Netzwerke

Falsch verbunden

17.09.2007
Von Klaus Werle und Sven Böll

Schon jetzt kämpft Xing mit dem Problem, dass viele Manager für ihre internationalen Kontakte andere Netzwerke wie LinkedInLinkedIn oder Viadeo bevorzugen. Andreas Weyer etwa, der bei der Telekom und für Gruner + Jahr als Manager gearbeitet hat, ist gleich bei allen drei Plattformen Mitglied. An LinkedIn und Viadeo schätzt er die größere Exklusivität: Während bei Xing im Prinzip jeder jeden kontaktieren kann, ist dies bei den anderen Netzwerken oft nur über Empfehlungen möglich. Weyer: "Weil niemand andere gegen seine Überzeugung vermittelt, sind die Ergebnisse besser." Bekannte werden so zu menschlichen Spam-Filtern. Alles zu LinkedIn auf CIO.de

Weyers Netzwerk-Polygamie und sein Wunsch nach mehr virtueller Privatsphäre zeigen: Networking-Plattformen werden immer "vertikaler" - es wird etwa nach Interessen oder Hierarchiestufen differenziert. "Bei den Business-Communities gibt es einen Trend zu mehr Exklusivität", sagt Jan Schmidt von der Forschungsstelle Neue Kommunikationsmedien der Universität Bamberg. Kleine, feine Goldfischteiche, die nur Mitglieder ab einem bestimmten Jahreseinkommen oder einer bestimmten Hierarchiestufe aufnehmen, könnten für Manager künftig attraktiver sein als das Sammelbecken Xing. Plattformen also wie "CIO-Netzwerk" oder "manager-lounge".

Ergänzendes Hilfsmittel für Headhunter

Lektion 5: Die Eine-Welt-Plattform gibt es noch nicht. Für international tätige Manager kann es sinnvoll sein, in mehreren Netzwerken zu sein. Wer vor allem Gleichgesinnte oder -gestellte sucht, ist in einem exklusiveren Netzwerk besser aufgehoben.

Für alle Plattformen aber gilt: Das Internet hat das Networking komplett verändert. Statt guten Gedächtnisses und dicken Adressbuchs regiert das Schneeballsystem: Freunde kontaktieren Freunde, die wiederum andere Freunde kontaktieren. Theoretisch wächst so das Reservoir an Menschen, die Hilfestellung etwa bei der Jobsuche geben können, ins Unermessliche.

Als Michael Liehr, Marketingleiter für Westeuropa bei BenQ in München, durch die Insolvenz des Handyherstellers seinen Job verlor, erhielt er prompt über Xing Anfragen von Headhuntern. Allerdings kam nur eines seiner mehr als ein Dutzend Bewerbungsgespräche über die Business-Plattform zustande. Die lukrativeren Angebote aber, darunter sein aktueller Job als Marketingchef von Legoland in Günzburg, stammten aus konventionellen Quellen: Anzeigen und Headhunter, die der 39-Jährige seit vielen Jahren kennt. Liehrs Fazit seines Bewerbungsmarathons: "Xing eröffnet Möglichkeiten, die meist aber Möglichkeiten bleiben." Für Manager ist die Realität im vermeintlichen Topjob-Gehege meist ernüchternd.

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