Nutzen umstritten

Privat-IT am Arbeitsplatz: Mythen und Realität

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Umstritten ist der Business-Nutzen der Konsumerisierung: Dunkelgrün gefärbt sind erwartete starke Vorteile, rot die möglichen Nachteile.
Umstritten ist der Business-Nutzen der Konsumerisierung: Dunkelgrün gefärbt sind erwartete starke Vorteile, rot die möglichen Nachteile.
Foto: Freeform Dynamics

Wie die Studie zeigt, gibt es bei den in Unternehmen verwendeten Endgeräten zwei Parallelwelten: eine offizielle und eine inoffizielle. Die offizielle Ausstattung der Mitarbeiter umfasst insbesondere Desktop-PC, Windows-Notebook und Blackberry-Smartphone. In mehr als der Hälfte der Firmen ist dazu aber von einem nicht offiziellen Gebrauch privater iPhones und iPads auszugehen. Das erklärt durchaus den Symbolcharakter dieser beiden Apple-Geräte für den Konsumerisierungs-Trend.

Kaum Nutzen für Talentbindung

Analyst Vile betont allerdings, dass sich in der Befragung ein sehr viel bunteres Bild zeigt. In der Tat ist etwa das iPhoneiPhone in zwei Fünftel der Firmen mittlerweile auch offiziell Teil der IT-Welt, während alle nur denkbaren Geräte auch inoffiziell zur Arbeit verwendet werden. Als ein Treiber der IT-Konsumerisierung erweist sich dabei, dass Mitarbeiter mit Firmen-Blackberrys der älteren Generation schlicht nicht mehr arbeiten wollen. Während 15 Prozent der Befragten in ihrem Unternehmen überhaupt keine privaten Endgeräte im Einsatz sehen, beziffern fast zwei Fünftel den Verbreitungsgrad auf über ein Viertel der Mitarbeiter. 21 Prozent der Firmen verbieten diese Praxis, 28 Prozent akzeptieren die Konsumerisierung, weitere 5 Prozent ermuntern ihre Mitarbeiter sogar dazu. Der Rest lehnt die Entwicklung tendenziell ab oder hat keine Meinung dazu. Vor allem kleine Firmen zählen zu den Vorreitern. Neben den Mitarbeitern der IT-Abteilung selbst sind es insbesondere Vorstände, Kreativ-Mitarbeiter, das mittlere Management sowie Ingenieure und Techniker, die mit eigenem Equipment arbeiten wollen. Alles zu iPhone auf CIO.de

Neben der Verwendung privater Endgeräte macht Freeform Dynamics als zweiten Faktor der Konsumerisierung die Nutzung von Web-Dienstleistungen durch die Mitarbeiter aus. Weil hierfür in der Regel auch kein Support von Seiten der IT benötigt wird, erscheint dieses Feld im Vergleich noch stärker als Grauzone. In der Tat bestätigt die Befragung ein hohes Maß an nichtoffizieller Nutzung von SMS, Web-Conferencing, Social Networking sowie Speicherkapazitäten in der Cloud zu Arbeitszwecken.

Mit Ausnahme einer von zwei Fünftel angenommenen höheren Mitarbeiterzufriedenheit zeichnet die Studie ein eher diffuses Bild von Konsumerisierung als Nutzenbringer fürs Business. So gehen beispielsweise nicht einmal 10 Prozent der Befragten davon aus, dass sich ein starker Vorteil bei der Rekrutierung oder Bindung talentierter Mitarbeiter ergibt. Bei den Auswirkungen auf die Produktivität gehen die Meinungen weit auseinander, ob positive oder negative Effekte überwiegen. Nur ein Fünftel der Befragten vermutet hier einen großen Vorteil, der sich aus der Konsumerisierung ziehen lässt. „Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Konsumerisierungs-Befürworter einen positiven Einfluss auf die Produktivität immer als Hauptargument in Feld führen, um eine freie Wahl von Geräten und Services durch die Mitarbeiter zu rechtfertigen“, kommentiert Vile.

Der Analyst geht davon aus, dass es subjektiv durchaus einen gefühlten Produktivitätsschub gibt, wenn Mitarbeiter etwa statt eines alten Firmen-Blackberrys mit einem eigenen und neuen iPhone arbeiten. Als Gegenargument führen die Befragten zum Teil die Sorge um die Arbeitsdisziplin der Mitarbeiter an, weil ständig und überall private Ablenkung möglich sei. Freeform Dynamics weist das nicht von der Hand, gewichtet einen anderen Punkt aber wesentlich höher: Der individuelle Produktivitätsgewinn des Einzelnen muss nicht zwangsläufig fürs ganze Unternehmen gut sein.

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