Analysten-Kolumne
Der CIO muss CXO werden
Partner IT Sourcing Advisory bei PwC Deutschland.
Senkt beispielsweise die IT die Service Level, um Kosten zu reduzieren, beschwert sich oft das Business, der Geschäftsprozess werde dadurch im Ergebnis weniger effizient. Oder das Business formuliert Vorgaben, die mit hohem Aufwand in IT-Lösungen umgesetzt werden, im Grunde aber wenig sinnvoll sind. So etwa geschehen bei einem Finanzdienstleister: Dessen IT musste erhebliche Anstrengungen unternehmen, um nach einer Kampagne für bestimmte Kredite im Call-Center eine Flut eingehender Anrufe zu bewältigen. Der Mail-Ansturm wurde aber nur deshalb erzeugt, weil das Marketing im Produktflyer und auf der Homepage wichtige Informationen nicht bereitgestellt hatte.
Gesamtverantwortung bringt Nutzen
Solche Konflikte und Effizienzbrüche lassen sich vermeiden, wenn der CIO von vornherein die Gesamtverantwortung erhält. Geeignet sind alle standardisierbaren Geschäftsprozesse mit einem hohen IT-Anteil, die für die Wettbewerbsposition des Unternehmens nicht sehr relevant sind. Darunter fallen die meisten Vorgänge im Backoffice: beispielsweise in Versicherungsunternehmen die Policen-Verwaltung, der Beitragseinzug und die Schadensabwicklung, in Telekommunikationsunternehmen das Billing etc. Verantwortet der CIO in diesen Bereichen die Zieldefinition, das Prozessdesign, die Umsetzung in IT-Lösungen und das Gesamtergebnis, schafft das klare Nutzeneffekte:
1. Integrierte Zieldefinition. Die IT setzt nicht nur Vorgaben um, sondern legt bereits fest, welchen Nutzen die vorgesehenen Investitionen bringen sollen. Sie definiert und prüft also vorab selbst die Ziele des Prozesses. Auf diese Weise hätten sich in unserem oben genannten Beispiel mit größter Wahrscheinlichkeit überflüssige IT-Aufwände im Call Center vermeiden lassen.
2. Stringente Optimierung. Durch die Gesamtbetrachtung werden IT-Aufwände von vornherein angemessen dimensioniert. Service Level sind nicht das Ergebnis eines Tauziehens zwischen IT und Business, sondern orientieren sich an dem angestrebten Nutzen. Dies verhindert sowohl eine Über- als auch eine Unterdimensionierung. Wenn das Ziel ein effizienterer Gesamtprozess ist, wird der CIO beim IT-System nicht unbedingt sparen, sondern vielleicht sogar zusätzlich investieren.
So hat zum Beispiel eine Bank nach einer Gesamtbetrachtung des Antragsprozesses der Hypothekenvergabe ihre IT-Investitionen in diesem Bereich deutlich erhöht, was aber unter dem Strich einen klaren ROI brachte: Die Angebotserstellung konnte stärker automatisiert, die Prüfung verkürzt und der Aufwand für ausgehende Anrufe - Rückfragen, Zusatzinformationen etc. - signifikant gesenkt werden. So reduzierte die Bank ihre Personalkosten je Neukunde um fast 40 Prozent.