Die Grenzen der IT-Industrialisierung (Teil II)
Wo Prozesse und Prozess-Steuerung Sinn machen
IT als Unterstützung der klinischen Pfade
Neben medizinischen Innovationen sind auch Prozessinnovationen notwendig. Hier kann eine Klinik durchaus etwas von der Industrie lernen: In einem Industrieunternehmen sind die Entwicklungs-, Logistik- und Marketingleiter gleichzeitig die Prozessverantwortlichen und die Treiber der Prozessverbesserung, nicht nur der kontinuierlichen, sondern auch der umfassenden im Sinne von Re-engineering. Die Chefärzte als Leiter einer Klinik, klinischen Abteilung oder eines Instituts sind die Unternehmer analog den Leitern der Geschäftseinheiten in einem Industrieunternehmen mit verschiedenen Sparten. Die Oberärzte entsprechen den Prozessverantwortlichen oder Abteilungsleitern, sie kennen die Abläufe, sie wissen um die Probleme, sie sind es, die Verbesserungen einleiten, einfordern und treiben können.
Die Rhönkliniken zum Beispiel propagieren neue Rollen der Ärzte: den universell ausgebildeten Arzt als Patientenbetreuer, den Spezialisten, den ärztlichen Betriebsleiter und den Beratungsspezialisten für die Zweitmeinung. Während hier das Chefarztmodell in Frage gestellt wird, hat in Deggendorf die Leiterin des dortigen Krankenhauses, Inge Wolff, die Chefärzte zu „Unternehmern“ gemacht.
Die klinischen Pfade können das medizinische Wissen und die Erfahrung nicht ersetzen: Mediziner müssen schnell entscheiden in kritischen Situationen, deshalb muss die Ausbildung eines Mediziners bei der Erstellung von Arbeitsanweisungen und Operating Procedures berücksichtigt werden. Allerdings können manche Tätigkeiten durchaus von Pflegekräften durchgeführt werden, wenn die Abläufe standardisiert sind und als Vorgänge auch in einem IT-System abgebildet werden können. Solche klinischen Pfade geben den Pflegekräften und Ärzten Sicherheit im Handeln.
Krankheit und deren Behandlung bedeutet immer auch Risiko für den Patienten, von vorübergehenden über bleibende bis zu tödlichen Komplikationen. Die Komplikations- und Mortalitätsraten zu senken, ist ein menschliches, medizinisches, betriebswirtschaftliches und volkswirtschaftliches Anliegen. Komplikationen sind aber auch Einzelfälle: Wenn es um solche Einzelfälle geht, sind viele Maßnahmen notwendig, um am Ende eine niedrige Fehlerrate zu erreichen. Auch hier ist ein Einsatzbereich von IT zu sehen.