Manager in der Krise
Wie Führungskräfte sich selbst zerstören
Erhöhter Leistungsdruck unter Managern seit der Finanzkrise
Herbert Claus (45) (Name von der Redaktion geändert), Manager diverser kommunaler Betriebe in Rheinland-Pfalz, war gerade in einer solchen Einrichtung. Das Sanatorium in Luxemburg, auf die Nöte ausgebrannter Führungskräfte spezialisiert, sei voll belegt gewesen, berichtet Claus. Fast 80 Prozent der Patienten seien Manager gewesen. Sie kommen wegen rätselhafter Schmerzen, Erschöpfung und vor allem Depressionen. Viele haben einen langen Leidensweg hinter sich, aber immer wieder hörte Claus auch diesen Satz: "Als dann noch die Finanzkrise kam, bin ich zusammengeklappt."
Zwischen Egotrip und Depression - die Wirtschaftselite gibt derzeit ein verstörendes Bild ab. Extreme prägen ihr Image. Einerseits die Maßlosen: Manager, die trotz miserabler Leistungen aberwitzige Summen einstreichen und bizarren Pomp entfalten; Menschen, die anscheinend keinen Bezug mehr zur Realität besitzen. Andererseits - weniger auffällig, aber vernehmlich - die Überforderten, die unter der Finanzkrise seelisch und körperlich leiden, den Druck und die Unsicherheit nicht mehr aushalten.
Wie intakt sind die Unternehmensführer noch? Ist im Management generell Irrsinn am Werk, wie manche Boulevardmedien insinuieren? Muss womöglich ein ganzer Berufsstand auf die Couch?
Fest steht: In den Chefetagen liegen die Nerven blank. Wie sehr, das zeigt eine aktuelle Umfrage unter tausend Führungskräften, erhoben von der Personalberatung Heidrick & Struggles. Es ist das Psychogramm einer in die Enge getriebenen Kaste.
Vier von fünf Managern spüren seit Krisenbeginn einen stark erhöhten Leistungsdruck, jeder Zweite muss deutlich härter arbeiten. Und das in zunehmend rauer Atmosphäre: 27 Prozent der Befragten klagen über ein verschlechtertes Betriebsklima; jeder Dritte ist eher bereit, den Arbeitgeber zu wechseln, als noch vor einem Jahr. Solidarität, Loyalität - Fehlanzeige.