Manager in der Krise

Wie Führungskräfte sich selbst zerstören

10.08.2009
Von Eva Buchhorn, Klaus Werle und Michael  Machatschke

Das ist der Haken an der Zielekultur: Wenn das Ziel der Bonus ist, dann konzentrieren sich die Manager auch genau darauf - und nicht mehr auf das eigentliche Geschäft. Je größer und zentralisierter die Unternehmen wurden, desto undurchschaubarer wurden sie. Ein Grund mehr, sich auf das eigene Ziel und den Bonus zu fixieren.

Narzisstische Neigungen begünstigen Karriere

Management als Zahlenmechanik, ohne Gedanken an die Konsequenzen; und je länger einer sitzt im Raumschiff Unternehmen, desto mehr hält er seine Kapsel für die ganze Welt. Menschen, die sich von solchen Systemen angezogen fühlen, sind in der Psychoanalyse bekannt. Es sind die Nachfolger des Narzissus. Der Jüngling im antiken Mythos fand sich selbst so großartig, dass er sich in sein Spiegelbild verliebte.

Narzissten hungern nach Ruhm und Anerkennung - und gehen dafür große Risiken ein. Es sei kein Zufall, dass sie sich verstärkt in den Kommandozentralen der Konzerne tummelten, meint Gerhard Dammann, Chefarzt der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen am Bodensee. Narzisstische Eigenschaften wie die Sucht nach Bestätigung, aber auch die Freude am Visionären, begünstigen die Karriere. "Think big" lautet die kürzeste Erfolgsformel.

Das erkannte schulmäßig Ex-Daimler-Boss Jürgen Schrempp (64). Nur kurz gab er den Bodenständigen, der mit der Hinterlassenschaft des Paradevisionärs Edzard Reuter (81) aufräumt. Dann zündete er seine eigene Wunderkerze: die Welt AG. Mit gewaltigem persönlichem Nutzen. Jahrelang hieß es, nur Schrempp könne diese Mammutaufgabe bewältigen. Die Welt AG machte ihn gleichsam unverzichtbar. Dass darüber Milliarden verbrannt wurden, fiel nicht ins Gewicht.

Ex-Bahn-Chef Mehdorn kassierte 2006 mehr als das Sechsfache seines Vorgängers Johannes Ludewig.
Ex-Bahn-Chef Mehdorn kassierte 2006 mehr als das Sechsfache seines Vorgängers Johannes Ludewig.
Foto: Deutsche Bahn DB

Ganz groß denken war auch die Passion des langjährigen Bahn-Chefs Hartmut Mehdorn (66). Er wollte aus der Deutschen Bahn einen globalen Alleskönner formen, der - wie Mehdorn einmal in einem Brief fabulierte - unter anderem Städte wie Prag, Lyon oder Stockholm mit Nahverkehr beglücken sollte. Als hätte die DB nicht schon genug Nöte mit ihren deutschen S-Bahnen und Regionalzügen. Im Kerngeschäft blieb die Bahn weit unter ihren Möglichkeiten, genutzt hat das Großdenken bis zu seiner nun erfolgten Ablösung nur Mehdorn selbst: 2006 kassierte er mehr als das Sechsfache seines Vorgängers Johannes Ludewig.

Zur Startseite