Stress im Job

Millionengehalt, aber kein Mittagessen

23.01.2019
Von Simon Hage

Es geht weiter mit psychosomatischen Problemen wie Verdauungsbeschwerden, Kopfschmerzen oder Rückenproblemen - jeweils ohne somatischen Befund. Sprich: Man lässt sich beispielsweise wegen starker Rückenschmerzen röntgen, doch der Orthopäde findet nichts. Auf der nächsten Stufe folgen psychische Symptome: anhaltende Niedergeschlagenheit und die Unfähigkeit, emotionale Ressourcen zu mobilisieren.

Wie viele Menschen leiden an Burnout-Problemen, ohne es zu wissen?

Bernd Sprenger: Da kann ich keine konkreten Zahlen nennen. Allerdings stellen wir hier in der Klinik fest, dass immer mehr Menschen an entsprechenden Symptomen leiden. Dabei handelt es sich primär um besonders Leistungsfähige und Leistungswillige. Ein Spruch besagt: Man muss erst einmal brennen, um ausbrennen zu können. Primär betrifft die Burnout-Problematik also Menschen, die etwas im Beruf erreichen wollen und Idealismus besitzen. Wer seine Arbeit eher auf die leichte Schulter nimmt, ist weniger gefährdet.

"Komplexität unterschätzt"

Sie plädieren also für mehr Gleichgültigkeit im Job?

Bernd Sprenger: Oh nein, das wäre ein großes Missverständnis. Ich rate dazu, das Engagement so zu dosieren, dass man leistungsfähig bleibt. Eine gleichgültige Haltung gegenüber dem Job macht auf Dauer ebenfalls krank, weil man dann keinerlei innere Anbindung an seine Tätigkeit empfindet.

Es geht darum, einen Mittelweg zu finden zwischen völliger Teilnahmslosigkeit und einem Übereifer, der an die Substanz geht. Wer sich häufig überfordert fühlt, sollte beispielsweise verstärkt Unterstützung von Kollegen wahrnehmen und Aufgaben delegieren. Dadurch gewinnt eine Führungskraft Ruhe und Kreativität für die wirklich wichtigen Aufgaben.

Sind ältere Führungskräfte stärker vom Burnout betroffen?

Bernd Sprenger: Nein, das ist ganz unterschiedlich. Jüngere Führungskräfte sind in der Regel zwar körperlich und psychisch sehr fit, darüber hinaus sehr gut ausgebildet. Sie unterschätzen aber häufig die Schwierigkeit der Aufgabe - die soziale Komplexität des Unternehmens: Wie sind die Hierarchien strukturiert? Welche Kommunikationsregeln existieren? Ältere, erfahrene Fachkräfte kommen damit ganz gut zurecht, verlieren aber häufig den Anschluss bei technischen Neuentwicklungen und fühlen sich dadurch überfordert.

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