Das ausgebremste Autoland
Wo Deutschlands Automobilindustrie jetzt steht
Im privaten Büro werden zudem neue Methoden erprobt. "Auch vor Corona gab es bereits viele Möglichkeiten, digital zusammenzuarbeiten", sagt Audis IT-Chef Frank Loydl. "Aber in den letzten Wochen hat sowohl die Akzeptanz als auch die Anwendung dieser Tools einen Push bekommen."
Anders getaktete Normalität
VW-Betriebsratsvize Daniela Cavallo erklärt: "Wir wollen maximal mobile Arbeit umsetzen. Wo das nicht möglich ist, werden Arbeitszeitmodelle angepasst." Gemeint ist etwa Mehrschichtbetrieb mit Gleitzeit auch im Büro. Neue Wege werden beschritten, die sonst kaum denkbar gewesen wären. Kollegen mit Medizinkenntnissen helfen zum Beispiel bei anhaltender Bezahlung in Heimen oder Kliniken mit.
Sicher: Die Pandemie wird die Autobranche kräftig erschüttern. Aber sie könnte auch ein heilsamer Schock sein, um viele Dinge künftig anders zu tun. "Das, was wir in den letzten Wochen hatten, kann nicht das Ziel sein", meint Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der im VW-Aufsichtsratspräsidium über die Strategie des größten europäischen Industriekonzerns mitentscheidet. "Wir müssen zur Normalität zurückkehren." Es werde indes - wie in manch anderem Lebensbereich - eine Normalität "unter anderen Bedingungen" sein.
Der Chef des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung bei der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, meint auch mit Blick auf die Autoindustrie: "Man muss sich überlegen, wo die Wirtschaft hin soll. Wenn ich jetzt Konjunkturprogramme auflege, nehme ich natürlich vorweg, wie sich die Wirtschaft in den nächsten Jahren verhalten wird." Ein "transformativer Charakter" sei wünschenswert, um "den sozial-ökologischen Wandel mit anzugehen". Heißt: den Schrecken von Covid-19 für eine Neuorientierung nutzen.
Corona als Beschleuniger oder Blockierer des Wandels?
Dabei wissen die Fahrzeughersteller - wie auch die Energiewirtschaft - seit langem, dass das jahrzehntealte Modell steten Wachstums mit konventioneller Technik keinen Bestand haben kann. Milliarden stecken sie, obgleich ziemlich spät, in Alternativantriebe wie E-, Hybrid- oder Brennstoffzellen-Motoren und Forschungen zu synthetischem Sprit.