Vom E-Commerce-Riesen zum Cloud-Primus
Amazon: Die heimliche Supermacht
Einkaufen mit einem einzigen Mausklick. So kennen die meisten Web-Nutzer den weltgrößten Online-Einzelhändler AmazonAmazon.com. Das Angebot reicht von Büchern, Musik und Software über Elektronikgeräte aller Art bis hin zu Bekleidung und Lebensmitteln. Mit rund 56.000 Mitarbeitern setzte das einstige Startup-Unternehmen aus Seattle im vergangenen Jahr mehr als 48 Milliarden Dollar um. Alles zu Amazon auf CIO.de
Weit weniger bekannt ist die Rolle Amazons als IT-Dienstleister. Abseits der klassischen IT-Branche hat sich die erst 2006 gegründete Sparte Amazon Web Services (AWS) zum wichtigsten Anbieter von Public-Cloud-Diensten gemausert. "Amazon ist hier unangefochtener Marktführer und hat gegenüber den Konkurrenten einen Vorsprung von mehreren Jahren", urteilt Carlo Velten vom Marktforschungs- und Beratungshaus Experton Group. Kein anderer Player investiere in vergleichbarem Ausmaß in die Public Cloud. Zu den ersten Nutzern der Amazon-Cloud gehörten E-Commerce-Shops und Startups ohne eigene IT-Ressourcen. Heute stehen Unternehmen aller Größenklassen aus unterschiedlichsten Branchen auf der Kundenliste.
"Alles begann mit dem Storage-Dienst S3, den wir unseren Handelskunden anboten", berichtet Matt Wood, Technology Evangelist Amazon Web Services für die Region Emea. Seitdem hat AWS das Portfolio an Cloud-Services massiv ausgebaut. Neben klassischen Infrastrukturdiensten, vulgo ServerServer und Speicher zur Miete, gehören dazu etwa relationale und NoSQL-Datenbanken in der Cloud (RDS, DynamoDB), die Middleware Simple Queue Service (SQS) oder Elastic Beanstalk für das Deployment von Java- und PHP-Anwendungen. Alles zu Server auf CIO.de
Insgesamt 28 verschiedene Cloud-Services hat AWS mittlerweile im Angebot. Besonders jüngere Angebote wie der Simple Workflow Service (SWF) für die Entwicklung komplexer Geschäftsanwendungen in der Amazon-Cloud oder auch der im April vorgestellte AWS Marketplace lassen einen klaren Trend erkennen: AWS bewegt sich vom reinen IaaS-Anbieter (Infrastructure as a Service) zu einem PaaS-Provider (Platform as a Service), der längst nicht mehr nur Internet-Startups, sondern auch die IT-Abteilungen großer Unternehmen im Visier hat.
- Elastic Compute Cloud
EC2 stellt virtuelle Rechner bereit, die über eine Web-Oberfläche administriert werden. So lassen sich beispielsweise (Server-)Instanzen auf Basis ausgewählter Images starten, die Zugangsberechtigungen verwalten und die jeweils benötigten Ressourcen zuteilen - Simple Storage Service
Bei Amazon S3 handelt es sich um mietbaren Online-Speicher. Er bietet eine einfache Web-Service-Schnittstelle zum Speichern und Abrufen von Daten, und zwar nicht nur von EC2 aus, sondern von jedem Rechner im Internet. - Elastic Block Store
EBS stellt hochverfügbare Volumes für EC2-Instanzen bereit, die innerhalb der virtuellen Maschinen als Gerät angesprochen werden können. - Identity and Access Management
IAM regelt den Zugriff auf die meisten AWS-Dienste, darunter EC2, S3, SimpleDB, Auto Scaling, CloudFormation oder CloudWatch. Wie andere Verzeichnisdienste führt es die Konten für Benutzer, die man in Gruppen organisieren kann. Über Identity Federation unterstützt es ein Single-Sign-on für Konten eines Active Directory. - Virtual Private Cloud
VPC stellt via VPN eine sichere Verbindung zwischen der internen IT eines Unternehmens und einem isolierten Netzwerkbereich bei Amazon her. Es erlaubt die Anwendung von internen Sicherheitssystemen (Firewalls, Intrusion Detection etc.) auf die AWS-Ressourcen. - Relational Database Service
RDS ist ein Web-Service zum Einrichten und Betreiben einer relationalen Datenbank in der Cloud. Er bietet vollen Zugriff auf die Funktionen von MySQL und Oracle 11g. Im Gegensatz zu einer Datenbank, die man selbst in einer EC2-Instanz betreibt, übernimmt Amazon bei RDS das Patch-Management und das Backup. - DynamoDB
Dieser Service bietet eine NoSQL-Datenbank in der Cloud, die unbegrenzt große Datenvolumina automatisch partitionieren und auf mehrere Server verteilen kann. Außerdem repliziert sie die Daten zwischen mindestens drei der international verteilten Rechenzentren von Amazon, um Ausfallsicherheit zu gewährleisten. - CloudSearch
Dabei handelt es sich um eine Suchmaschine, die über ein einfaches Web-API in die eigenen Anwendungen eingebunden wird und die zu S3 hochgeladenen Dokumente durchsuchen kann. - Simple Workflow Service
Er gibt Entwicklern die Möglichkeit, Abläufe und komplexere Geschäftslogiken in Cloud-Anwendungen abzubilden. Die Workflows lassen sich auch von Applikationen abarbeiten, die in den Unternehmen laufen. - CloudWatch
Amazon offeriert damit einen Monitoring-Service, der EC2-Instanzen, EBS-Volumes, Elastic Load Balancers und RDS-Instanzen in Echtzeit überwachen kann. - CloudFormation
Dieser Dienst eignet sich dafür, eine Sammlung von AWS-Komponenten zu definieren und sie automatisch in einer vorbestimmten Reihenfolge bereitzustellen. - Elastic Beanstalk
Es handelt sich dabei um einen Mechanismus für das Deployment von Java-Applikationen. Er kümmert sich etwa um das Kapazitäts-Management, Load Balancing, Auto Scaling und Health Monitoring.
Wie groß ist die Amazon-Cloud?
Wie viele andere Cloud-Provider macht Amazon ein großes Geheimnis um seine Rechenzentren. So gibt es heftige Spekulationen um die Anzahl der Server, die das Unternehmen unter anderem in den USA, Europa, Brasilien, Singapur und Tokio betreibt. Der Accenture-Analyst Huan Liu etwa geht von 445.000 Servern aus, eine Zahl, die andere Branchenbeobachter für zu hoch halten. Allein das Data-Center-Cluster im US-Bundesstaat Virginia beherberge rund 322.000 Rechner, schätzt Liu.
Welche Bedeutung die Amazon-Cloud schon jetzt im weltweiten Internet-Verkehr hat, verdeutlicht eine Traffic-Analyse des amerikanischen Startups Deepfield Networks für die Region Nordamerika. Demnach besucht rund ein Drittel aller Internet-Nutzer jeden Tag eine Website, die auf Amazons Infrastruktur aufsetzt. Craig Labovitz, ein bekannter Internet-Analyst und Mitgründer von Deepfield, beschreibt Amazon als "massive utility", über die rund ein Prozent des gesamten Internet-Traffics in Nordamerika laufe.