Fails im Veränderungsmanagement
Wie Change nicht geht
Bruce Harpham ist Autor unserer US-Schwesterpublikation www.cio.com und schreibt darüber hinaus auch regelmäßig über die Themengebiete Technologie und Projektmanagement auf ProjectManagementHacks.com.
Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.
Mit dem Einkauf oder der Implementierung technologischer Errungenschaften ist es selten getan: Manchmal weil die Lösung selbst am Ende gar nicht so gut ist, wie es die Sales-Abteilung dargestellt hat, manchmal weil die Implementierung von technischen Problemen begleitet wurde. Der gängigste Grund aber, warum Technologie den Erwartungen nicht gerecht wird, ist schlechtes Change Management.
Das kommt auch daher, weil Change Management allzu oft mit "Training" gleichgesetzt wird. Was natürlich erheblich zu kurz greift. Die Definition der "Association of Change Management Professionals" beschreibt die eigentliche Bedeutung des Begriffes schon präziser: Demnach bezeichnet Veränderungsmanagement "die Heranziehung eines strukturierten Ansatzes, um eine Organisation unter Erreichung erwarteter Vorteile vom Ist-Zustand in einen Soll-Zustand zu überführen".
Wir zeigen Ihnen die acht gängigsten Change-Management-Fehler.
1. Kein Verständnis für Stakeholder
Erfolgreiches Veränderungsmanagement erfordert einen starken Input der Stakeholder. Wenn Sie allerdings schon daran scheitern, herauszufinden, wer die tatsächlichen Stakeholder sind und welche Interessen diese mit dem Projekt verfolgen, sinken die Erfolgschancen Ihrer Change-Management-Bemühungen rapide.
Lisa Sansom, Chef-Beraterin bei LVS Consulting, erklärt, wie Sie entgegenwirken: "Ein gängiger Fehler ist es, keine 'Stakeholder Map' anzulegen. Die sollte zum Beispiel folgende Fragen beinhalten: Welche Stakeholder-Gruppen sind besonders wichtig? Was ist deren Interesse am Projekt? Wie und woher beziehen sie ihre Informationen? Ohne eine solche "Stakeholder Map" können Sie weder gute Kommunikation, noch Testing betreiben".
- Klar definieren, wer jetzt was zu tun hat
Mit dem Change geraten Zuständigkeiten und Rollen ins Fließen. Von Tag Eins an muss jeder Mitarbeiter wissen, was er jetzt im Moment zu tun hat. Bis sich das ändert und eine neue Ansage kommt. - Die Aufgaben nur skizzieren
Wer seine Mitarbeiter mitgestalten lässt, erreicht mehr. Deshalb ist es ratsam, eine grobe Skizze des Veränderungsprojektes zu zeichnen und das Team Vorschläge zur Ausarbeitung machen zu lassen, als einen schon komplett ausgereiften Plan zu präsentieren. - Die Team-Perspektive einnehmen
Wie betrifft der Change die Team-Mitglieder, was bedeutet die Initiative aus ihrer Sicht – wer diese Perspektive einnimmt, hat die Mitarbeiter auf seiner Seite. - Erfahrungen teilen
Erfahrungen teilen: Soweit möglich, sollten Mitarbeiter an konkreten Aktivitäten wie etwa Besuchen beim Kunden teilnehmen. Je näher sie den Change miterleben, umso besser. - Fragen zulassen
Fragen, die aus dem Team kommen, dürfen nie als Widerstand gelten. Ganz im Gegenteil. Ein Chef, der Fragen zulässt und sie beantwortet, kann schneller Teilverantwortungen an die Mitarbeiter übertragen. - Die Wirtschaftlichkeit darstellen
Neben viel Kommunikation mit dem Team geht es auch darum, Metriken und Kennzahlen für das Veränderungsprojekt zu entwickeln und diese deutlich zu machen. - Wissen, wo der Fokus ist
Innerhalb eines Changes ist viel Kleinteiliges zu klären und zu organisieren. Der Fokus darf darüber nicht vergessen werden. Regelmäßige Treffen müssen sich immer wieder auf diesen Fokus beziehen, eindeutige Metriken müssen deutlich machen, wo das Team gerade steht. - Teilziele updaten
Nicht jeder Meilenstein wird so zu erreichen sein wie ursprünglich geplant. Es ist daher wichtig, gemeinsam mit dem Team Teilziele regelmäßig auf den aktuellen Stand zu bringen. - Sich abstimmen
Gemeinsame Kalender für das Veränderungsprojekt und gemeinsam entwickelte Guidelines, die die Prioritäten festlegen: Das sind gute Wege, um die Arbeit der einzelnen Team-Mitglieder immer wieder aufeinander abzustimmen. - Commitment organisieren
Wer übernimmt die Verantwortung wofür und wie regelt das Team, dass diese Verantwortlichkeiten auch konkret ausgeführt werden? Solche Fragen sind gemeinsam zu klären. Die einzelnen Mitarbeiter müssen wissen, welchen Teil sie übernehmen, und sie müssen konkret formulieren können, was sie dafür von ihrem Chef brauchen. - Den Change in seine Geschichte einbinden
Das Team muss wissen, an welche früheren Punkte im Unternehmen der jetzige Change anknüpft und welche zukünftige Richtung sich damit abzeichnet.
2. Führungskräfte außer Rand und Band
Geht es um Governance im Unternehmen, macht der Ton (von oben) die Musik. Wenn eine Organisation ihre Geschäftstätigkeit verändert, werden die Mitarbeiter sich an den Führungskräften orientieren. Wenn die dann allerdings ausschließlich hinter den Kulissen Budgets freigeben und sich in exzessiver Delegierung von Aufgaben ergehen, kann das das Veränderungsmanagement unterwandern.
"Führungskräfte vergessen oft, dass ihr eigenes Verhalten stärkere Auswirkungen auf die Mitarbeiter hat, als es ihre Worte haben", erklärt Michelle Kent, Managing Director bei KPMG. "Die Belegschaft wird sich ganz genau ansehen, ob ihre Chefs an Meetings teilnehmen, wie sie den Change voranbringen, ob sie die Unternehmensvision verinnerlicht haben und ob ihre Entscheidungen auch damit in Einklang stehen. Wenn Führungskräfte zwar die richtigen Dinge sagen, ihre Handlungen oder Einstellung aber im Gegensatz dazu stehen, wird das mit dem Change nichts."
Manche Chefs und Führungskräfte brauchen eventuell auch nur einen subtilen Hinweis darauf, welche Verhaltensweisen für das Veränderungsmanagement schädlich sein können. Wenn ein Unternehmen beispielsweise ein neues System für die Reisekostenabrechnung einführt, sollten die Chefs zu den ersten gehören, die mit dem neuen System arbeiten. Nur so lässt sich der Change von oben anstoßen.
3. Schweigen über Unklarheiten
Ex-US-Außenminister Donald Rumsfeld war für Einiges bekannt. Unter anderem dafür, zwischen zwei verschiedenen Typen des Unbekannten zu unterscheiden: das bekannte Unbekannte und das unbekannte Unbekannte. Insbesondere Letzteres lässt sich in Unternehmen nur ziemlich schwierig managen. Wer aber daran scheitert, der kann das unter Umständen gleich in zweifacher Hinsicht tun: Das Vertrauen in den Change kann schwinden und Fachkräfte könnten abwandern.
"Change-Sponsoren haben oft Probleme damit, Informationen über Details herauszugeben, die noch nicht gesichert sind", weiß KPMG-Beraterin Kimberly Sorenson. "Bei den Stakeholdern stapeln sich die unbeantworteten Fragen - also werden die davon ausgehen, dass die Antworten bekannt sind, aber alles andere als positiv ausfallen. Führungskräfte haben es deutlich einfacher, wenn sie sich mit den Stakeholdern von Anfang an offen über bekannte und unbekannte Faktoren im Zeitplan austauschen."
Die Tendenz zum Worst-Case-Szenario-Denken hat unerwünschte Nebeneffekte - auch in Großunternehmen, wie Sorenson erzählt: "Bei einem Fortune-500-Unternehmen aus dem Bereich Finanzservices wurde eine neue Lösung für das Portfolio- und Projektmanagement implementiert. Nachdem die Stakeholder immer seltener Antworten auf ihre Fragen erhielten, nahmen sie an, dass das neue System für Entlassungen sorgen wird. In der Konsequenz kündigten dann mehrere Projektmanager. Dabei war es niemals die Intention, das Personal im PMO zu reduzieren. Eine total vermeidbare Situation also."
CIOs und Manager sollten solche Situationen um jeden Preis vermeiden. Idealerweise fordern sie einfach ihre Mitarbeiter auf, sich einzubringen und Fragen zu stellen. Und wenn sie die Antwort auf eine Frage mal nicht wissen sollten, sollten sie das auch ganz offen zugeben. Denken Sie daran: Schweigen führt häufig dazu, dass die Menschen mit dem Schlimmsten rechnen.