten beantworten sie Klickfragen zu konkreten Wünschen ("Wie lange willst du pro Woche arbeiten und von wo aus?"), zur Persönlichkeit ("Ist dir Geld wichtiger als Teamwork?") und füllen einen Lebenslauf aus. Talents Connect schlägt dann aus den Stellenanzeigen seiner Unternehmenskunden dem Bewerber die passendsten vor.
Die Firmen ihrerseits können Talents Connect die Bewerberprofile filtern lassen und sich bei den BewerbernBewerbern melden. Die sind bis dahin anonym und entscheiden selbst, ob ein Unternehmen jemals ihre Daten erfährt. Die Dienste sind wie bei allen derartigen Plattformen für die Bewerber kostenlos, Talents Connect lebt von den Unternehmen. Alles zu Recruiting auf CIO.de
Wie all ihre Kollegen und Konkurrenten argumentieren die Betreiber mit der Treffsicherheit ihres Software-Algorithmus: Er bringe die richtigen Kandidaten häufiger mit den richtigen Unternehmen zusammen als herkömmliche Weisen der Personal- und Stellensuche und bewahre beide Seiten vor teuren Fehlschlägen.
Plattformen mit Feinheiten überfordert?
Genau daran zweifelt Irmgard Küster, Geschäftsführerin Finanzen und IT des Getränkebranchen-Dienstleisters Geva: "Wir suchen keine Mitarbeiter über solche Plattformen und Apps. Die Feinheiten, auf die es ankommt, ob jemand zu uns passt, erfasst ein Algorithmus doch nicht. Ich mache mir von einem Bewerber lieber ein komplettes Bild."
Jemanden zu finden, dessen breites fachliches Spektrum ihn auf die Dauer zum Teamleiter qualifiziere und mit dem es auch menschlich stimme - "Soft Skills sind wichtig!" -, sei schon "auf den konventionellen Wegen schwierig genug. Aber dort kann ich wenigstens meine individuellen Wünsche anbringen, die aufgrund unserer eigenentwickelten Anwendungen notwendig sind."
"Derzeit wird Talents Connect im Einstiegs- und Absolventenbereich getestet", sagt Andrea Mayer, Graduate Recruiter, Talent Acquisition bei EMC Deutschland. "Es geht hier um Traineeprogramme." Auf der Talents-Connect-Website schrieb EMC eine IT-Trainee-Stelle für einen Associate Systems Engineer und ein duales Betriebswirtschaftsstudium aus. Mit ähnlichen Seiten habe man gute Erfolge erzielt, die Trefferquote im Vergleich zur klassischen Personalsuche lasse sich aber noch nicht bewerten.
"Sollte die Plattform funktionieren, wäre es eine gute Ergänzung für die Rekrutierung", urteilt Mayer, die sich "passgenauere Bewerbungen" und niedrigere Kosten erhofft. "Keine Erfahrungswerte" gebe es zu der Frage, ob man so auch nach erfahrenen Fachkräften und nach Führungskräften suchen könne.
EMC ist viel größer als der typische Talents-Connect-Kunde (Gründer Sudermann: "Mittelständler mit 100 bis 1000 Mitarbeitern"). Auch beim Branchensoftwarehaus msg Systems (mehr als 5000 Mitarbeiter) will sich Personalleiter Herbert Wittemer mit den neuen Plattformen und Apps befassen: "Nicht dass hier eine Entwicklung an uns vorbeigeht, ohne dass wir die Chancen nutzen."
Jobsuche im Dating-Modus
Je unkomplizierter die Wünsche von Unternehmen und Bewerbern sind, desto besser kann der Algorithmus sie zusammenbringen ("matchen"). Deshalb konzentrieren sich die meisten neuen Plattformen auf Einsteiger. Nicht so die App Truffls. Clemens Dittrich, Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner Startups:
"Die Leute, die über uns nach einer Stelle suchen, sind im Durchschnitt 30 bis 40 Jahre alt und im ersten oder zweiten Job. Sie wollen Stellenangebote abends nicht stundenlang filtern, sondern es soll schnell gehen. Unsere Peaks sind vor 10 und nach 20 Uhr." Schnell geht es wie bei der Dating-App Tinder: Truffls schlägt dem Benutzer Stellenangebote vor, die er bei Nichtgefallen nach links wischt.
Wischt er sie nach rechts, bekommt das Unternehmen sein zuvor ausgefülltes Profil. Jeder Swipe soll die künftige Auswahl verbessern. Laut Dittrich sind in der App "konstant zirka 80.000 aktuelle Stellenanzeigen" von Partnern wie XingXing, Stepstone und LinkedInLinkedIn verfügbar. Die Benutzer, "jeden Tag mehrere tausend", können ihr Profil auch auf soziale NetzwerkeNetzwerke verlinken. "Vorreiter sind wir im Bereich Mobile only. Bei uns läuft alles über Handys und SmartphonesSmartphones und nicht über eine zusätzliche Website." Auch bei Truffls entscheidet nur der Kandidat, ob ein Unternehmen seine Klardaten erfährt. Alles zu LinkedIn auf CIO.de Alles zu Netzwerke auf CIO.de Alles zu Smartphones auf CIO.de Alles zu XING auf CIO.de
Könnten die neuen Apps und Plattformen aufgrund des Preisvorteils den Personalberatungen gefährlich werden? Katharina Wolff, die sich mit ihrer Hamburger Personalberatung Premium Consultants auf die digitale Wirtschaft spezialisiert hat, hat vor den Neuen keine Angst: "Plattformen wie Talents Connect, Truffls und Mobilejob sind für uns keine Konkurrenz, weil wir eine völlig andere Dienstleistung bieten."