Strategien


The Future of Corporate IT

IT-Abteilung schrumpft um 75 Prozent

Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.
Andrew Horne, Research Director vom Corporate Executive Board: "Bisher galt, dass mit steigender strategischer Bedeutung der IT auch das Gewicht der internen IT-Abteilung zunimmt - das stimmt so nicht mehr."
Andrew Horne, Research Director vom Corporate Executive Board: "Bisher galt, dass mit steigender strategischer Bedeutung der IT auch das Gewicht der internen IT-Abteilung zunimmt - das stimmt so nicht mehr."
Foto: Andrew Horne

Diese Gefahr ist für den Analysten Horne sehr real: "Bisher galt die Annahme, dass mit steigender strategischer Bedeutung der IT auch das Gewicht der internen IT-Abteilung zunimmt - aber genau das stimmt so nicht mehr", sagt der US-Analyst. Wenn Studien regelmäßig zu dem Ergebnis kämen, dass eine effiziente Enterprise-IT und das Alignment von IT und Business unabdingbare Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit und Geschäftserfolg seien, gehe das von einer falschen Voraussetzung aus. Denn darin stecke die Annahme, dass die interne IT-Abteilung auch in Zukunft von Änderungen der Betriebsorganisation unberührt und eine starke Unternehmensabteilung bleiben werde. Genau das könne sich aber als Fehlschluss erweisen: "Die meisten Analysten ignorieren die strukturellen Entwicklungen in der Unternehmensorganisation, die die Verantwortung für viele IT-Prozesse und -Funktionen nachhaltig verschieben", sagt Horne.

Beispiel Cloud Computing: Schon heute sieht sich der CIO mit dem Begehren der Fachabteilungen konfrontiert, aus ihrem eigenen Etat Cloud Services, SaaS-Lösungen oder Managed Services anzuschaffen. Für den CIO ein doppeltes Dilemma: Auf der einen Seite steckt darin der implizite Vorwurf, dass er die passende Lösung nicht innerhalb derselben Fristen und zu ähnlichen Kosten liefern kann. Auf der anderen Seite entsteht eine IT-Landschaft, für die er zwar verantwortlich zeichnet, die sich aber seiner Kontrolle entzieht. Verstärkt wird der Trend durch Knowledge-Worker, die sich mit "smarten" Endgeräten und sozialen Netzwerken Produktinformationen zur IT selbst besorgen. Zudem steige gleichzeitig die Menge an Daten, die verarbeitet und verteilt werden müssen, exponentiell an.

Komplette Veränderung der IT

"Damit erbringt die IT nicht mehr in erster Linie aus dem Prozessdesign Wettbewerbsvorteile für Unternehmen, sondern aus dem Management von Informationen, der Datenanalyse und vor allem der Befähigung ihrer Knowledge-Worker durch adäquate Technologie", sagt Andrew Horne. Gleichzeitig würden Infrastruktur und Applikationen für das Back-Office zunehmend als virtualisierte, konfigurier- und skalierbare Services verfügbar, ebenso wie komplette, standardisierte und industrialisierte Business-Prozesse für das Back-Office, die von externen Providern angeboten werden. Auch die Frontend-Landschaft werde davon betroffen sein: "Das Zusammenfließen von Virtualisierung, SaaS und Unified Communications, kombiniert mit einer größeren Mobilität der Mitarbeiter, wird den gesamten Desktop-Bereich komplett verändern und zu geräteunabhängigen Services und Applikationen führen", prophezeit Analyst Horne.

Und was machen die IT-Abteilung und der CIO in diesem Szenario? "Richtig ist, dass die technologische Bedeutung von IT nicht weiter wachsen wird", sagt Strategieberater Herold. Das hieße aber keinesfalls, dass die technologische Verantwortung deshalb beim Business-Management besser angesiedelt wäre. "Das Business bleibt wie bisher verantwortlich für die Ergebnisse und Effizienz pro Wertschöpfungskette. Der Organisation/IT wird nach wie vor die Aufgabe der Integration und der Unterstützung des Managements mit Technologie- und Prozessberatung zufallen."

Zwar bestreitet der Strategie-Experte die Studientrends nicht, beurteilt ihre Auswirkungen aber anders. Es gebe erhebliche kulturelle und branchenabhängige Unterschiede, die das Maß und die Geschwindigkeit der Veränderungen beeinflussen. Auch die Zunahme der Zahl der Knowledge-Worker sei bisher vor allem in Branchen wie Consulting oder IT zu verzeichnen. "Waren und Service produzierende Unternehmen werden weiterhin mehrheitlich nicht von Knowledge-Workern betrieben, sondern von Menschen, die mit optimierten Prozessen rationell und mit hoher Qualität wiederkehrende Produkte produzieren", sagt Herold.

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