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10 Punkte für Europa

7 Giganten beherrschen die Plattform-Ökonomie

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Dann gibt es sogenannte Gatekeepers entweder mit hoher Marktmacht oder hoher Systemrelevanz und entsprechendem Handlungsbedarf entweder bei der Rechtsanwendung oder bei der Rechtssetzung. Open Aggregators nun haben weder zu viel Macht auf ihrem Markt noch Relevanz fürs System und können deshalb entspannt in Ruhe gelassen werden.

Missbrauchsanfällige Plattformen

In die Kategorie der missbrauchsanfälligen Bottlenecks fallen integrierte Plattformen, die mit einem Betriebssystem, Browser oder anderen alltäglich relevanten Diensten verbunden sind. "Dank großer und vielfältiger Datenpools in Verbindung mit weitreichenden Analysemöglichkeiten (Kreuzreferenzierung) und ausgeprägten Lerneffekten verfügen sie über einen stetig wachsenden Informations- und Innovationsvorsprung gegenüber Wettbewerbern ohne diese Bestände", heißt es in der Studie. "Integrierte Plattformen haben zudem die Möglichkeit, die Zustimmung zur Auswertung personenbezogener Daten durch Globaleinwilligungen zu erwirken, die für alle angeschlossenen Dienste gelten."

Ferner zählen zu den Bottlenecks Universalplattformen insbesondere der chinesischen Superstars, Social Logins und App Stores. Apple und Google können hier für den Vertrieb digitaler Produkte auf ihren Plattformen jeweils rund 30 Prozent Provision und weitere Gebühren berechnen - dank ihrer Marktmacht. "Denn wer als Entwickler nicht auf einer der beiden führenden Plattformen gelistet ist, bleibt für den Verbraucher praktisch unauffindbar", so die Autoren.

Zugangsverweigerung, Datenerhebung und Spielregeln

Zusammenfassend urteilen IE.F und Roland Berger über die Bottlenecks: "Wettbewerbsschädliches Verhalten wird auf Stufe infrastrukturähnlicher Plattformen vor allem über Zugangsverweigerung, unverhältnismäßige Datenerhebung und -nutzung sowie kontinuierliche Adjustierung der Spielregeln z.B. für App Stores oder Lizenzierungen betrieben. Ein Beispiel: Die unter dem Deckmantel der Antifragmentierung praktizierte obligatorische Vorinstallation von unverzichtbaren Programmen insbesondere auf mobilen Endgeräten ist innovationsfeindlich und sollte unterbunden werden, damit der Nutzer eine echte Wahlfreiheit hat." Die zentrale Anforderung an die Bottlenecks müsse lauten, uneingeschränkte Plattformneutralität zu gewährleisten, konstatieren die Autoren.

Uber könnte in Superliga aufsteigen

Vielschichtig ist die zweite Gruppe der Gatekeepers. Systemrelevanz zeichnet sich nach Einschätzung der Experten hier bereits in zwei Feldern ab, die momentan an sich noch gar nicht im Visier der Wettbewerbshüter sein können: erstens Betreiber von Plattformen für das Internet der Dinge, die womöglich "die Standards von morgen setzen"; zweitens Spieler wie Uber, die in Einzelbereichen wie in diesem Fall Transport und Logistik das Potenzial für Systemrelevanz haben. Die Empfehlung der Autoren an die Regulatoren: hier auf möglichst große Offenheit via Schnittstellen achten.

Weitere Gatekeepers sind Suchmaschinen, Werbeallokatoren und hybride Marktplätze. Googles faktisches Suchmaschinenmonopol macht aus Sicht der Autoren nicht unbedingt neue Regeln nötig, weil etwa ein Bekanntwerden möglicher Manipulationen für die Reputation gefährlich wäre - ein Faktor, der Missbrauchsneigung dämpfe. Sorgfältige Beobachtung und konsequente Rechtsanwendung seien dennoch nötig. Das Problem bei hybriden Marktplätzen ist, dass die Anbieter oft zugleich als Vermittler und Makler und auch als Verkäufer agieren. Die Forderung von IE.F und Roland Berger lautet hier: "Wettbewerber dürfen nicht willkürlich schlechter gestellt und damit diskriminiert werden."

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