T-Systems-Chef Adel Al-Saleh im Interview
CEO Al-Saleh erklärt die neue T-Systems-Strategie
Rolle der Open Telekom Cloud
Welche Rolle spielt dann die Open Telekom Cloud?
Al-Saleh: Ich sehe die Open Telekom Cloud nicht als direkten Konkurrenten zu Azure. Sie richtet sich an Anwender, die große Bedenken haben, ihre Daten fremden Unternehmen außerhalb der EU anzuvertrauen. Zudem wartet die Open Telekom Cloud mit einer garantierten Sicherheit und Data Privacy auf. Hierfür gibt es in Europa eine recht große Kundenbasis. Dieser bieten wir eine Alternative, so dass sie nicht in eine reine Public-Cloud-Umgebung migrieren muss. Denn dort erhalten diese Kunden keine klare Auskunft, wo die Daten wirklich gespeichert werden und wo es keinen klaren Schutz vor dem Zugriff fremder Regierungen auf ihre Daten gibt.
Das ist ein sehr spezielles Marktsegment, und es wächst sehr schnell. Auf der Open Telekom Cloud haben wir mittlerweile mehr als 1000 solcher Kunden. Einige sind kleinere Mittelständler, andere sind größere Kunden wie die Europäische Atombehörde. Etliche Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe haben alle ihre PLM- und CAD/CAM-Plätze in die Open Telekom Cloud ausgelagert.
Dann gibt es viele Banken, die die Open Telekom Cloud nutzen, weil sie sicherstellen wollen, dass ihre Daten in Deutschland bleiben. Wie gesagt, das ist ein sehr spezielles Segment und der Markt ist nicht so groß wie der, den Microsoft, AWS und Google adressieren. Aber es ist ein Markt, der wächst und wir sehen hier noch viel Potenzial.
Und wie steht es um Angebote wie die Microsoft Trusted Cloud?
Al-Saleh: Wir vermarkten immer noch das Microsoft Treuhandmodell. Es gehört zu unserem Angebot und ist für Kunden konzipiert, die einen Azure-Stack oder eine Office-365-Umgebung in einer deutschen Cloud-Umgebung wünschen. Der Microsoft-Stack offeriert nicht alles, was die Anwender erwarten. Die Europäische Atombehörde beispielsweise wollte mehr als nur einen Microsoft Application Stack und fühlte sich deshalb in einem anderen Stack deutlich wohler. Beide Stacks sind dennoch ähnlich, wenn es darum geht, wie wir die Infrastruktur- und die Security-Services etc. managen.
Damit hat der Anwender mehrere Optionen. Er kann voll in die Cloud migrieren und seine Daten in der Public Cloud speichern. Das tun ja viele Unternehmen rund um den Globus, egal ob mit Microsoft, AWS oder Google. Diese Firmen haben für sich den Entschluss gefasst, dass sie mit den Risiken in Sachen Datenschutz und Datenzugriff leben können. Andere wiederum wollen den Microsoft Stack inklusive Office 365 in einer deutschen, dedizierten Cloud-Umgebung. Und diese Option offerieren wir den Kunden - als einziger Anbieter.
Die SAP-Aktivitäten der T-Systems
Apropos Lösungen, zu Ihrer Strategie gehört, dass Sie alle SAP-Aktivitäten bündeln. Welchen Stellenwert hat SAP künftig?
Al-Saleh: SAP spielt auch künftig eine große Rolle, das ist eine der Portfolio-Einheiten, die wir als Wachstumsträger betrachten. Deshalb haben wir die Teams zusammengeführt, die den Application Layer, die Implementierung und das Upgrades von SAP managen, die Transformation zu HANA begleiten, das neue SAP-Portfolio bearbeiten sowie das SAP-Infrastruktur-Team.
Es war uns wichtig, diese Teams zu integrieren und gleichzeitig die Partnerschaft mit SAP auszubauen, um deren Migrationsstrategie hin zu HANA sowie zur Nutzung der HANA-Umgebung zu unterstützen. Für die SAP-Einheit peilen wir ein Wachstum von jährlich drei bis fünf Prozent an. Wir sind einer der größten SAP-Player in Europa.
Drei bis fünf Prozent Wachstum im SAP-Business. Wie schnell sollen die anderen von Ihnen definierten Zukunftsfelder wachsen?
Wo T-Systems wachsen will
Al-Saleh: Ein Geschäftsfeld mit Wachstumspotenzial ist unser Classified Business - also das Geschäft mit der Bundesregierung sowie weiteren nationalen, aber auch einigen EU-Behörden. Das ist ein Business, das sehr stark von unseren Telekommunikationsaktivtäten geprägt ist. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier auch im IT-Bereich wachsen können. Hier peilen wir Zuwachsraten von zwei bis vier Prozent an. Das halte ich für realistisch, denn Regierungen und Behörden stehen ebenfalls vor der Digitalisierung und müssen deshalb in ihre Netze und IT-Systeme investieren.
Im IoT-Umfeld erwarte ich Steigerungsraten von 20 bis 30 Prozent - weil wir neu in diesem Geschäft sind und es gerade aufbauen. Ich glaube, dass wir diese Zahlen in den nächsten Jahren halten, bis wir eine signifikante Größe im IoT-Umfeld erreicht haben. Dann werden sich die Steigerungsraten im hohen einstelligen Prozentbereich einpendeln. Warum ich so zuversichtlich bin? Wir haben eine exzellente IoT-Plattform aufgebaut, kombiniert mit moderner Konnektivität. Wir mischen bei der Digitalisierung der Fabriken, sprich Industrie 4.0, ganz vorne mit.
Für den Sicherheitsbereich kalkuliere ich mit vier bis fünf Prozent. Hierzulande sind wir bereits der größte Anbieter,- unsere Ambition reicht jedoch weiter: Wir wollen der größte Security-Player in Europa werden. Wenn meine Strategie greift, ist dieses Ziel in meinen Augen erreichbar.
Unser Maut-Geschäft hängt direkt von einigen wichtigen Entscheidungen ab, die in Berlin und auf EU-Ebene fallen. Normalerweise wartet dieser Geschäftsbereich nur mit Wachstumszahlen im unteren einstelligen Bereich auf. Doch wenn Deutschland in den nächsten vier bis fünf Jahren ein Mautsystem für private PKWs einführt und die EU ihre Maut-Projekte erweitert, dann rechnen wir mit einem Wachstum im mittleren einstelligen Bereich.