Mitarbeiterführung

Raus aus dem Einheitsbrei

01.04.2014
Von Harald Schumacher, Henryk Hielscher, Michael Kroker, Jürgen Salz, Mario Brück, Hans-Jürgen Klesse und Peter Steinkirchner

Zufriedenere Mitarbeiter sind kreativer

Die Mitarbeiter einfach mal machen lassen - auf diese Idee verfallen auch andere Unternehmen, vom Sensorenhersteller bis zum IT-Konzern. Die Folgen sind greifbar: Die zufriedeneren Mitarbeiter sind kreativer. Mehr Freiheiten fördern zudem das Image des Arbeitgebers, wenn sich in Zeiten des demografischen Wandels der Wettbewerb um Fachkräfte verschärft.

"Das Interesse der Unternehmen, den Mitarbeitern mehr Freiräume zu geben, wächst", sagt Erik Bethkenhagen, Geschäftsführer bei Kienbaum in Gummersbach bei Köln, der vor allem die Personalabteilungen von Unternehmen berät. Ein Grund sind die steigenden Ansprüche der Mitarbeiter an ihre Tätigkeit. Soziologen haben Absolventen, die derzeit von den Hochschulen in die Unternehmen strömen, "Generation YGeneration Y" (abgeleitet vom englischen "why") getauft. Die Mitarbeiter von morgen stellen häufiger als früher die Sinnfrage und wollen sich stärker im Beruf verwirklichen, gleichzeitig aber auch genügend Zeit für Freizeit und Familie haben. "Denen müssen die Unternehmen etwas bieten", sagt Berater Bethkenhagen. Alles zu Generation Y auf CIO.de

Dabei sind mehr Freiheit, Freizeit und Flexibilität für die Unternehmen kein Selbstzweck. Den meisten, die derzeit bei ihm anfragen würden, gehe es "nicht um Philanthropie oder um demokratischere Strukturen im Betrieb". Im Vordergrund stehe schlicht, "die Potenziale der Mitarbeiter zu heben". Die Formel vieler Unternehmer ist deshalb sehr einfach. "Zufriedenere Teams sind erfolgreichere Teams", sagt Ana-Cristina Grohnert, Personalchefin bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, früher Ernst & Young. "Das lässt sich klar belegen."

Die Palette der Freiheiten, die die Unternehmen in dieser Absicht ihren Mitarbeitern gewähren, ist vielfältig. Ideen dazu gibt es in Firmen aller Klassen, in der 23-Mitarbeiter-Agentur CPP aus Offenbach ebenso wie im Weltkonzern Adidas.

Während andere arbeiten, dürfen die Beschäftigten am Konzernsitz im fränkischen Herzogenaurach Sport treiben, so oft und so lange sie wollen - sofern sie die Zeit morgens oder abends dranhängen. Die 3.400 Mitarbeiter in der Zentrale können aus mehr als 200 kostenpflichtigen Kursen wählen - von Yoga und Pilates bis hin zu Fußball, Basketball, Boxen oder Squash. Wer will, kann seine Laufrunden im eigenen Adi-Dassler-Stadion mit dem WM-tauglichen Rasen drehen. Im nächsten Frühjahr eröffnet auf dem Firmengelände ein 1.100 Quadratmeter großes Fitness-Center. Bald soll auch der 15 Meter hohe künstliche Kletterfelsen stehen.

Der Leistungsdruck ist immens bei Adidas, der Konkurrenzkampf in der Sportartikelindustrie hart. Mit einem Jahresumsatz von knapp 15 Milliarden Euro rangieren die Franken mit großem Abstand auf Platz zwei hinter dem US-Giganten Nike. Um nicht zurückzufallen, zählt jede Minute. Die Idee, Mitarbeitern trotzdem freizugeben für Sport während der Arbeitszeit, stammt vom kalifornischen Outdoor-Ausrüster Patagonia. Dessen Gründer Yvon Chouinard lässt seine Leute während der Arbeit im Pazifik surfen. Dem Erfolg tut das keinen Abbruch: Der Patagonia-Umsatz, der für 2013 bei etwa 600 Millionen Dollar liegt, wächst seit Jahren zweistellig.

Auch Adidas profitiert, wenn die Gehirnzellen der Mitarbeiter etwa beim Laufen stimuliert werden. Produktmanager Andrew Barr zum Beispiel schnürt gemeinsam mit Kollegen mittags häufiger mal die Laufschuhe. "Klar sprechen wir dabei auch immer wieder über neue Produktideen", sagt der gebürtige Schotte.

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