Strategien


CIO bleibt der Chef

Forrester entlarvt 2 Mythen übers IT-Budget

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Weder das Marketing noch der CEO haben großes Interesse daran, die Hoheit über die IT-Ausgaben an sich zu reißen. Und Gartner liefert erfreuliche Investitionszahlen.
Die Prognose der IT-Ausgaben von Gartner.
Die Prognose der IT-Ausgaben von Gartner.
Foto: Gartner

Baumarkt-Ketten machen derzeit von sich reden, weil sie sich als Verschönerer der Welt inszenieren. Ob sie das sind? Man kann geteilter Meinung darüber sein - und in vielen Familien wird es sich klischeehafterweise genauso verhalten.

So nämlich, dass sich tatsächlich nur der Mann im Hause fürs Dübeln und Werkeln interessiert und gerne Freizeit im Baumarkt verbringt. Vielleicht entwickeln aber die Kindern Freude am Heimwerken und Verschönern, begleiten den Vater immer öfter und immer lieber ins Schrauberparadies und wollen irgendwann mitreden?

Den langjährigen Baumarktveteran mag's nerven oder sogar manchmal gefallen. Entscheidend - und aus seiner Sicht gut - ist es, so lange am Ende entscheidet, was gekauft wird.

An guten Einfällen des Nachwuchses wird er indes nicht vorbeikommen. So ähnlich ergeht es in Zeiten der Selbstbedienungs-IT dem CIO - zum Glück!

CIO hat bei IT-Ausgaben weiter die Hosen an

Kürzlich prognostizierten sowohl die Analysten von Gartner als auch unsere US-amerikanische Schwesterpublikation CIO.com die Entwicklung der IT-Ausgaben in diesem Jahr. Beide gehen von steigenden BudgetsBudgets aus. Gartner erkennt das Segment der Enterprise IT mit einem Plus von 6,9 Prozent als wichtigsten Treiber im Markt, CIO.com nimmt Mobile Apps und TabletsTablets als Ausgabenfelder von steigender Bedeutung wahr. Alles zu IT-Budget auf CIO.de Alles zu Tablets auf CIO.de

Flankierend zu diesen quantitativen Erhebungen präsentiert Forrester Research eine Studie, die sich grundsätzlich mit der Entwicklung von IT-Budgets in Zeiten des Wandels beschäftigt. Die gute Nachricht darin: Wie der heimwerkende Vater im obigen Beispiel wird der CIO bei den IT-Ausgaben weiterhin die Hosen anhaben - allen Unkenrufen zum Trotz.

CIOs werden letztlich die bestimmenden Manager sein

Zwar werden die Fachabteilungen eine immer größere Rolle bei der Identifizierung der benötigten Lösungen und bei der Auswahl der Anbieter spielen. "Aber die CIO-Abteilung wird an vielen technologischen Kaufentscheidungen beteiligt sein", schreibt Studienautor Andrew Bartels. "Und der CIO und seine Organisation werden der bestimmende Manager der eingekauften Technologie sein und über das entsprechende Budget verfügen."

Forrester-Analyst Andrew Bartels: "CEOs werden kein Interesse an fragmentierten Daten über IT-Einkäufe haben."
Forrester-Analyst Andrew Bartels: "CEOs werden kein Interesse an fragmentierten Daten über IT-Einkäufe haben."
Foto: Forrester Research

CIOs können laut Forrester-Analyst Bartels nicht länger die Rolle eines modernen Prometheus spielen, der das technologische Feuer ins Unternehmen bringt. Schließlich können die Fachabteilungen mittlerweile selbst technologische Optionen ausfindig machen kann. "Stattdessen wird der CIO hart mit der Business-Seite arbeiten müssen, damit garantiert die richtige Technologie gefunden wird", heißt es in der Studie.

Integration braucht den CIO

Gefragt sei der IT-Chef außerdem als Helfer bei der Integration neuer Lösungen mit den Daten in den vorhandenen Systemen und als Manager der fortlaufenden Kosten für alte und neue Technologien.

Gartner-Prognose der IT-Investitionen

Laut Gartner können die Unternehmen aus aller Welt in diesem Jahr 3,8 Billionen US-Dollar für IT ausgeben. Das ist eine Steigerung gegenüber 2013 um 3,2 Prozent; im Vorjahr hatte es lediglich einen Anstieg um 0,4 Prozent gegeben. "Global schütteln die Firmen ihre Sorgen ab und kehren zu IT-Investitionen zurück, um ihr geschäftliches Wachstum zu unterstützen", kommentiert Gartner-Analyst Richard Gordon.

Die Märkte für Devices, Rechenzentrumssysteme und Telekommunikationsdienstleistungen verzeichnen laut Gartner-Berechnung nach einem negativen Jahr die Rückkehr in die Wachstumszone. Am eindrucksvollsten gelingt dies im Geräte-Segment, in dem voraussichtlich ein Plus von 4,4 Prozent erreicht wird. Die Marktforscher vermelden hier indes so manche Ausgabenverschiebungen.

Schub für Ultrabooks

Demnach verlieren teure Premium-Smartphones an Beliebtheit, die Schrumpfung des klassischen PC-Marktes setzt sich fort. Dafür werden vermehrt auch hochpreisige Ultrabooks als Notebook-Ersatz gekauft, Tablets werden als zusätzliche Geräte erworben. Mit einem Gesamtumsatz von 689 Milliarden Dollar liegen die Geräteausgaben auf Platz hinter den Telko-Services mit einem Volumen von 1,65 Billionen Dollar und den IT-Services mit 964 Milliarden. Die Wachstumsrate bei den IT-Dienstleistungen gibt Gartner mit 4,6 Prozent an.

Mit 320 Milliarden folgt erst dahinter - gemessen am Volumen - der Posten Enterprise Software, der aber mit 6,9 Prozent ein besonders hohes Wachstum für sich verbuchen kann. Nach Gartner-Einschätzung treibt die zunehmende Konvergenz von Social MediaSocial Media, Mobile IT, Cloud ComputingCloud Computing und BI/Big DataBig Data - der sogenannte Nexus of Forces - diesen Markt in besonderem Maße. Alles zu Big Data auf CIO.de Alles zu Cloud Computing auf CIO.de Alles zu Social Media auf CIO.de

Geld für CRM und Datenintegration

Die Firmen investieren insbesondere ins Customer Relationship Management (CRMCRM), in Management-Systeme für Datenbanken sowie in ToolsTools für Datenintegration und Datenqualität. Erstmals übersteigen laut Analyst Gordon die Ausgaben für Datenbank-Management-Systeme jene für Betriebssysteme - was mit einem Aufstieg zum wichtigsten Software-Teilmarkt einhergeht. Alles zu CRM auf CIO.de Alles zu Tools auf CIO.de

Die Tech Poll-Umfrage von CIO Research unter 200 IT-Chefs unterstreicht die Gartner-Resultate. 53 Prozent der Befragten kalkulieren mit steigenden Budgets, vor einem Jahr waren es lediglich 48 Prozent. Im Durchschnitt steigen die IT-Budgets laut CIO Research um 5,2 Prozent. 36 Prozent der Befragten geben die InnovationInnovation von Geschäftsprozessen als Fokus ihrer IT-Investitionen an, in Großunternehmen sogar 42 Prozent - das bedeutet eine klare Spitzenposition. Alles zu Innovation auf CIO.de

In 58 Prozent der Firmen steigen laut Umfrage die Ausgaben für mobile Apps. Jeweils eine Mehrheit berichtet von Ausgabenerhöhungen auch für Tablets, BI & Analytics, Cloud-Services und Security-Anwendungen wie Verschlüsselung, Identitätsmanagement oder Data Loss Prevention (DLP).

Forrester nimmt 2 Mythen auseinander

So weit, so konventionell. Aber droht in der Zukunft nicht, alles radikal anders zu werden mit den IT-Budgets? Immer ruhig mit den jungen Pferden, lautet die Kernbotschaft der bereits zitierten Forrester-Studie. Sie trägt einen Titel, der sowieso für sich spricht: "Debunking Two Myths About Tech Budgets".

Welche beiden Mythen also entlarvt Analyst Bartels?

  • Erstens die Annahme, dass sich die Kontrolle der Technologie-Ausgaben in die Fachabteilungen verschieben soll - weg von der IT, vor allem hin zum Marketing.

  • Zweitens den vermeintlich wichtigen Tipp, die Ausgaben für Wartung, Betrieb und Ausbau vorhandener Lösungen - Forrester bezeichnet diesen Komplex mit der Wortschöpfung "Tech MOOSE" (Maintain and Operate the Organization, Systems and Equipment) - bei maximal 50 Prozent zu halten. Dann werde nämlich die Hälfte der Budgets frei zur Ankurbelung neuer Projekte.

"Beides hören CIOs seit längerem als Ratschlag von Anbietern und Experten", berichtet Bartels. "Allerdings zeigt ein unverstellter Blick auf die Daten über IT-Budgets und die damit verbundene Bilanzierung, dass die Aussagen größtenteils Übertreibungen weit weniger gravierender Wahrheiten sind."

Zwar seien die technologischen Einkaufsprozesse komplex, oftmals seien diverse Parteien involviert. In der Regel werde aber auch in Zukunft vom Business nur der Investitionsimpuls kommen, der CIO aber den Rest des Einkaufsprozesses managen. In vielen Gebieten der IT-Ausgaben werde die Chefrolle des CIOs sogar überhaupt nicht in Frage gestellt.

Diese Forrester-Grafik zeigt, wie klein der Marketing-Anteil an den IT-Budgets immer noch ist.
Diese Forrester-Grafik zeigt, wie klein der Marketing-Anteil an den IT-Budgets immer noch ist.
Foto: Forrester Research

Marketing nicht auf IT-Shopping-Tour

Im Übrigen reiße sich das Marketing überhaupt nicht darum, ständig alleine IT-Lösungen shoppen zu gehen; die IT-Ausgaben fürs Marketing seien immer noch ein recht kleiner Teil des IT-Budgets. Auch die Accounting-Systeme und Budgetkontrollen im Unternehmen lassen sich laut Forrester Research nicht einfach so umschiffen; die Ausgabenkontrolleure seien im Hinblick auf Sparsamkeit und ComplianceCompliance daran interessiert, dass der CIOs den Überblick behält. Alles zu Compliance auf CIO.de

Gerade der Einbau von SaaS-Services mache den CIO unverzichtbar, weil es die Integrationsanforderungen schlichtweg nicht anders erlauben. Neue Tools wie Netskope erleichtern es dabei dem CIO, die eingesetzten SaaS-Apps immer im Blick zu haben. "Zu guter Letzt werden die CEOs kein Interesse an fragmentierten Daten über IT-Einkäufe haben", so Bartels.

MOOSE-Regel ist nicht brauchbar

Auch der Devise, höchstens die Hälfte des Budgets in Tech MOOSE zu investieren, braucht man sich laut Forrester nicht zwangsläufig zu folgen. Aktuell liege der Anteil dafür zumeist bei um die 70 Prozent, und es spreche wenig für eine Veränderung. Schließlich fielen Ausgaben für neue ProjekteProjekte in die MOOSE-Kategorie, sobald die Projekte laufen und nicht mehr neu sind. Alles zu Projekte auf CIO.de

Gerade auch der Cloud-Trend erhöhe den MOOSE-Anteil üblicherweise. "Eben weil die Wolke die Anfangsinvestitionen in lizenzierte Software und Hardware reduziert, steigert sie die zukünftigen Kosten, die mit der Nutzung der Produkte verbunden sind", erläutert Bartels.

CIOS sollen handeln wie Herkules

"Tech MOOSE ist essenziell dafür, dass das Business läuft - was ja auch keine schlechte Sache ist", so der Forrester-Analyst weiter. Allerdings sind die CIOs nach Forrester-Einschätzung gut beraten, MOOSE nicht als ständigen Legacy-Posten zu behandeln, sondern auf die notwendige Erneuerung zu achten. In Zukunft sei der CIO zwar nicht mehr Prometheus. Um die IT MOOSE-Kosten im Griff zu behalten, müsse er aber handeln wie Herkules.

Bartels nennt als Beispiele dafür unter anderem, dass der Augias-Stall der Outsourcing-Verträge ausgemistet gehört und dass die neunköpfigen Hydra der ausufernden SaaS-Subskriptionen zu enthaupten sei. Der fürchterliche Höllenhund Zerberus steht im Forrester-Bild übrigens für die IT-Ausgaben-Initiativen von Business-Seite. Herkules hat es bekanntlich geschafft, auch dieses Vieh zu zähmen - ein altes, aber gutes Vorbild für den CIO von heute.

Zur Startseite