Modernes ERP
Belastungsprobe für die ERP-Architekturen
Funktion oder Architektur?
Die Notwendigkeit, ERP-Architekturen zu modernisieren, scheint jedoch noch nicht überall erkannt worden zu sein. Viele Anwender hätten sich in der Vergangenheit meist nur mit der funktionalen Erweiterung ihrer Systeme beschäftigt und die zugrunde liegende ERP-Architektur vernachlässigt, bilanziert Norbert Gronau vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Electronic GovernmentGovernment an der Universität Potsdam. "Die typische Anwendersicht ist fast nie architekturgeprägt." Für Unternehmen in einem dynamischen Marktumfeld könnte das ein Problem werden, mahnt der Professor. "Wer Flexibilitätsbedarf hat beziehungsweise haben wird, muss sich unbedingt mit Architekturfragen beschäftigen." Alles zu Government auf CIO.de
"Eine moderne Software-Infrastruktur, die sich auf die im Unternehmen vorhandenen Prozesse abstimmen lässt und auch auf Änderungen flexibel reagiert, kann zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden", bekräftigt Michael Gottwald, Geschäftsführer des Hamburger Beratungshauses Softselect. "Aber auch zu einem Hemmschuh im umgekehrten Fall." Es sei daher schlichtweg zu kurz gedacht, eine Software nur nach funktionalen Gesichtspunkten zu bewerten. Funktionen ließen sich in Release-Zyklen erweitern beziehungsweise nachrüsten, eine offene und flexible Basisarchitektur nicht.
Auf Anwenderseite will man sich indes nicht vorwerfen lassen, das Architekturthema vernachlässigt zu haben. "Anwender beschäftigen sich mit dem Thema Architektur", stellen die Vertreter der DbuG klar. Schließlich sei das ERP-System die zentrale Geschäftsanwendung und die Architektur als ein wesentliches Mittel zur Integration mit anderen Geschäftsanwendungen zu betrachten. Zwar gehe es im Rahmen von ERP-Modernisierungen auch immer um funktionale Erweiterungen, aber "dies ist ein Teilaspekt, jedoch nicht der primäre Fokus".
Was letztlich eine moderne ERP-Architektur ausmacht, scheint in Anwenderkreisen zumindest teilweise auch Ansichtssache zu sein. In der Konzern-IT schaut man durchaus auf die ERP-Architekturen und analysiert die Softwarelandschaften hinsichtlich ihrer "Bewirtschaftbarkeit" sowie "Nachführbarkeit bei strukturellen Veränderungen", berichtet Karsten Sontow, Vorstand der Trovarit AG. "Der klassische Mittelständler fordert zwar lautstark ein flexibles und anpassbares ERP, sieht aber nicht, dass dies eigentlich Architekturthemen sind." Außerdem gibt es unterschiedliche Kriterien für Flexibilität. Für so manchen IT-Leiter sei ein ERP-System bereits flexibel, wenn er die Feldlängen in Formularen variieren könne. "Ob das immer originär eine Frage der Architektur sein muss, sei dahingestellt", lässt der ERP-Kenner offen.