NSA-Skandal
Deutsche Cloud-Anbieter punkten mit Datenschutz
Der "Cloud-Monitor 2014", eine aktuelle Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom unter 403 Unternehmen mit über 20 Mitarbeitern zeigt: 13 Prozent der Unternehmen haben geplante Cloud-Projekte zurückgestellt und elf Prozent sogar bestehende Cloud-Lösungen aufgegeben. 23 Prozent nehmen im nächsten Jahr aus Sicherheitsbedenken keine Cloud-Dienste in Anspruch. 31 Prozent haben zumindest die Sicherheitsanforderungen an die Dienstleister deutlich erhöht. Insgesamt nutzen 40 Prozent der Befragten das Rechnen in der Wolke. Die Private Cloud wird gegenüber der Public Cloud klar favorisiert. Mit ersterer haben die Nutzer auch bessere Erfahrungen gemacht. Als wichtigste Argumente gegen die Cloud nennen die Unternehmen die Sorge vor unberechtigten Zugriffen auf ihre Daten, die Gefahr des Datenverlusts und Unklarheiten bei der Rechtslage.
Ähnliche Ergebnisse erbrachte eine Befragung der IT-Beratung Capgemini von 141 IT-Verantwortlichen aus Großunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Danach wurden zwar die Kapazitäten der unternehmenseigenen Clouds in den vergangenen Monaten fast verdoppelt, so dass sie jetzt knapp 30 Prozent aller IT-Services bereitstellen. Gegenüber der Public Cloud und Services von Dritten bleiben CIOs aber skeptisch: Ihr Nutzungsgrad liegt im Durchschnitt bei nur vier Prozent der Gesamtleistung der IT. Die Investitionen der Fachabteilungen in externe Cloud-Dienste werden sich den Umfrageergebnissen nach 2014 gegenüber dem Vorjahr sogar halbieren.
Security top, Cloud eher Flop
Generell hat das Sicherheitsbewusstsein zugelegt. Mit "Business Continuity", dem "Schutz vor Schadsoftware" und "ComplianceCompliance" stehen in der Studie drei Sicherheitsaspekte auf den ersten fünf Plätzen der wichtigen Themen für CIOs. Dementsprechend werden für Abteilungen mit kritischen Daten wie Einkauf, Produktion, Forschung und Entwicklung sowie für das Finanzmanagement in erster Linie eigene Lösungen bereitgestellt. Services aus externen Clouds kaufen CIOs am ehesten für die Bereiche Kommunikation und Marketing ein, gefolgt von Vertrieb, Personal und Supply Chain. Hier ist das Angebot auf dem Markt bereits relativ groß. Alles zu Compliance auf CIO.de
Während 70 Prozent der Großunternehmen ab 2000 Mitarbeitern auf die Cloud setzen, ist im Mittelstand das Gesamtvolumen des Rechnens in der Wolke nach wie vor dürftig. "Cloud ComputingCloud Computing war noch nie sehr erfolgreich in Deutschland. Man denke an das frühere Geschäftsmodell des Application Service Providing", sagt Sven Rudolph, Technikchef von scitech IT Solutions. Sein Systemhaus baut seit zehn Jahren Private Clouds. "Der Mittelstand war schon früher reserviert. Durch die Affäre fühlen sich die Skeptiker bestätigt." Alles zu Cloud Computing auf CIO.de
- Viktor Mayer-Schönberger, Professor für Internet Governance and Regulation
"Es geht nicht mehr um das Ausspähen der Gegenwart, sondern um einen Einblick in die Zukunft. Das ist der Kern von Prism. Präsident Obama hat schon recht, wenn er sagt, die von Prism gesammelten Daten seien doch für sich genommen recht harmlos. Er verschweigt freilich, dass sich daraus statistische Vorhersagen gewinnen lassen, die viel tiefere, sensiblere Einblicke gewähren. Wenn uns nun der Staat verdächtigt, nicht für das was wir getan haben, sondern für das was wir – durch Big Data vorhersagt – in der Zukunft tun werden, dann drohen wir einen Grundwert zu verlieren, der weit über die informationelle Selbstbestimmung hinausgeht." - Prof. Dr. Gunter Dueck, Autor und ehemaliger CTO bei IBM
"Ich glaube, die NSA-Unsicherheitsproblematik ist so ungeheuer übergroß, dass wir uns dann lieber doch gar keine Gedanken darum machen wollen, so wie auch nicht um unser ewiges Leben. Das Problem ist übermächtig. Wir sind so klein. Wir haben Angst, uns damit zu befassen, weil genau das zu einer irrsinnig großen Angst führen müsste. Wir haben, um es mit meinem Wort zu sagen, Überangst." - Oliver Peters, Analyst, Experton Group AG
"Lange Zeit sah es so aus, als würden sich die CEOs der großen Diensteanbieter im Internet leise knurrend in ihr Schicksal fügen und den Kampf gegen die Maulkörbe der NSA nur vor Geheimgerichten ausfechten. [...] Insbesondere in Branchen, die große Mengen sensibler Daten von Kunden verwalten, wäre ein Bekanntwerden der Nutzung eines amerikanischen Dienstanbieters der Reputation abträglich. [...] Für die deutschen IT-Dienstleister ist dies eine Chance, mit dem Standort Deutschland sowie hohen Sicherheits- und Datenschutzstandards zu werben." - Dr. Wieland Alge, General Manager, Barracuda Networks
"Die Forderung nach einem deutschen Google oder der öffentlich finanzierten einheimischen Cloud hieße den Bock zum Gärtner zu machen. Denn die meisten Organisationen und Personen müssen sich vor der NSA kaum fürchten. Es sind die Behörden und datengierigen Institutionen in unserer allernächsten Umgebung, die mit unseren Daten mehr anfangen könnten. Die Wahrheit ist: es gibt nur eine Organisation, der wir ganz vertrauen können. Nur eine, deren Interesse es ist, Privatsphäre und Integrität unserer eigenen und der uns anvertrauten Daten zu schützen - nämlich die eigene Organisation. Es liegt an uns, geeignete Schritte zu ergreifen, um uns selber zu schützen. Das ist nicht kompliziert, aber es erfordert einen klaren Willen und Sorgfalt." - James Staten, Analyst, Forrester Research
"Wir denken, dass die US-Cloud-Provider durch die NSA-Enthüllungen bis 2016 rund 180 Milliarden Dollar weniger verdienen werden. [...] Es ist naiv und gefährlich, zu glauben, dass die NSA-Aktionen einzigartig sind. Fast jede entwickelte Nation auf dem Planeten betreibt einen ähnlichen Aufklärungsdienst [...] So gibt es beispielsweise in Deutschland die G 10-Kommission, die ohne richterliche Weisung Telekommunikationsdaten überwachen darf." - Benedikt Heintel, IT Security Consultant, Altran
"Der Skandal um die Spähprogramme hat die Akzeptanz der ausgelagerten Datenverarbeitung insbesondere in den USA aber auch in Deutschland gebremst und für mehr Skepsis gesorgt. Bislang gibt es noch keinen Hinweis darauf, dass bundesdeutsche Geheimdienste deutsche IT-Dienstleister ausspäht, jedoch kann ich nicht ausschließen, dass ausländische Geheimdienste deutsche Firmen anzapfen." - Viktor Mayer-Schönberger, Professor für Internet Governance and Regulation
"Die NSA profitiert von ihren Datenanalysen, für die sie nun am Pranger steht, deutlich weniger als andere US-Sicherheitsbehörden, über die zurzeit niemand redet. Das sind vor allem die Bundespolizei FBI und die Drogenfahnder von der DEA. [...] Es gibt in der NSA eine starke Fraktion, die erkennt, dass der Kurs der aggressiven Datenspionage mittelfristig die USA als informationstechnologische Macht schwächt. Insbesondere auch die NSA selbst." - Aladin Antic, CIO, KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplationen e.V.
"Eine der Lehren muss sein, dass es Datensicherheit nicht mal nebenbei gibt. Ein mehrstufiges Konzept und die Einrichtung zuständiger Stellen bzw. einer entsprechenden Organisation sind unabdingbar. [...] Generell werden im Bereich der schützenswerten Daten in Zukunft vermehrt andere Gesichtspunkte als heute eine Rolle spielen. Insbesondere die Zugriffssicherheit und risikoadjustierte Speicherkonzepte werden über den Erfolg von Anbietern von IT- Dienstleistern entscheiden. Dies gilt auch für die eingesetzte Software z.B. für die Verschlüsselung. Hier besteht für nationale Anbieter eine echte Chance." - ein nicht genannter IT-Verantwortliche einer großen deutschen Online-Versicherung
"Bei uns muss keiner mehr seine Cloud-Konzepte aus der Schublade holen, um sie dem Vorstand vorzulegen. Er kann sie direkt im Papierkorb entsorgen."