Denkanstöße aus dem Silicon Valley
Auf der Spur dieser "disruptiven Energie"
Geschäftsmodelle werden obsolet, Berufe verschwinden. Wie wir produzieren und arbeiten, gerät massiv auf den Prüfstand. Die DigitalisierungDigitalisierung kommt - und zwar mit großer Wucht. In Scharen reisen Topmanager deshalb nach Kalifornien. Ihr Ziel ist das Innovationszentrum im Silicon Valley, das gerade einen Katapultstart in die digitale Welt erlebt. Das Ausmaß der Erschütterungen kann man nur erahnen. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de
Der Spur dieser "disruptiven Energie" ist auch das Team vom Münchner Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) gefolgt. Im Gespräch mit IT-Konzernen, Startups und ihren Financiers wollten die Zukunftsforscher lernen, was der deutschen Wirtschaft womöglich bevorsteht. In den Fokus rückt die Arbeitskultur. "Wie ein soziales Biotop", sagte Tobias Kämpf auf einer Tagung Ende Januar in Frankfurt, "treibt sie die Transformation voran."
Aus Sicht der Münchner Forscher ist die Arbeitskultur in der Bay Area faszinierend und abschreckend zugleich. Laut ISF-Leiter Andreas Boes profitiert der Standort primär von den Universitäten Stanford und Berkeley, die wertvolle Impulse für die InnovationInnovation in der Region leisten. Hinzu kommt eine florierende Risikokapitalszene, die "gigantisch" in die Gründerszene investiere und die Digitalwirtschaft "wie Plankton" ernähre. Konzerne wie HP oder Google sorgten für die notwendige Stabilität. Alles zu Innovation auf CIO.de
Doch worin genau liegt die Brisanz der Arbeitskultur, der sich so viele Nerds und Gründer verschreiben? Einen Hinweis liefert laut Kämpf die "Disruption der Arbeitsmärkte" durch Crowdworking und Crowdsourcing. Im Netz rekrutieren Firmen demnach Fachkräfte, die wie in einem Spiel für den Job gegeneinander antreten. Motto dieser "Gamification": Hauptsache, es macht Spaß, auch wenn man nicht zum Zuge kommt. Kämpf warnt: "Wenn dies zur Regel wird und darüber das Arbeitsrecht zur Disposition gestellt wird, verschieben sich die Kräfteverhältnisse in der Arbeitswelt grundlegend."
- Gamification
Gamification umschreibt den Einsatz spielerischer Elemente im Arbeitsalltag. Es geht also nicht um Spielen. - Franziska Metzger, MaibornWolff
Franziska Metzger, IT-Consultant bei MaibornWolff: "Im Spiel nehmen die Teilnehmer Hierarchien weniger stark wahr als in einer klassischen Planungssession. Das Vorgehen eignet sich deswegen besonders gut, um Fachwissen unabhängig von der Position im Unternehmen einzubinden." - Gamification im Unternehmenseinsatz
Die Consultants von MaibornWolff entwickeln Prozess- und Planungsspiele, die den Prozess als Ganzes fassbar machen sollen. - Prozesse spielerisch darstellen
Das Prinzip der Visualisierung steht für die IT-Berater MaibornWolff im Mittelpunkt. - Daniel Meusburger, Accenture
"Vor der Einführung müssen Unternehmen definieren, welche Kennzahlen verbessert werden sollen", sagt Daniel Meusburger, Gamification-Spezialist bei Accenture. "Dann muss mit einem Fokus auf den Faktor Menschen analysiert werden, welche Spielelemente die Mitarbeiter motivieren und Verhaltensweisen fördern, von denen der Mitarbeiter sowie die Unternehmenskennzahlen positiv beeinflussen werden." - Brian Burke, Gartner
Gartner-Analyst Brian Burke, Autor des Buches "Gamify", geht davon aus, dass schon im kommenden Jahr 70 Prozent der 2.000 weltgrößten Unternehmen spielerische Anwendungen einsetzen werden.
Transparenz hat ihren Preis
Ein weiterer laut Kämpf kritikwürdiger Aspekt der digitalen Arbeitskultur im Silicon Valley liegt in ihrer großen Transparenz: Zeitnah und sichtbar für jeden Beteiligten dokumentieren Beschäftigte ihre Leistung. Gescannt wird, wie sie sich in sozialen Medien austauschen. Für die ISF-Forscher diene das nicht nur der wünschenswerten Verbesserung von Prozessen. "Das dient auch der gezielten Kontrolle und Steuerung von Menschen", warnte Kämpf in Frankfurt.