Monolithen sind passé
Data Mesh - IT wandert in die Fachbereiche
Das Konzept des Data Mesh (Daten-Netz), wahlweise auch als "soziotechnischer Ansatz" oder "dezentrale Datenarchitektur" bezeichnet, steht weder am Anfang einer neuen Epoche noch am Ende einer alten. Das Konzept verbindet vielmehr neue und alte Welt - und führt beide zusammen. Aus strategischer Sicht ist es dabei zweitrangig, ob ein Unternehmen seine Daten in einem Data Warehouse oder Data Lake organisiert, auf dem neuesten Stand hält und vermehrt. Wichtiger ist die strategische Entscheidung, sich zu einem datenbasierten Unternehmen zu transformieren und damit für eine andere Unternehmenskultur und -verfassung starkzumachen.
Ein Data Mesh hebt die klassische Trennung zwischen operativen und dispositiven Systemen auf und schickt die großen Monolithen der jüngeren Vergangenheit zugunsten kleiner, dezentralisierter Einheiten in Rente. Deshalb ist Data Mesh die zeitgemäße Antwort auf die steigenden Anforderungen der Fachbereiche an die Daten, um die neuen Geschäftsmodelle der DigitalisierungDigitalisierung schneller und effizienter umsetzen zu können. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de
Mit der Umsetzung dieser Entscheidung müssen Unternehmen nicht unbedingt bei null anfangen. Wer sich bereits mit agiler Entwicklung oder dem Erstellen neuer Unternehmensanwendungen aus Fachabteilungen beschäftigt hat, verfügt über solide Grundlagen für den erneuten Kulturwandel. AgileAgile Entwicklung und Datensouveränität für die Fachbereiche - das ist der Schlüssel auf dem Weg zu einem digitalen und datengetriebenen Unternehmen, das auf die fachliche Expertise seiner Mitarbeitenden setzt und damit nicht mehr auf die Dominanz von Software-Experten und professionellen Entwicklern angewiesen ist. Alles zu Agile auf CIO.de
Alle Macht den Fachbereichen!
In den Fachbereichen sitzt nicht nur fundiertes Know-how über Produkte und Prozesse eines Unternehmens. Zunehmend verfügen die Fachexperten einer Organisation auch bereits über Werkzeuge für Low- und No-Code-Entwicklungen, um diese Expertise in Form von Anwendungen abzubilden oder daraus datenbasierte Erkenntnisse zu generieren. Und sie kennen ihre Daten, die sie entlang der gesamten Lieferkette gewinnen. Neu am Prinzip des Data Mesh ist: Die Fachexperten erhalten auch die Hoheit über diese Daten, die zwar in einer zentralen IT-Infrastruktur vorgehalten, aber dezentral und in einer Art Self-Service genutzt werden. Das ist eine geschäftskritische Entwicklung, denn das Volumen an verfügbaren Daten wird immer größer und komplexer, so dass sich die Verarbeitung der Daten über zentrale Teams gar nicht mehr abbilden lässt.
Und was macht die IT?
Die IT-Abteilung bleibt unverzichtbar, um die Infrastruktur für Software-Entwicklung und Datenarbeit zu stellen, am Laufen zu halten und weiterzuentwickeln. Für die Organisation der Daten eines Data Mesh hat sich unter anderem der Einsatz eines Knowledge Graph bewährt. Er bietet einen effektiven Weg, um die riesigen Datenmengen in ihrer Komplexität zu verwalten und sinnvoll zu nutzen. Ein Graph lässt sich verwenden, um Daten aus verschiedenen Quellen wie Datenbanken, Dokumenten und Webseiten zu verbinden und anzureichern. Sind Daten auf diese Weise organisiert, sind sie leichter zu verstehen und zu navigieren, was sich positiv auf Entscheidungsfindung und Problemlösung auswirkt.
Die IT hat die Verantwortung dafür, den Fachbereichen die nötigen Technologien und Daten über offene Schnittstellen anzubieten. Für die Arbeit damit genießen die Fachabteilungen dann größtmögliche Freiheit: Sie entscheiden, mit welchen Tools sie Analysen fahren, welche Anwendungen sie dafür brauchen - ja sogar, mit welchen Werkzeugen sie diese Anwendungen bauen. Diese Demokratisierung von IT und damit die Verlagerung der produktiven Arbeit mit Daten auf die Fachbereiche ist der eigentliche Paradigmenwechsel, der mit dem Konzept des Data Mesh verbunden ist.
Rollenwechsel? Nein!
Der Kulturwandel zum Data Mesh verschiebt die Verantwortlichkeiten für die IT zum Teil aus der klassischen IT-Abteilung heraus hin zu den Fachkompetenzen der Mitarbeitenden außerhalb dieser eigentlichen Kernteams. Die IT-Verantwortlichen behalten dessen ungeachtet ihre Zuständigkeit für die strategische Weiterentwicklung der IT ihres Unternehmens und müssen darüber hinaus dafür sorgen, dass sie Infrastrukturen und strategische Grundlagen von der IT in die Fachbereiche tragen. Das stellt neue Anforderungen an ihre strategischen und Management-Fähigkeiten, stellt aber ihre Rolle nicht infrage.
Die eigentliche Verantwortung für den Kulturwandel und alle damit verbundenen Aufgaben aber liegt - wie bisher - bei der Unternehmensleitung: Sie ist dafür zuständig, eine Kultur zu etablieren, die eine produktive Arbeit mit Daten in den Fachbereichen ermöglicht.
Datenkompetenz aufbauen
Ein datenbasiertes Unternehmen braucht qualifizierte Mitarbeitende, also gezielte Weiterbildung. Dabei geht es aber weniger um technische Qualifizierung als darum, eine sogenannte Data Literacy im Unternehmen zu verankern, also die notwendige Kompetenz für den Umgang mit und die Nutzung von Daten.
Der konkrete Skilling-Bedarf im eigenen Unternehmen und für das Recruiting neuer Fachkräfte ergibt sich dabei individuell aus dem Reifegrad und dem Bedarf des Unternehmens: Gibt es bereits native Use Cases oder müssen die erst erarbeitet werden? Welche Strukturen für die Arbeit mit Daten existieren bereits, welche Projekte wurden schon bearbeitet und - hoffentlich erfolgreich - abgeschlossen? Welche agilen Strukturen können für den Weg in eine Datenkultur wiederverwendet oder adaptiert werden? Solche und viele ähnliche Fragen brauchen konkrete Antworten, um den individuellen Weg zu einem datenbasierten Unternehmen zu finden.
Klar ist: Eine echte Alternative dazu gibt es nicht. Daten sind der Rohstoff für Erkenntnisse, Projekte und Produkte und am Ende auch für neue Geschäftsmodelle. Ein Zurück hinter diese Erkenntnis wird es nicht geben, zumal die rasanten Fortschritte bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz nicht nur den Druck erhöhen, aus Daten Erkenntnisse zu gewinnen, sondern auch den Möglichkeitsraum für solche Projekte noch einmal dramatisch vergrößern. Diese Chancen sollten Unternehmen nutzen. (wh)