IT-Landschaft
Die Stuttgarter Börse und die Cloud
An erster Stelle stehen dabei die hohen Anforderungen an die Systemverfügbarkeit, führt Lammersdorf aus: "Wir haben hier zwar gemäß Unternehmenspolitik keinen Hochgeschwindigkeitshandel, aber unsere Server müssen von acht Uhr morgens bis zehn Uhr abends funktionieren. Selbst eine Viertelstunde Down-Zeit können wir uns nicht leisten." Auch wenn der Anbieter eine hohe Verfügbarkeit durch Service-Level-Agreements garantiere, bleibe doch eine gewisse Unsicherheit bei einer Auslagerung.
Hinzu kommt das Compliance-Thema, das in anderen Unternehmen zumeist eine untergeordnete Rolle spielt, für die Börse aber von zentraler Bedeutung sei. Die deutsche und die internationale Börsenaufsicht forderten, dass keine Handelsdaten außerhalb des EU-Raums gelangen dürften, auch nicht als Backup, stellt Lammersdorf klar. Das könnten aber gerade die großen internationalen Provider nicht garantieren.
Immerhin habe er jedoch zwei Provider gefunden, die wohl bereit wären, eine solche Garantie zu geben, räumt der Börsenvorstand ein. Namen darf er wegen eines Non-Disclosure-Abkommens allerdings nicht nennen.
Auf jeden Fall soll die Private Cloud in dem Rechenzentrum gehostet werden, das der Provider Equinix in Frankfurt am Main betreibt. Dem auf Finanz-IT spezialisierten RZ-Betreiber vertraut die Börse Stuttgart auch ihr - noch im Aufbau befindliches - neues Kernsystem an. Dabei handelt es sich um eine Standardsoftware ("Genium Inet"), die vom New Yorker Unternehmen Nasdaq OMX entwickelt wurde und derzeit für das Marktmodell der Börse Stuttgart angepasst wird. Zum Ende des kommenden Jahres soll "Xitaro", so die Bezeichnung des individualisierten Börsensystems, in den Echtbetrieb gehen und das von der Deutschen Börse betriebene System "Xontro" ersetzten.
Mit einem ausgewählten Cloud-Provider will die Stuttgarter Börse in diesem Jahr testen, ob eine extern betriebene Private Cloud tatsächlich eine Option wäre. Dazu stellt sie ihre neuen Test-Server bei Equinix direkt neben die Systeme von Xitaro und nutzt dort die Technik des Cloud-Anbieters in Form einer Infrastructure as a Service (IaaS). Aber auch wenn die Ergebnisse positiv ausfallen sollten, dürften die Börsianer noch nicht restlos überzeugt sein. "Ein Test bleibt ein Test", weiß Lammersdorf, "und der Echtbetrieb kann ganz anders aussehen."
Vertrauensbildende Maßnahmen
Bis in den eigenen Rechenzentren die Lichter ausgehen, wie der ehemalige CIO Vetsch es seinerzeit für 2016 prognostizierte, wird es so oder so wohl noch eine Weile dauern. Neben der Börsenaufsicht müssen schließlich auch die eigenen Aufsichtsgremien überzeugt werden, dass eine Private Cloud - im Gegensatz zur Public Cloud - eine relativ sichere Angelegenheit ist.