Neues Lizenzmodell
SAP regelt indirekte Nutzung neu
Klare Grenzen zwischen Vertriebs- und Audit-Abteilung
In diesem SAP-Bermuda-Dreieck zwischen Kunde, Vertrieb sowie Audit-Abteilung kam in der Vergangenheit offenbar der eine oder andere Sturm auf. So sei es immer wieder zu Differenzen zwischen Kunden und SAP gekommen, wie ältere Vertragswerke hinsichtlich der neuen digitalen Anforderungen zu interpretieren seien, räumt SAP ein. Dies habe sich teilweise negativ auf parallel verlaufende Gespräche zur Neuanschaffung von Software ausgewirkt. Die organisatorischen Änderungen auf SAP-Seite erlaubten es nun, diese Sachverhalte zu trennen, und ermöglichten unabhängige Diskussionen. Das erleichtere Kunden und Mitarbeitern aus dem SAP-Vertrieb die Zusammenarbeit.
Künftig werde sich allein der Bereich Global License Auditing Services um Themen rund um Compliance und Audits kümmern, kündigte der für diesen Bereich bei SAP verantwortliche Vice President Matthias Medert an. Er sprach von einem konsistenten weltweit einheitlichen Regelwerk für alle Segmente, Regionen und Branchen. Es werde künftig klare Regeln geben, wie Lizenz-Audits abzulaufen hätten. Gleiches gelte für die Kommunikationsregeln zum Audit-Inhalt sowie die damit verbundenen Zeitabläufe. Kunden erhielten einen Ergebnisbericht und es werde klar definierte Wege des Einspruchs und der Drittprüfung geben.
Auch Medert gab zu, dass es rund um das Audit-Thema in der Vergangenheit Unstimmigkeiten in der Kommunikation der verschiedenen SAP-Abteilungen mit den Kunden gegeben habe. Das will der SAP-Manager allerdings nicht so gedeutet wissen, dass der SAP-Vertrieb mit Audits gedroht habe, um Lizenzverträge zum Abschluss zu bringen. Vielmehr hätte es Verwirrungen gegeben, wenn im Zuge von Lizenzverkäufen eine Vermessung notwendig geworden war, dies vom Vertrieb kommuniziert, dann aber von einer anderen SAP-Abteilung ausgeführt wurde.
Solche Konfusionen soll es künftig nicht mehr geben, stellt Medert klar. In Zukunft werde es eine klare Trennung zwischen License Audit und Sales geben. Allein der Bereich Global License Auditing Services werde in Zukunft Audits ankündigen und durchführen dürfen. "Wir wollen für die Nutzung unserer Software entlohnt werden", konstatierte der SAP-Manager. "Wir wollen im Gegenzug aber auch unsere Kunden fair behandeln."
Wichtiger Schritt, um Vertrauen zurückzugewinnen
Andreas Oczko, DSAG-Vorstand Operations/Service & Support und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Nutzervertretung, begrüßt, dass SAP hier klare Grenzen zieht. Das gemeinsame Auftreten von Vetriebs, Audit- und Compliance-Managern von SAP beim Kunden bezeichnete er als Schwäche, die nun ausgeräumt werde. "Was wir über längere Zeit intensiv mit SAP diskutiert und seit dem DSAG-Jahreskongress im Herbst des vergangenen Jahres konkret gefordert haben, wird nun von SAP auf den Weg gebracht."
Das neue SAP-Lizenzmodell, das sich an der Wertschöpfung orientiert, die durch das Anlegen und Auslösen bestimmter Transaktionen und Dokumente im SAP-ERP-System erzielt wird, bewertet Oczko positiv. "SAP hat mit diesem innovativen Modell einen wichtigen Schritt getan, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen, das in letzter Zeit etwas verloren gegangen schien." Das Thema indirekte Nutzung sei insgesamt weiter konkretisiert worden. Definitionen seien verbessert und einige Szenarien und Sachverhalte, wie das Lesen von Daten in Drittsystemen aus SAP heraus oder auch das Schreiben von Stammdaten aus Drittsystemen, zum Vorteil der Kunden mit aufgenommen worden.
Neues Lizenzmodell muss sich noch beweisen
Aber, so mahnt der Anwendervertreter, das neue Preismodell müsse sich erst noch in der Realität bewähren. Weitere Schritte und Anpassungen müssten folgen. Gerade für die Bestandskunden stelle sich die Frage, ob das neue Modell wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar sein wird. Wichtig wäre aus Sicht der DSAG, dass SAP individuelle Gespräche mit einzelnen Kunden sucht, um zeitnah eine tragfähige und faire Lösung für die indirekte Nutzung unter Berücksichtigung der Altverträge und der Vertragshistorie zu finden, die in vielen Unternehmen Jahrzehnte zurückreicht. "Diese Vereinbarungen müssen legal verbindlich, für beide Seiten nachhaltig und wirtschaftlich sinnvoll sein und einen Schlussstrich unter dieses Thema ziehen", konstatiert Oczko. "Die Wahlmöglichkeit zwischen 'Alles bleibt wie es ist' und dem neuen Lizenzmodell ist nicht in jedem Fall ausreichend."
Derzeit sei das neue Modell schwierig zu bewerten, zumal die Preise noch nicht feststehen. "Das wird entscheiden, ob es ein gutes oder ein schlechtes Modell sein wird", stellt Oczko nüchtern fest. Doch auch wenn die Preise feststehen, müssten die Unternehmen erst prüfen, ob sich ein Umstieg auf das neue Modell überhaupt lohnt. Das dürfte jedoch alles andere als einfach werden, gerade für Anwender mit älteren Systemen. Tools, die bei der Vermessung helfen, würden zunächst für die aktuellen ERP-Releases bereitstehen, mutmaßt der DSAG-Experte. Anwender mit älteren SAP-Landschaften würden sich gedulden müssen. Oczko geht davon aus, dass es an der einen oder anderen Stelle durchaus zwei bis drei Jahre dauern könnte, bis Klarheit herrscht.