Diversity

Generation 50+ startet die dritte Karriere

14.03.2013
Von Liane Borghardt

Alte Karriereformel hat sich überholt

Mit dem Wunsch, sich "noch einmal neu zu orientieren", schrieb René Zaremba sich vor einem Jahr an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen für den Master-Studiengang "Digital Pioneering" ein. Mit 15 Kommilitonen zwischen 23 und 53 Jahren befasst der 41-Jährige sich nun neben seinem Job als Senior-Projekt-Manager von Kundengeschäftsprozessen mit Entwicklung, Marketing und Finanzierung von digitalen Geschäftsmodellen. Den Mehrwert verschiedener Erfahrungshintergründe erlebt Zaremba ganz praktisch in den Studien-Seminaren.

"Jenseits der Euphorie der Jüngeren für die neuesten Trends und Web-Entwicklungen fragen die Älteren stärker nach der Kommerzialisierung", sagt Zaremba. Neben der persönlichen Horizonterweiterung erhofft der Betriebswirt sich durch das Studium "bessere Chancen, beruflich weiterzukommen". Denn Zaremba gehört zu der Generation, die mit 40 Jahren noch bis zu drei Jahrzehnte Berufsleben vor sich hat.

Die alte Karriereformel "mit spätestens Ende 30 Chef, bis zur Rente" hat sich damit überholt. Denn zum einem führt sie zu dem, was Personaler als "Blockade-Problem" bezeichnen: Anders als ihre Vorgänger wird die Generation der sogenannten Babyboomer nicht in den Vorruhestand gehen, sondern "bis zum bitteren Ende da sein", sagt Organisationsexpertin Rump. "Und die sitzen auf den interessanten Positionen, in die die Jungen auch wollen." Ein Dilemma, das nach alternativen Karrierewegen für die Älteren verlangt. Doch gerade mal elf Prozent von 4000 mittelständischen Unternehmen bieten bislang Laufbahnmodelle für Mitarbeiter in der Altersgruppe über 50 Jahren an, belegt eine Studie vom Marktforschungsinstitut TNS Infratest im Auftrag der Commerzbank.

Hinzu kommt ein gesellschaftlicher Wertewandel, auf den Arbeitgeber sich einstellen müssen. Nicht nur jüngere Mitarbeiter wünschen sich im Berufsleben zunehmend zeitliche Flexibilität und Selbstbestimmung. Das gilt besonders für ältere Beschäftigte, die sich nicht mehr in das enge Korsett des Tagesgeschäfts einpassen möchten.

Volker Barzyk definiert als Personalleiter des Geschäftsbereichs Industrieautomation und Antriebe beim Technologiekonzern ABB Karrierepfade für den Einstieg bis zum Rentenalter. Und die werden im Wettbewerb um Mitarbeiter immer differenzierter. "Vor zehn Jahren hatten wir vielleicht zwei, drei Teilzeitmodelle im Angebot. Heute haben wir Hunderte hinterlegt", sagt Barzyk. Sei es für Erziehungszeiten - oder aber für die in Zukunft noch wichtiger werdende Betreuung älterer Angehöriger. Überdies sollen erfahrene ABB-Manager von einer Führungs- auf eine Expertenposition wechseln können, ohne Gehaltseinbußen oder Statusverlust. "So honoriert man die Erfahrung und entlastet von Tätigkeiten, wo man Jüngeren eine Chance geben kann", sagt Barzyk.

Dass sich erfahrene wie lebenskluge Mitarbeiter besonders für eine Berater-Tätigkeit eignen, zeigen die Rentner von Bosch. "Die Senior-Experten müssen sich nicht mehr beweisen, sie unterstützen sachorientiert, ohne persönliche Karriere-Agenda", sagt BMS-Geschäftsführer Odendahl.

Für Heidi Stock, die Diversity-Beauftragte von Bosch, ist dies eines der besten Beispiele für generationenübergreifende Zusammenarbeit. "Wir könnten endlos Seminare anbieten", sagt die 43-Jährige, "aber viel wichtiger ist es, dass die Mitarbeiter selbst im Alltag erleben, wie wertschöpfend die Zusammenarbeit zwischen Alt und Jung ist."

13 Mal schon war Rentner Dieter in den vergangenen zwei Jahren für das Beratungsunternehmen im Einsatz, nur die Sommermonate hat sich der Hobby-Ruderer bisher freigehalten. Sonst ist er auch über seine Beratungseinsätze hinaus für die Kollegen "gerne per E-Mail erreichbar". Am meisten freut er sich über solche wie die eines chinesischen Werkleiters: "Herr Dieter, wann kommen Sie wieder?"

(Quelle: Wirtschaftswoche)

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