Alignment von IT und Business
Auf Linie
Zygmunt Mierdorf ist über solche Kritik erhaben. In puncto Alignment genießt er allerdings auch gegenüber vielen Kollegen einen entscheidenden Vorteil: Er sitzt im vierköpfigen Vorstand des Düsseldorfer Handelsriesen. Dort vertritt er neben der IT noch die Bereiche Personal, Immobilien und Logistik. Obwohl der 52-Jährige kein Techniker ist und von der Business- Seite kommt, gilt die IT der Metro als richtungsweisend und in der Branche vorbildlich. Gerade erst ist Mierdorf mit dem „ECR Best Practice Award 2004" (Efficient Consumer Response) ausgezeichnet worden. Die Kölner Zentrale für Coorganisation (CCG), ein Netzwerk der Konsumgüterwirtschaft zur Optimierung unternehmensübergreifender Geschäftsprozesse, hat ihm den Preis in der Kategorie „Unternehmerpersönlichkeit" verliehen.
Doch auch Mierdorfs Einser in Alignment gerät ins Wanken, als er zu einzelnen Fragen der sechs Disziplinen Stellung nimmt. Beispiel: Kennzahlen. Mierdorf hält nichts von zu vielen Prüfziffern: „Wie wollen Sie den Wertbeitrag eines Instruments messen, das im Geschäft unabdingbar gebraucht wird?“ In der Disziplin „Wertbeitrag/ Controlling“ erzielt er somit wie viele andere CIOs keine besonders guten Werte. In fast jedem vierten Unternehmen wird der Wertbeitrag der IT gar nicht gemessen – weder auf Basis von IT-Kennzahlen noch auf Basis von Geschäftskennzahlen. Nur jedes vierte Unternehmen misst auf Basis von IT-KPIs (Key Performance Indicators) mit kontinuierlicher Überprüfung. In fast jedem fünften Unternehmen sind keine Service-Level-Agreements vorhanden. Benchmarking wird größtenteils gar nicht (25 Prozent) oder nur selten und oberflächlich (28 Prozent) durchgeführt.
Selbst-Marketing fehlt
Noch immer fehle es auch an einem gesunden Selbst- Marketing. Nach dem Niedergang der NewEconomy und dem öffentlichkeitswirksamen Requiem „IT doesn’t matter“ wurde der Refrain von der lediglich prozessunterstützenden Rolle der IT so lange nachgesungen, bis es schließlich auch der Letzte glaubte und sich nahezu jeder CIO brav hauptsächlich Konsolidierungs- und Sparmaßnahmen verordnete. „Dabei befinden wir uns in einem Schweinezyklus. Mit der IT geht es wieder bergauf, höchste Zeit, dass die IT ihre Rolle als Impulsgeber und Innovator wieder entdeckt“, appelliert Müller. Noch immer werde der CIO vor allem jedoch als Dienstleister gesehen. Und daran ist vor allem einer schuld: der CIO selbst. Denn er sieht sich selbst genau so. Dabei idealisiert er den Status quo und bewegt sich damit im Spannungsfeld zwischen mangelndem Selbstbewusstein und Selbstüberschätzung.
Die verdrehte Selbstwahrnehmung folgt der schwindenden Bedeutung, die IT in Unternehmen zu haben scheint, oder trägt sogar zum Machtverlust bei: Lediglich jeder dritte CIO (31 Prozent) ist laut Umfrage letzte Entscheidungs- oder Genehmigungsinstanz in IT-Strategie Fragen, 29,5 Prozent setzen zumindest Vorgaben für Geschäftsziele, Direktiven, Standards und Budgets (siehe Schaubild Seite 28). Nur jedes zweite Unternehmen (53 Prozent) bezieht die IT überhaupt aktiv in ihren Planungsprozess mit ein (Schaubild S. 28). Mierdorf ist in diesem Punkt eine Ausnahme. „Die Zentrale gibt vor, die Anforderungen kommen aus den Vertriebsbereichen“, erläutert er. Im Steering Committee unter seiner Leitung sind die IT-Verantwortlichen der Vertriebslinien und Querschnittsgesellschaften vertreten. Schon längst habe sich die IT von der bloßen Support-Funktion zum unverzichtbaren Bestandteil des operativen Geschäfts entwickelt.