AOK will Krankenkassen-Standard durchsetzen
Baustelle mit Risiko
Vor fünf Jahren entwarf Herbert Reichelt erstmals Pläne einer Standardlösung für die Krankenversicherungsbranche: Kundenmanagement, elektronischer HandelHandel, Internet-basierte Technologien. Seitdem ist einiges geschehen, vieles davon hinter verschlossen Türen. Einen Branchenstandard gibt es immer noch nicht, doch für den IT-Chef des Bundesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) läuft alles nach Plan.
Rückblick: Im Januar 1999 gründet die AOK ihre ITTocher AOK-Systems; ein drei viertel Jahr später beginnen die Gespräche mit dem ERP-Spezialisten SAPSAP. Erst im Juni letzten Jahres, also eineinhalb Jahre später, steht fest, dass SAP als strategischer Partner einsteigt. Doch einen Bereich meidet die Firma: die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). "Dabei ist gerade die Software für die GKV ein Riesenbrocken", gibt IT-Spezialist Gerhard Penssler von der Hamburger Techniker Krankenkasse (TK) zu bedenken. "SAP stellt hier aber lediglich die Basis zur Verfügung." Aufgrund der Komplexität und des stetigen Wandels der Gesetzeslage habe das Unternehmen wohl dankend abgelehnt, vermutet Penssler. Den GKV-Block, der unter anderem die Bestandsführung und die Leistungsabwicklung beinhaltet, entwickelt die AOK-Systems jetzt allein. "Das ist unsere Kernkompetenz", so Reichelt. Die Kassenspezialistin Petra Münzberg von der Unternehmensberatung Diebold beschreibt die Situation: "Viele Krankenkassen halten sich mit ähnlichen Projekten zurück und warten ab, was bei der AOK passiert." Mancher formuliert es drastischer: "Wann fliegen die damit wohl auf die Schnauze?"
Erster Branchenstandard scheiterte
Die AOK ist gewarnt. Schon vor drei Jahren startete ein ähnliches Projekt. Die Firma See brachte die Barmer, die DAK und fünf weitere Ersatzkassen hinter sich mit dem Ziel, eine Lösung für alle VersicherungenVersicherungen zu schaffen. Doch jede Kasse stellt spezielle Anforderungen, eine Übereinstimmung war nicht zu erzielen. Es steht also viel auf dem Spiel für die AOK: nicht nur die 250 Millionen Euro Kosten, sondern auch der Ruf der "Gesundheitskasse".
Das Kernsystem der AOK stammt aus dem Jahr 1976 und heißt Integriertes Datenverarbeitungssystem (IDVS). Das Bestandsführungssystem der ersten Stunde berechnet Leistungen und verarbeitet Kundendaten. Grund zu klagen gab es bei den Entwicklern und rund 70000 Anwendern bislang kaum. "Doch je mehr Ergänzungs-Tools wir in das Cobol-basierte Anwendersystem integrieren, desto länger dauert die Verarbeitung", erklärt AOK-Mann Reichelt; "da laufen Sie über kurz oder lang vor die Wand."
Immer näher rückt der Punkt, an dem die Ablösung des Systems unumgänglich wird. SAM musste her - der "SAP-AOK-Master". Was zunächst als Notfalllösung für die AOK-IT gedacht war, soll nun weit mehr werden: ein Standard für die ganze Branche auf der Basis von My SAP.
SAM ist generalstabsmäßig geplant. Nach einem dreimonatigen Evaluations-Workshop Anfang 2000 folgte die Grundsatzentscheidung für projektbezogene Arbeit und gegen eine Machbarkeitsstudie. Mitte letzten Jahres stand die Strategie schließlich fest: "Altsysteme ablösen und parallel dazu neue einführen." Schritt für Schritt wird IDFS nun durch My-SAP-Bausteine und GKV-spezifische Zusatzmodule abgelöst. Der Business Partner (BP), ein Modul zur Beitragsführung, befindet sich derzeit als erstes von vielen im Test. Der Gesamtpilot startet im Oktober, der Rollout-Master soll bis 2007 abgeschlossen sein.
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