Investitionsgüter-Beschaffung bei Schott Glas
Im Grunde nur aufräumen
Etwas schwülstig klingt der Leitsatz schon: "Es sind Neugier, Mut & Leidenschaft, die die Welt in Bewegung halten", heißt es auf der Website von Schott Glas. Ob sich das auch auf ein so trockenes Thema wie das elektronische Beschaffungswesen bezieht, ist nicht klar. Fest steht jedoch: Als eines der ersten Unternehmen in Deutschland arbeitet der zur Carl-Zeiss-Stiftung gehörende Spezialglashersteller mit Sitz in Mainz an der digitalen Ausschreibung komplexer Spezialmaschinen.
Büromaterial, Druckerpatronen oder Schrauben (C-Güter) ordert Schott - wie viele andere - schon länger online. Nun sollen also auch A-Güter wie Produktionsmaschinen auf diesem Weg beschafft werden. Die meisten Unternehmen scheuen davor zurück, bewährte Beziehungen zu spezialisierten Lieferanten zugunsten neuer Kontakte aufzugeben, auch wenn diese Einsparungen versprechen.
Schott Glas hat die Angst vor dem Bruch abgelegt. Der Konzern, der 2001 rund zwei Milliarden Euro umsetzte, umfasst 98 Unternehmen in 38 Ländern und beschäftigt 19800 Mitarbeiter, davon 10000 außerhalb Deutschlands. "Ein Ziel ist es, die Einstandspreise zu senken", erklärt Michael Glaninger, Leiter E-Procurement. Die Investitionen für Maschinen und Anlagen machen bei Schott einen Großteil der Kosten aus. Das Unternehmen liefert Spezialwerkstoffe und Komponenten für die Hausgeräteindustrie, Optoelektronik, Pharmazie und Unterhaltungselektronik, die Beleuchtungs- und Automobiltechnik; laufend werden neue Geschäftsfelder erschlossen, neue Maschinen eingesetzt. Aus diesem Grund lohnt es sich, strategische Güter online einzukaufen.
Mithilfe der E-Procurement-Software Coordinated Sourcing (Anbieter: Onventis) will Schott Beschaffungstransparenz erzeugen. "Wettbewerb ist im A-GüterGeschäft das Kardinalkriterium", sagt Glaninger. Genau das ist jedoch das Problem bei komplexen Investitionsgütern: Es scheint kaum Alternativen zu geben, denn die einzelnen Produktionsanlagen lassen sich nur schwer miteinander vergleichen.
Also müssen sich die Bieter nach der Decke strecken. Was man bei Schott anstrebt, beschreibt Glaninger als "inhaltliche StandardisierungStandardisierung durch einen strukturierten Aufbau der Ausschreibungen". Ein vierköpfiges Team untersucht und definiert dafür zunächst Abläufe undZuständigkeiten. Ralf Jüchtern, Leiter des E-Sourcing-Projekts für Maschinenanlagen, hält den Ball flach:"Wir räumen im Grunde nur auf und verwalten das Ganze intelligent. Die Software ist nichts weiter als ein Verwaltungs- und Steuerungsinstrument für unsere Prozesse und Standards." Alles zu Standardisierung auf CIO.de
Große E-Sourcing-Pakete passen oft nicht
Zum Leidwesen der Software-Anbieter sehen das viele Kunden so: Große Suiten mit komplexen Funktionen für Fortune-500-Kunden, etwa von Ariba oder Commerce One, verlieren daher Marktanteile an maßgeschneiderte Lösungen; das hat Eduardo Gonzalez von Frost & Sullivan beobachtet. Und auch Jüchtern sagt: "Ein System muss unsere Größe und Struktur berücksichtigen."
Bei Schott legen Einkäufer und Ingenieure fest, was eine Lösung leisten muss. Für die Ausschreibung wird dazu ein interdisziplinäres Team gebildet. "Wir erwarten Synergien von einem Web-basierten Werkzeug, weil viele Personen simultan Ausschreibungen bearbeiten können. Schott ist ein technisch geprägtes Unternehmen. Die Erwartungen unserer Ingenieure an ein System sind daher sehr hoch", erklärt Glaninger.