Arbeitsmarkt-Studie

Baby-Boomer gehen, Mitarbeiter fehlen

Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Schlechte Nachrichten vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) für Arbeitgeber: Auf dem deutschen Arbeitsmarkt fehlen bis 2035 mehr als fünf Millionen Erwerbstätige.
Arbeitgeber müssen in Sachen Mitarbeiterbindung kreativer werden: Laut einer aktuellen Studie erwägen drei Viertel der Beschäftigten, ihre Firma zu verlassen.
Arbeitgeber müssen in Sachen Mitarbeiterbindung kreativer werden: Laut einer aktuellen Studie erwägen drei Viertel der Beschäftigten, ihre Firma zu verlassen.
Foto: Ollyy - shutterstock.com

In den nächsten 15 Jahren wird sich die deutsche Wirtschaft drastisch wandeln: Die Generation der so genannten Baby-Boomer geht in Rente. Auf dem Arbeitsmarkt fehlen bis 2035 mehr als fünf Millionen Erwerbstätige. Eine neue IW-Studie, die gemeinsam mit der NEW WORK SE, Kienbaum Consultants International und StepStone entstanden ist, hat nun die Folgen dieses Wandels untersucht. Das Ergebnis: Es drohen Milliardenverluste bei einem 'Weiter-so'. Gleichzeitig denken laut aktueller Umfrage drei von vier Beschäftigten in der Corona-Zeit mindestens gelegentlich über einen Jobwechsel nach.

"Wir brauchen eine Unternehmenskultur-Revolution"

Neben den passenden Rahmenbedingungen von Seiten der Politik sind vor allem Unternehmen gefragt, sich zu ändern. "Wir brauchen nicht weniger als eine Unternehmenskultur-Revolution am Arbeitsmarkt", so Petra von Strombeck, Vorstandsvorsitzende der New Work SE. Wenn Unternehmen sich nicht veränderten, werden sie in Zukunft keine Beschäftigten haben. Denn: Die Baby-Boomer gehen in Rente, die anderen laufen weg. "Beschäftigte suchen sich heute den Arbeitgeber, der kulturell zu ihnen passt", ist sie überzeugt. Da war Corona die erste Welle, aber der Tsunami werde folgen. Die Konsequenzen des Fachkräftemangels und einer alternden Gesellschaft seien in vielen Unternehmen noch gar nicht angekommen.

Dabei haben Beschäftigte laut aktueller Befragung ein Interesse an harten Fakten (Geld, Titel, Aufstieg etc.), aber sie haben auch ein großes Interesse an vermeintlich weichen Faktoren wie der Unternehmenskultur. Fragt man die Unternehmen, dann ist Geld der wichtigste Wechselgrund von Beschäftigten (43 Prozent), gefolgt von Karriereoptionen (36 Prozent) und knapp dahinter auf Rang drei, dem Betriebsklima (34 Prozent). Aus Sicht der Beschäftigten stellt sich dies ähnlich dar: Für Beschäftigte ist Gehalt der wichtigste Wechselgrund (49 Prozent), gefolgt von Karrieremöglichkeiten (43 Prozent). Dabei ist auch für Beschäftigte das Betriebsklima mit 38 Prozent ein wichtiges Motiv für den tatsächlichen Jobwechsel.

Menschen, die ihr Unternehmen selbst als veränderungsbereit beschreiben, sind zufriedener mit ihrem Job als Menschen, die das nicht von ihrem Unternehmen behaupten. So sagen 57 Prozent der Befragten, die in einem Unternehmen mit Transformationserfahrung arbeiten, dass sie derzeit sehr zufrieden oder zufrieden mit den Arbeitsinhalten in ihrem Job sind. Bei Unternehmen, in denen die digitale Transformation keine große Rolle spielt, sind nur 50 Prozent der Befragten zufrieden mit den eigenen Arbeitsinhalten.

Sinnvolle Arbeit wird gesucht

Gleichzeitig bleiben Beschäftigte ihrem Unternehmen erhalten, wenn sie ihre persönliche Arbeit als sinnvoll erachten. Bei sinnvoller Tätigkeit denkt fast die Hälfte der Befragten nie oder nur wenige Male im Jahr über einen Jobwechsel nach. Bei nicht sinnvoller Arbeit ändert sich das Bild. Dann steigt die Wechselbereitschaft deutlich und nur noch jeder Fünfte macht sich keine oder wenig Gedanken über potenzielle neue Arbeitgeber. "Wir können in Deutschland noch so viele stille Reserven für den Arbeitsmarkt haben: Wir Unternehmen müssen uns fragen, wie wir unter anderem Mütter und Ältere besser integrieren oder wie wir Beschäftigte, die nur Dienst nach Vorschrift machen, wieder motivieren", sagt Petra von Strombeck.

Im Rahmen der Studie von IW, Kienbaum, NEW WORK und StepStone wurden 7920 Personen zwischen 18 und 67 Jahren im Juni 2021 befragt. Die Stichprobe gliedert sich in 2.399 Führungskräfte, Beschäftigte mit Rekrutierungsverantwortung oder Selbstständigen mit Beschäftigten als Unternehmensvertreter und 5.521 Beschäftigte ohne Führungs- und Rekrutierungsverantwortung. Arbeitsuchende, Schüler, Studenten, Auszubildende, Rentner sowie Freiberufler und Solo-Selbstständige waren nicht Teil der Befragungsstichprobe.

Zur Startseite