Zahlungsmittel
Mastercard: "Bargeld ist eine eklige Angelegenheit"
"Bargeld ist eine eklige Angelegenheit", so drastisch formuliert es Mastercard. Der Kreditkartenanbieter sieht sich durch Studien und Umfragen bestätigt: 26.000 potenziell gesundheitsschädliche Bakterien tummeln sich demnach auf einer durchschnittlichen europäischen Banknote. Und zwei Drittel der Europäer seien überzeugt, dass der Umgang mit Münzen oder Banknoten unhygienisch ist und Dreck an den Fingern hinterlässt. Soweit die Theorie. Praktisch zahlen Verbraucher zum Beispiel in Deutschland immer noch vor allem bar - trotz aller technischen Neuerungen zum bargeldlosen Bezahlen.
"Bargeld ist nach wie vor das beliebteste Zahlungsmittel in Deutschland und wird es auf absehbare Zeit wohl auch bleiben", konstatiert Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele beim 2. Bargeldsymposium der Deutschen Bundesbank am Montag in Frankfurt.
In der Tat: Ob Mark und Pfennig oder Euro und Cent - die Deutschen bleiben ihrem Bargeld treu. Noch. Im Einzelhandel nimmt der Anteil der Kartenzahlungen seit Jahren kontinuierlich zu. Nach jüngsten Zahlen des Handelsverbandes Deutschland (HDE) stieg er auf 42,6 Prozent. Mit Bargeld zahlten Verbraucher demnach im Jahr 2013 in 54,4 Prozent der Fälle. Im Euroraum werden nach Angaben von Yves Mersch, Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB), noch nahezu 90 Prozent aller Zahlungen unter 20 Euro bar getätigt.
"Ich will nicht darüber spekulieren, wann das Bargeld in Deutschland abgeschafft wird. Ich bin mir aber sicher: Die Deutschen sind in Europa die letzten, die das Bargeld abschaffen werden", sagt Ludger Gooßens, Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV).
In den Niederlanden beispielsweise werde Bargeld nur noch für 37 Prozent der Einkäufe genutzt, in Schweden gerade noch für 20 Prozent. "Schweden und Finnen denken ernsthaft darüber nach, das Bargeld abzuschaffen. Der Kunde treibt diese Entwicklung", erklärt Gooßens. Die Sparkassen rechneten damit, dass der Bargeldanteil in Deutschland in den nächsten drei Jahren unter 50 Prozent fallen wird.
Den Kaffee beim Bäcker, die Zeitung am Kiosk, das Ticket am Fahrscheinautomat kontaktlos quasi im Vorbeigehen bezahlen - per Plastikkarte oder Smartphone. Die Technik gibt es längst und Kreditkartenfirmen sowie BankenBanken und Sparkassen treiben sie auch in Deutschland voran. "Es gibt längst schnellere und bequemere Zahlungsverfahren, Zahlungsverfahren, die auch günstiger sind", betont Gooßens. Top-Firmen der Branche Banken
"Inzwischen lassen technische Neuerungen Bargeld alt aussehen", pflichtet der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing bei. Aber sind elektronische Bezahlverfahren auch sicherer? "Es bedurfte nicht des NSA-Skandals, um Vorbehalte gegenüber bargeldlosen Zahlungsmethoden bezüglich Überwachung und gegebenenfalls Manipulation auszulösen", resümiert Issing. "Wirkliche Anonymität gewährt nur das Bargeld."
"Online-Banking ist ein Segen, aber nur für Geheimdienste und für Kriminelle" - kommentierte der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger in seinen "Regeln für die digitale Welt" in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Und: "Plastikkarten sind nicht nur billiger herzustellen. Sie sind auch unseren Aufpassern lieber, denn sie erlauben es, jede beliebige Transaktion zurückzuverfolgen."
Handel und Kreditwirtschaft führen gerne die hohen Kosten für Schein und Münze als Argument für neue Bezahlsysteme ins Feld. Bei den Sparkassen schlägt die Bargeldlogistik nach Angaben von Gooßens mit jährlich 1,1 Milliarden Euro zu Buche: "Das ist ein dicker Brocken."
Auch für die Bundesbank ist der logistische Aufwand immens. Nach Thieles Angaben prüft die Notenbank jährlich fast 15 Milliarden Banknoten auf Echtheit und darauf, ob ihre Zustand noch gut genug ist, um sie weiterhin im Umlauf zu halten. Somit bewege die Bundesbank im Jahr annähernd 15 000 Tonnen Geldscheine.
Sparkassenvertreter Gooßens ist überzeugt: "Bargeld wird wegen der Einfachheit seiner Handhabung noch lange eine Rolle spielen. Die Zukunft aber gehört den elektronischen Verfahren." (dpa/rs)