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Prozessoptimierung

Neue Methode: Aus Kanban und ITIL wird Kanbil

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Sönke Björn Vetsch, CIO der Börse Stuttgart: "Jeden Morgen wird vor dem Kanban-Board reflektiert, wie der Tag gelaufen ist und weshalb Dinge schief gingen."
Sönke Björn Vetsch, CIO der Börse Stuttgart: "Jeden Morgen wird vor dem Kanban-Board reflektiert, wie der Tag gelaufen ist und weshalb Dinge schief gingen."
Foto: Börse Stuttgart

Während sich Kanban in der Software-Entwicklung schon als evolutionäre Veränderungs-Methode bewährt hat, ist die Besonderheit am Stuttgarter Kanban-Weg, den Bereich ITIL und dessen Prozess-Mess-Größen miteinzubeziehen. Diese Kombination von Kanban und ITIL nennt die Börse Stuttgart Kanbil. Begonnen habe es vor einem Jahr damit, dass erst einmal die Software-Architekten in einer zweitägigen Schulung an Kanban herangeführt wurden, so Vetsch. Vermittelt hat die Methode der Kanban-Experte Klaus Leopold von LEANability.

Tägliches Treffen vor dem Kanban-Board

Die Software-Architekten habe man sich bewusst als Pilot-Gruppe herausgegriffen: „Als innovative und stets unter Last stehende Gruppe sollte dieser Personenkreis diese Art von neuem Vorgehen im Einklang mit unserem Software-Konstruktions-Prozess praktisch anwenden und testen“, so Vetsch. Es sei erstaunlich gewesen, dass diese Mitarbeiter komplikationslos auf den evolutionären Veränderungszug aufgesprungen sind. „Jeden Morgen wird vor dem Kanban-Board reflektiert, wie der Tag gelaufen ist und weshalb Dinge schief gingen“, so Vetsch. Schnell habe sich eine Art Begeisterung darüber eingestellt, auf diese Weise den Problemen auf den Grund gehen zu können.

Die stärkste Waffe ist die Sprache, im offenen Feedback-Dialog wird transparent auf Verzögerungen, mangelnde Qualität und fehlende Steuerung eingegangen. Das Board führt den Mitarbeitern offensichtliche Behinderungen vor Augen. Der Leitgedanke: Nicht der Einzelne hat seine Arbeit nicht in der erwarteten Qualität liefern können, sondern das System „tradeIT“, die Informatik der Börse Stuttgart.

Die Resultate seien beeindruckend, so Vetsch: Mitarbeiter, die Prozesse nicht nur leben sondern auch kontinuierlich verbessern, zügiger Abbau von Langläufer-Tickets, starke Reduktion der Durchlaufzeiten, sehr hohe Termintreue und grundsätzliche Akzeptanz, der täglichen Veränderung positiv entgegenzutreten. „Die Hälfte aller Tickets können wir jetzt schneller bearbeiten oder sie tauchen erst gar nicht auf“, sagt der CIO.

KPI machen Ursachen nicht sichtbar

„Wir leben in einem Change-Business“, so Vetsch weiter. Die Schwierigkeit in der Vergangenheit lag darin, dass man zwar die Key Performance Indicators (KPIs) messen konnte, aber dadurch nicht erfuhr, was die Ursachen von langen Durchlaufzeiten waren. „Jetzt haben wir die Messpunkte aus ITIL mit Kanban verheiratet“, berichtet Vetsch. Dank der gemeinsamen Fehlersuche lasse sich feststellen, wo genau der Prozess hängt, welche Bottlenecks den Ablauf wie behindern.

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