Praxis-Ratschläge

Zeitbombe Scheinwerkverträge beim Outsourcing

03.09.2014


Partner IT Sourcing Advisory bei PwC Deutschland.

6 Grundregeln für CIOs und HR

Allerdings liegt die praktische Herausforderung in der Integration beider Welten: der Eingliederung der externen IT-Spezialisten in den laufenden Betrieb. Hier sollten CIOs und Personalverantwortliche unbedingt einige Grundregeln beachten:

  • Differenzierung: Die Mitarbeiter des Providers müssen auch systemtechnisch unterschieden sein. Dazu gehören zum Beispiel klar gekennzeichnete Betriebsausweise, eingeschränkte Zugriffsberechtigungen, Differenzierung in Telefonlisten und E-Mail-Adressen, unterschiedliche Anwendung betrieblicher Vergünstigungen (wie etwa Rabatte für Kantinen-Essen) usw.

  • Arbeitsorganisation: Sie muss eindeutig in der in Eigenverantwortung des Dienstleisters liegen. Der Auftraggeber darf dessen Mitarbeitern - ob fest oder frei - keine Vorgaben über die Arbeitszeiten, Ort der Erbringung und Urlaubsanspruch machen. Die Mitarbeiter des Dienstleisters dürfen keine Teams des Auftraggebers führen und Abwesenheitsvertretung übernehmen.

  • Lokationen: Die Räumlichkeiten der externen Mitarbeiter müssen von denen der internen Beschäftigten getrennt bzw. abgegrenzt sein.

  • Prozesse: In den betrieblichen Abläufen müssen die Aufgaben zwischen internen und externen Mitarbeitern eindeutig abgegrenzt und klare Übergabepunkte definiert sein.

Gerade diese Anforderung ist nicht immer leicht zu erfüllen, denn in den letzten Jahren sind beim Outtasking die Gewerke werden immer kleiner geworden. Leistungen werden zunehmend in Multiprovider-Umgebungen erbracht; mehrdimensionale Fertigungstiefen und Anbieterstrukturen sind in vielen Unternehmen heute die Regel. Damit ist es vielfach schwierig geworden, die Verantwortungsbereiche konsequent zu trennen.

Beispielsweise ist die Auslagerung eines kompletten Rechenzentrums ein klar umrissenes Leistungspaket. Der Auftraggeber kann die Gesamtverantwortung des Dienstleisters genau beschreiben und feste Schnittpunkte mit Zeitvereinbarungen definieren. Ähnlich ist es beim Management aller Desktops.

Hat der Provider hingegen nur einen PC-Umzug zu organisieren, ist er wesentlich näher an den Arbeitsprozessen der Stammbelegschaft. Ein solcher Umzug muss - um die betrieblichen Abläufe nicht zu sehr zu belasten - an festen Terminen zügig vorgenommen werden, was beispielsweise die Urlaubsplanung der externen Fachkräfte tangiert. Hier sollten sich CIOs und Personalverantwortliche im Zweifel beraten lassen.

  • Qualitätssicherung: Sie darf sich nur auf die im Vertrag definierten Ergebnisse zum vereinbarten Zeitpunkt beziehen - keinesfalls auf die Arbeitsweise der externen Mitarbeiter. Der Auftraggeber darf den Dienstleister nur über die Resultate steuern. Gegebenenfalls muss er eben die Gewährleistung geltend machen. Das muss sich auch im Reporting widerspiegeln: Es sollte zum Beispiel aufzeigen, wie viele PCs der Provider installiert hat - nicht aber, wie viele Stunden seine Mitarbeiter an welcher Lokation gearbeitet haben. Auch hier gilt: Nicht allein der Vertrag, sondern die gelebte Realität ist entscheidend.

  • Interne Mitarbeiter: Die Beschäftigten des Auftraggebers, die externe Fachkräfte steuern, müssen sich der geschilderten Problematik bewusst sein. Das Unternehmen sollte sie entsprechend schulen und dies exakt dokumentieren.

Die Verantwortlichen sollten sich bewusst sein, dass im täglichen Umgang von Menschen miteinander rechtliche Fallen lauern können, die im Zweifel auf das Unternehmen zurückfallen. Das beginnt mit der klassischen Fixierung vieler IT-Mitarbeiter auf das Durchführungsprozedere, das WIE. Häufig haben sie noch keine hinreichenden Erfahrungen im Managen und neigen zu detaillierten Arbeitsanweisungen.

Gerade wenn die interne IT sowohl operative Aufgaben als auch Steuerungsfunktionen wahrnimmt, kann es schwierig sein, die verschiedenen Rollen angemessen zu trennen. Hinzu kommen zwischenmenschliche Aspekte - wie etwa der Wunsch, gegenüber einem "Lieferanten" den Chef herauszukehren.

Freelancer nicht immer die richtige Wahl

Ein juristisches Problem kann ein Symptom für strategische Fehlentwicklungen sein. Bei einer Beschäftigungsdauer von 10 Jahren beispielsweise stellt sich die Frage, ob OutsourcingOutsourcing und Freelancer wirklich die richtigen Instrumente waren. Bei einem derart langen Zeitraum wäre es u.U. sinnvoller, Mitarbeiter fest einzustellen, was weniger Overhead und vermutlich auch geringere Kosten verursachen würde. Leiharbeit dient eindeutig der Abdeckung von Bedarfsspitzen. Ist sie notwendig, sollten die Verantwortlichen dies klar definieren und dafür zugelassene Firmen beauftragen. Alles zu Outsourcing auf CIO.de

Vielleicht werden einige CIOs bei manchen Aspekten, die hier angesprochen wurden, sagen: Das kommt uns doch bekannt vor! In der Tat: In den strategischen Diskussionen der letzten Jahre - über StandardisierungStandardisierung, Industrialisierung der IT-Produktion, Einführung von Servicekatalogen, Business-Orientierung der IT, Organisation des Outsourcing, Aufgabe und Struktur der Retained Organization usw. - war stets eine wichtige Herausforderung dabei: Wie kann der Auftraggeber die Beziehung zum IT-Dienstleister so organisieren, dass dieser nicht für das WIE, sondern für das WAS verantwortlich ist? Alles zu Standardisierung auf CIO.de

Provokant formuliert, könnte man sagen: Wenn CIOs heute Probleme mit der Arbeitnehmerüberlassung bekommen, werden sie damit häufig von strategischen Fehlern beim Aufsetzen der Outsourcing-Projekte eingeholt.

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