Inteview mit Parker Harris

Wie Salesforce.com high bleiben will

04.09.2015
Von John Gallant
Der Mitbegründer von Salesforce.com Parker Harris berichtet von den wichtigsten Wachstumsbereichen für seine Firma, den Herausforderungen der Innovation, der Zukunft des Programmierens sowie der flexiblen Infrastruktur. Er erklärt, wie der Cloud-Markt in wenigen Jahren aussehen wird.

Der Mitbegründer von Salesforce.com Parker Harris hat einen stillen aber gewichtigen Anteil am Erfolg des Unternehmens, das im Geschäftsjahr 2015 einen Jahresumsatz von 5,4 Milliarden Dollar (plus 32 Prozent) eingefahren hat und sich seit 1999 zu einem der wichtigsten Mitspieler im CRM-Markt entwickelt hat. Harris ist für alle Produktentwicklungen verantwortlich, genau wie für die Rechenzentren und all die andere Technologien des Cloud-Pioniers. Er hat auch die Plattform geschaffen, auf der all die Salesforce.com-Produkte sowie ihre Anwender auf der ganzen Welt zusammenfinden.

Parker Harris, Mitbegründer von Salesforce.com: "Wir nehmen den Blickwinkel des Kunden ein, nicht den des Verkäufers."
Parker Harris, Mitbegründer von Salesforce.com: "Wir nehmen den Blickwinkel des Kunden ein, nicht den des Verkäufers."
Foto: Salesforce

Im Interview mit dem IDG U.S. Media Chief Content Officer John Gallant erklärt Harris, wo er Wachstumspotentiale für Salesforce.com sieht, wie sich die Erwartungen der Kunden in den vergangenen Jahren verändert haben, und wie der Cloud-Markt in wenigen Jahren aussehen wird. Er zeigt auch, wie man Infrastrukturen im großen Stil betreibt, und wie Salesforce.com das Programmieren verändert hat. Auch lotet er aus, wie man in einem extrem innovativen Umfeld gegen junge, aufstrebende Firmen besteht, die dem Cloud-Giganten ans Zeug flicken wollen.

Erläutern Sie uns bitte zu Beginn des Gesprächs Ihre Rolle bei Salesforce.com.

Parker Harris: Ich bin einer der Mitbegründer der Firma und seit Beginn verantwortlich für die Entwicklung all unserer Produkte und Technologien. Heutzutage mache ich das in Zusammenarbeit mit Alex Dayon, unserem President of Products. Er bringt eine strategische Sichtweise ein, die ich neben meiner sehr technischen Ausrichtung aber auch mitbringe. Gemeinsam verantworten wir alles, jedes Produkt, jedes Verfahren, jedes Rechenzentrum. All die Rechenzentren laufen bei mir zusammen, also bin ich auch der Zuständige für unsere diesbezügliche Strategie.

Was ich allerdings nicht verantworte ist unsere interne IT-Abteilung. Mein Schwerpunkt liegt auf den Bedürfnissen unserer Kunden. Die Anliegen unserer Angestellten, die in der Regel ebenfalls unsere Produkte nutzen, werden aber von der internen IT-Abteilung befriedigt. Wir kooperieren aber viel.

Wie hat sich in Ihren Augen die Erwartungshaltung der Kunden Salesforce.com gegenüber geändert? Und wie haben sich die Kunden selbst verändert?

Parker Harris: Lassen Sie mich die zweite Frage als erstes beantworten. Unsere Kunden haben sich nicht wirklich verändert. Als wir anfingen galten wir als "dot.com"-Company, und unsere Kunden bestanden hauptsächlich aus Hightech-Firmen, die uns eine Chance geben wollten. Zunächst hatten wir viele kleine technikfokussierte Unternehmen aus vielen verschiedenen Branchen als Kunden, später dann immer größere. Unser Umsatz stammt heute ziemlich gleichmäßig von kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Der Übergang von den kleinen zu den großen Firmen ist unter Federführung unserer Sales-Abteilung vergleichsweise sanft vor sich gegangen. Aus einer technischen Sicht der Dinge heraus versuchen wir uns am Modell der Zwiebel, die von allen drei Parteien gleichermaßen genutzt werden kann. Deshalb sprechen wir von einer Platform-first-Strategie.

Wenn ich darüber nachdenke, was sich für uns verändert hat, dann fällt mir folgendes Phänomen auf: Vor Salesforce.com habe ich für eine Firma namens Metropolis Software gearbeitet. Das war zu der Zeit, als Siebel gerade groß wurde. Unser Thema war ebenfalls die Vertriebsautomatisierung, das war 1993. Aber was wir heute CRM nennen, unterscheidet sich radikal von dem, was 1993 auf dem Markt war. Und dafür sind nicht zuletzt unsere Kunden verantwortlich. Unsere Botschaft beziehungsweise unsere Vision war es, das Verhältnis zwischen unseren Kunden und deren Kunden zu verändern.

Uns geht es um Beziehungen, die unsere Kunden erfolgreicher machen sollen. Und wir fragen uns ständig, wie wir das für unsere Kunden noch besser hinbekommen. Die erklären uns, dass sie sich verändern wollen. Es geht also nicht so sehr darum, neue Häkchen setzen zu können oder um Salesforce-Automatisierung generell. Unsere Kunden haben neue Erwartungen an uns, sie sind mobil geworden und in Social Networks unterwegs , darauf müssen wir reagieren. Oft hatten wir viel Erfolg, wenn man uns einfach um Hilfe fragte. Wir sind dann mehr in der Rolle eines Beraters, und zwar bei vielen Kunden - sehen Sie sich beispielhaft unser Projekt Ignite an.

Dabei handelt es sich um ein kleines Projekt, bei dem wir uns zuallererst immer mit dem Kunden zusammensetzen und versuchen, ihn zu verstehen: "Welche Art von Geschäft betreibt ihr?" Dann erst kommen wir auf unsere Visionen und unsere Techniken zurück und spiegeln die auf den Kunden. Und dann sagen wir: "So könnte deine Zukunft aussehen."

Marc (Benioff, CEO) würde an dieser Stelle das Beispiel von DuPont bringen, einem unserer Kunden, der davon überzeugt ist, dass die Landwirtschaft vor einem dramatischen Wandel steht - bald schon werden Traktoren mit allen möglichen Devices und Sensoren ausgerüstet sein. Sie werden den Boden nicht nur bearbeiten sondern gleichzeitig untersuchen, ob er Nährstoffe braucht etc. Und die können dann auch gleich an Ort und Stelle bestellt werden. Der Anbieter der Nährstoffe weiß das vielleicht schon längst, weil er Drohnen im Einsatz hat… das ist alles ziemlich abgefahren. Der Punkt ist aber, dass wir gemeinsam eine Vision entwickeln und herausfinden, wie unsere Technik bei der Umsetzung behilflich sein kann. Es geht uns keinesfalls darum, den Laden aufzumischen und alles neu zu machen.

Salesforce-Mitgründer Marc Benioff (links im Bild) und Parker Harris.
Salesforce-Mitgründer Marc Benioff (links im Bild) und Parker Harris.
Foto: Salesforce

Als wir begannen, kümmerten wir uns ausschließlich um Vertriebsautomatisierung. Wir kamen also rein und sagten: "Ihr habt Siebel im Call Center? Sehr gut! Siebel macht sich da super. Und wir können Salesforce-Automation ziemlich gut, wir sollten das integrieren." Heute können wir auch Call Center, wir können Marketing, sind aber mit dem Backend-ERP integriert, SAP und Oracle, manchmal auch Microsoft. Wir sagen den Kunden: "Kein Problem für uns, ändern Sie nichts. Aber falls Sie doch etwas ändern wollen: Auf AppExchange finden Sie die Angebote unserer Partner. Die sind auch klasse."

Wir nehmen den Blickwinkel des Kunden ein, nicht die des Verkäufers. Wir wollen Sie nicht dazu bringen, dass Sie uns alles abnehmen. Obwohl das umsatztechnisch natürlich sehr vorteilhaft für uns wäre. Aber lieber wollen wir wissen, was bei Ihnen gut funktioniert und wo Sie mit unserer Hilfe noch erfolgreicher werden können. Unser Geschäftsmodell basiert ja auf Abonnements, also machen wir nur Geld, wenn unsere Kunden zufrieden sind. Unsere Technologie liegt in der Cloud und ist mandantentauglich. Dass alles obliegt meiner Verantwortung. Wir gehen eine Art symbiotisches Verhältnis mit den Kunden ein - mit Erfolg für alle Seiten.

Zur Startseite