Praxis-Ratschläge
Zeitbombe Scheinwerkverträge beim Outsourcing
Partner IT Sourcing Advisory bei PwC Deutschland.
Wie ist mit IT-Freelancern umzugehen, die beispielsweise über Outsourcing-Partner viele Jahre lang in einem Unternehmen eingesetzt werden? Unternehmen sollten sich mit der Frage, wie diese externen IT-Mitarbeiter gesteuert werden beziehungsweise mit den internen zusammenarbeiten, intensiv auseinandersetzen. Damit sind zugleich grundsätzliche Fragen der Outsourcing-Strategie und -Organisation berührt.
CIOs sollten jetzt vorbeugen
Unternehmen mit Outsourcing-Beziehungen sollten mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung jetzt handeln. Betroffen sind dabei mehrere Aspekte: die Transparenz in den Lieferketten ebenso wie die Gestaltung der Verträge und die Organisation der betrieblichen Prozesse. (siehe auch Grafik).
Transparenz - Lieferkette des Dienstleisters kennen
CIOs, die Outsourcing-Aufträge gleich welcher Größenordnung vergeben, sollten nicht nur das Leistungsangebot, sondern auch die Lieferkette des Dienstleisters genauestens unter die Lupe nehmen: Wo setzt er festangestellte Mitarbeiter ein? Wo hat er weitere Subunternehmer oder Freelancer engagiert?
Da IT-Provider meist nicht als Arbeitnehmerüberlasser registriert sind (hier gelten andere Regeln), treffen bei Verstößen die Folgen direkt den Auftraggeber. Trotzdem ist für viele CIOs die Lieferkette ihrer Dienstleister noch immer eine terra incognita.
Aber auch eine Arbeitnehmerüberlassungslizenz wird zukünftig keine Lösung sein, da Arbeitnehmerverleih zeitlich begrenzt werden wird und der sog. Equal Pay-Grundsatz Herausforderungen an die Vergütung der Mitarbeiter stellt. In einigen Branchen sind diese Begrenzungen bereits durch Tarifverträge eingeführt.
Auch die IT-Provider sollten sich der Problematik bewusst sein und Vorsorge treffen, beispielsweise in kritischen Bereichen nur Festangestellte einsetzen. Alle Änderungen der Lieferkette sollten durch geeignete Prozesse sofort erfasst, mitgeteilt und, falls erforderlich, in den Verträgen abgebildet werden. Dazu sollten beide Seiten entsprechende Reporting-Strukturen aufbauen.
Vertragsgestaltung - Werkvertrag vs. Dienstleistungsvertrag
Die Vertragsgestaltung ist die Grundlage einer sicheren Providersteuerung. Zunächst kommt es darauf an, die Vertragsart exakt zu definieren, also einen Werkvertrag von einem Dienstleistungsvertrag abzugrenzen. Dazu müssen alle typischen Fragen wie Vertragsgegenstand, Termine für Fertigstellung und Abnahme, Laufzeit, Kündigung, Vergütung und Haftungsumfang schriftlich fixiert werden. Die zu erbringende Leistung muss eindeutig beschrieben und messbar sein sowie abgrenzbar zu den Tätigkeiten, die vom Auftraggeber erbracht werden.
Kern der Abgrenzung eines Werkvertrags von Arbeit-nehmerüberlassung und Dienstvertrag ist die Risiko- und Verantwortungsstruktur. Sie schlägt sich insbesondere in der Gewährleistung nieder. Ergebnisverantwortung und Haftung sind untrennbar verknüpft. Bei einem Gewährleistungsausschluss wird immer ein Scheinwerkvertrag vermutet. "Ein Subunternehmer, der nicht für die Fehler seiner Leute wirtschaftlich haftet, ist nur Überlasser", so Arbeitsrechtler Professor Peter Schüren von der Universität Münster.
Auf keinen Fall darf der Auftraggeber also Gewährleistungsrechte nur pro forma vereinbaren, aber darauf verzichten, sie in der laufenden Zusammenarbeit geltend zu machen: Eine solche Defacto-Haftungsfreistellung spricht für die missbräuchliche Verdeckung einer Arbeitnehmerüberlassung.
Umsetzung - Praxis zählt, nicht der Vertragstext
Die aktuelle Rechtsprechung stellt klar, dass nicht der Vertragstext, sondern dessen praktische Umsetzung entscheidet. Wenn Externe tatsächlich nur - sauber dokumentiert und unter Wahrung ihrer Durchführungsfreiheiten bei der Arbeit - mit der Erbringung von Gewerken beauftragt werden, sind Unternehmen prinzipiell auf der sicheren Seite.