Wireless-LAN-Telefonie

Strippen raus!

07.07.2003
Von Patrick Goltzsch
Das Telefonieren über Hotspots soll immer wichtiger, der Markt für WLAN-Telefone immer größer werden, prophezeit das US-amerikanische Marktforschungsinstitut In-Stat/MDR. Beim Stuttgarter Autoteilehändler Trost ist die Verknüpfung von Telefon und WLAN bereits Realität.

Seit Ende der 90er-Jahre warten Hersteller von Wireless-LAN-Telefonielösungen auf den Durchbruch dieser Technologie. In diesem Segment seien vergangenes Jahr nur 30000 Telefone ausgeliefert worden, so das US-Marktforschungsunternehmen In-Stat/MDR; das entspricht einem Gesamtumsatz von rund 16,5 Millionen Dollar (14 Millionen Euro). Kräftiges Wachstum soll indes bis 2007 für eine Steigerung des Umsatzes auf 507 Millionen Dollar (430 Millionen Euro) im Jahr sorgen. Selbst Netzwerkanbieter Cisco will sein Portfolio erweitern und WLAN-fähige Telefone anbieten.

Praktische Anwendungen der WLAN-Telefonie sind in Deutschland noch rar. Zu den Vorreitern gehört Eugen Trost, ein Stuttgarter Großhändler für Autoteile. Das 1700-Mitarbeiter-Unternehmen mit einem Umsatz von 350 Millionen Euro (2002) setzt die WLAN-Telefonie seit März in einem neuen Lager ein; bei einer Fläche von drei Fußballfeldern und einer Höhe von 18 Meter finden hier auch Hochregallager Platz. "Allein die Größe hätte eine konventionelle Verkabelung erschwert", sagt EDV-Leiter Albert Hermann. Zudem sollten sich weitere Arbeitsplätze einrichten und zusätzliche Lagerflächen flexibel erschließen lassen. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, schrieb Trost einen Auftrag für eine weitgehend drahtlose Kommunikationsstruktur aus. "Dabei sollten alle Geräte - ob Rechner, Drucker, Handscanner, Gabelstapler oder Telefone - einen einheitlichen Funkstandard (802.11b, Anm. d. Red.) verwenden", erläutert Hermann.

Das günstigste Angebot machte Sektion Network Projects & Services (DTNPS), eine vor sechs Monaten gegründete Tochter der Deutschen Telekom, die als Partner Konzeption und Konfiguration des drahtlosen Netzwerks übernahm. Dabei wurden die Netze für die Lagerlogistik und den restlichen Datenverkehr voneinander getrennt; eine zentrale Schnittstelle sorgt für den Übergang. Einige Besonderheiten wurden aber aus der bisherigen Infrastruktur übernommen: Die tragbaren Telefone buchen sich über die Zugangspunkte ein und erhalten vom zentralen Server des Rechenzentrums in Ehningen ihre IP-Adresse.

Mehr Kapazität als nötig

Wolfgang Fuchs, Projektleiter der Telekom-Tochter, nennt eine weitere Besonderheit: "Die Funkstrecken wurden nicht auf die maximale Reichweite ausgelegt; dafür überlappen sich die einzelnen Funkzellen, um eine hohe Zuverlässigkeit zu erreichen." Die Datenpakete, die bei einer Bandbreite von bis zu elf Megabit übermittelt werden, sind relativ klein. "Es handelt sich vor allem um die Strichcodes der Artikel", sagt Fuchs. Ein Telefonat beansprucht etwa ein 80stel der nutzbaren Bandbreite. Derzeit gewährleistet die Software eine mittlere Sprachqualität. Wenn das Lager gefüllt ist, soll die endgültige Justierung der Antennen das Potenzial optimieren.

Seit März erlaubt die Funklösung den ersten der 80 Trost-Lagermitarbeiter die beleglose Zusammenstellung der Artikel für einen Auftrag, die Kommissionierung. Statt Aufträge im Büro abzuholen, sind sie nun mobil zu erreichen. Gabelstapler sind mit Bildschirmen ausgestattet, Computer und Akkus wurden auf Rollwagen montiert. Die über Funk eingehenden Informationen verweisen dann nicht nur auf die benötigten Artikel, sondern geben auch an, wo sie zu finden sind.

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