Resiliente Projektorganisation
6 Dimensionen komplexer Projekte
Wir kennen sie alle, die Berichte über sogenannte "Steh-Auf-Menschen". Menschen, die nach schweren Schicksalsschlägen und Krisen wieder aufgestanden und im besten Fall gestärkt daraus hervorgegangen sind. Leistungssportler, die nach einem Unfall ganz von vorne anfangen mussten, um dann Jahre später bei den Paralympics an den Start zu gehen. Prominente, die nach schweren Krebsleiden den Weg zurück ins Rampenlicht schaffen. Menschen, die im Laufe ihres Lebens viele persönliche Krisen erleben und eben nicht daran zerbrechen, sondern sie bewältigen. Diese Menschen bezeichnen wir als widerstandsfähig, krisenfest, "hart im Nehmen" - als resilient.
Wie viele Berichte über komplexe Projekte kennen Sie, die sich durch Krisenfestigkeit und Steh-Auf-Mentalität auszeichnen? Keinen? Genau, wir lesen und hören von Großprojekten in der Öffentlichkeit nur, wenn sie ins Schlingern geraten. Wenn Stuttgart 21 um zig Millionen Euro teurer wird, die Gesundheitskarte massive Sicherheitslücken aufweist oder der neue Flughafen Berlin-Brandenburg wieder nicht eröffnet wird.
Das, was dann stattfindet folgt häufig einem bestimmten Schema: Es wird nach den kausalen Zusammenhängen gesucht, der oder die Schuldigen gefunden, Fehlerquellen benannt, neue Termine gesetzt und Häme ausgehalten. Es wird analysiert und festgestellt, wie man diese und ähnlich komplexe Projekte robuster machen kann. Damit sollen Fehler, Krisen und Turbulenzen am besten ganz vermieden werden.
Ursache-Wirkungsdenken versus Wechselwirkungsdenken
Also wird ein umfassenderes Risikomanagement aufgesetzt, den Fehlern auf den Grund gegangen (soweit möglich) und dabei immer wieder Kausalität und Korrelation verwechselt. Wir haben so lange und gut gelernt in Ursache-Wirkungszusammenhängen zu denken und über Analyse bestehende Probleme anzugehen, dass uns das Umstellen auf "Wechselwirkungsdenken" schwer fällt. Ansätze, die allein auf Robustheit und Fehlervermeidung setzen, greifen zu kurz. In einem komplexen Kontext herrscht immer ein Grad an Ungewissheit, herrschen Unwägbarkeiten und Unvorhergesehenes. Es braucht daher eher einen Blick für das, was Projektorganisationen resilienter macht.
Resilienz bedeutet hier die Fähigkeit Fehler und Turbulenzen früh zu erkennen, schnell mögliche Lösungsstrategien zu identifizieren und damit zeitnah aus einer krisenhaften Situation heraus zu kommen. Eine resiliente Projektorganisation passt sich adaptiv an sich ändernde Gegebenheiten an.
Dass wir keine Veröffentlichungen zu den Erfolgsgeschichten resilienter Projekte hören, bedeutet nicht automatisch, dass es sie nicht gibt. Sie existieren sehr wohl und wir sollten aus und von ihnen lernen, um auch in dynamischen komplexen Projekten die Faktoren zu stärken, die ein Projekt krisenfester und adaptiver machen. Denn genau diese Faktoren lassen sich finden und benennen. Sie stecken in jedem Projekt, sind dort nur mehr oder weniger ausgeprägt.
Das Modell Hoch-Adaptiver-Projekte
Wenn nun im Folgenden das Modell Hoch-Adaptiver-Projekte (H.A.P.) vorgestellt wird, so ist dies ganz klar auf der Basis komplexer Systeme zu verstehen und nicht als ein Ursache-Wirkungs-Gefüge. Das Wirken eines jeden Individuums in einem komplexen Projektsystem beeinflusst das System und wird selbst wiederum durch die Restriktionen und Regeln im System begrenzt und beeinflusst.