IT-Regime bei Siemens
Sparen mit Macht
Als Friedrich Fröschl Ende 2001 die neu geschaffene Zentralstelle Corporate Information and Operations bei Siemens übernahm, hatte er zuvor als Bereichsvorstand von Siemens Business Services (SBS) einen dreistelligen Millionenverlust melden müssen. Mit dem Turn-around der IT-Servicesparte betraute Vorstandschef Heinrich von Pierer den früheren Fujitsu-Siemens-Chef Paul Stodden; Fröschl wurde erster offizieller CIO von Siemens.
In dieser Funktion hat er es nicht leicht. Der Umsatz des Konzerns sank im Geschäftsjahr 2001/2002 um drei Prozent auf 84 Milliarden Euro. Hieß es im Jahresbericht noch, der "leichte Rückgang (sei) auf Währungs- und Konsolidierungseffekte zurückzuführen", lassen sich die Einnahmen für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres, abgeschlossen am 31. Dezember 2002, kaum noch schönreden: nur noch knapp 18,9 Milliarden Euro, gut zehn Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Zudem stammte der Gewinn im vergangenen Geschäftsjahr allein aus den Sparten Kraftwerks- und Medizintechnik, sodass in den übrigen zwölf Bereichen - zuvorderst in der Netzwerksparte - jetzt ein rigides Kostenmanagement gefordert ist, um weiteren Verlusten entgegenzuwirken.
Fröschls Budget umfasst mit 4,1 Milliarden Euro, knapp fünf Prozent des Umsatzes, ein hinreichend großes Volumen, um der CIO-Organisation die Aufmerksamkeit des Zentralvorstands, aber auch der Anleger zu sichern. Zwar gibt es keinen Rating-Algorithmus, der IT-Kennzahlen unmittelbar in Kauf- oder Verkaufsempfehlungen übersetzt, aber indirekt wirken sich die Entscheidungen Fröschls sehr wohl aus. "Wir beobachten die IT genau" , bekräftigt Analyst Roland Pitz von der Hypo-Vereinsbank.
Die CIO-Organisation steuert mit 200 IT-Experten und 8500 IT-Mitarbeiter in den Konzernbereichen und Regionen die gesamten Aktivitäten, beginnend bei der Prozesstransformation über alle Anwendungen und Verfahren bis hin zur Infrastruktur. Die Gremienstruktur baut auf vier Foren auf: eines für die CIOs der 14 Konzernbereiche und insgesamt drei für die Regionen Europa/ Mittlerer Osten/Afrika (EMEA), Nord- und Südamerika sowie Asien/Australien. Die europäischen CIOs treffen sich viermal, die Vertreter aus Amerika dreimal und die aus Asien/Australien zweimal pro Jahr; das CIO-Forum der Bereiche tagt jährlich sieben- bis achtmal. Es ist der harte Kern von Fröschls Team. Hier wird die Agenda für alle CIO-Aktivitäten entwickelt, die Implementierung von Technologien und Projekten vorangetrieben; Quartalsberichte gehen an das oberste Gremium, das Business Transformation Board (BTB).
Das BTB ist der Dreh- und Angelpunkt aller CIOrelevanten Entscheidungen. Es ist besetzt mit Bereichsvorständen, die alle Geschäftsarten - Produkte, Lösungen, Anlagen und Services - repräsentieren. Die Regionen sind vertreten durch die Geschäftsverantwortlichen einiger Schlüsselländer ("Hub Countries") aus Europa, Nordamerika, dem südamerikanischen Mercosur-Raum sowie aus Asien und Australien. Den Vorsitz des Business Transformation Board hat die Zentralstelle CIO.
Segnet das BTB ein Projekt ab, bedeutet das jedoch nicht, dass damit auch die Finanzierung gesichert wäre. Vielmehr unterliegen CIO, Konzernbereiche und Regionen dem Zwang, neue Services, etwa eine neue Anwendung, vorzufinanzieren. ProjekteProjekte aus dem Wolkenkuckucksheim haben theoretisch keine Chance, denn die Projekterlöse werden für Weiter- und Neuentwicklungen benötigt. Alles zu Projekte auf CIO.de
Fröschl hat die Signale des Zentralvorstands und der Börse verinnerlicht: sparen mit allen Kräften! Siemens-Vorstandschef von Pierer kleidete die Order in die Worte: "Wir bei Siemens setzen den Ausbau unseres Unternehmens zu einer E-Company konsequent fort. Wir werden dadurch noch schneller und können unsere Kosten weiter senken."