"Planungschaos"
Berliner IT-Projekt für Schulen scheitert
Laut einem bisher nicht veröffentlichten Prüfbericht des Berliner Landesrechnungshofs läuft die Einrichtung einer einheitlichen und sicheren Computersoftware für die Berliner Schulen nicht so reibungslos wie geplant. Das berichten übereinstimmend die beiden Berliner Tageszeitungen "Berliner Zeitung" und "Der Tagesspiegel".
Demnach sei für das seit 2009 laufende IT-Projekt eGovernment@school bereits die Hälfte der vorgesehenen Summe von 61 Millionen Euro ausgegeben worden. Der Erfolg sei aber bislang ausgeblieben, monieren die Prüfer in ihrer geheimen Prüfmitteilung. "Die Bildungsverwaltung muss dazu nun Stellung nehmen", sagte eine Sprecherin des Landesrechnungshofs zu CIO.de "Dann sehen, wir, ob wir die Antwort danach oder im Rahmen unseres jährlichen Rechenschaftsberichts veröffentlichen."
Rechner ohne Software und Schulen ohne Internet-Anschluss
Die Berliner Schulen warten auf eine sichere Anbindung an sogenannte Data-Center-Boxen. Dieses sind Linux-Server vom Bremer Linux-Partner Univention, die in einem verschlossen Raum in der Schule stehen sollen und auf denen die gesamte Verwaltungs-Software abgelegt ist.
Bereits vor fünf Jahren war vom Berliner Senat die Einrichtung einer zentralen elektronischen Schülerdatei beschlossen worden, mit denen die Lehrerausstattung pro Schule besser geplant werden sollte. Die Schülerdatei, eines der Schlüsselprojekte der Bildungsverwaltung, war politisch jedoch umstritten. Die Grünen befürchteten 2010 den "gläsernen Schüler", die FDP hielt sie für stigmatisierend. Der Verband der Oberstudiendirektoren wollte nicht, dass Schulen für Aufbau und Pflege der Datei zusätzliche Arbeitszeit zur Verfügung stellen.
Projektorganisation funktioniert nicht
Die "Berliner Zeitung" berichtet nun von einem "Planungschaos" bei dem gesamten Projekt. So berichtete ein Insider gegenüber CIO.de, es fehle vor allem an einer funktionierenden Projektorganisation: Zeitpläne oder Meilensteine, wie sie normalerweise üblich sind bei IT-Projekten, gäbe es nicht.
Die Projektorganisation müsste etwa rasch für die Anbindung der Schulen ans Internet sorgen, es fehlen vielerorts aber noch die baulichen Voraussetzungen für den Internet-Anschluss. Laut "Tagesspiegel" wurden bereits Rechner angeschafft, ohne dass die Voraussetzungen in Form von Software und der Verkabelung der Schulen geschaffen worden waren.
Der bisherige Projektleiter hat sich offenbar mit dem zuständigen Abteilungsleiter der Berliner Schulsenatsverwaltung zerstritten und soll nun durch Kay Hansen ersetzt werden, der für das hessische Bildungsministerium die "Schüler- und Lehrerdatenbank" (LuSD) installiert hat. Auch dabei hatte es jedoch erhebliche Probleme gegeben.
Planungschaos oder Schnittstellenprobleme?
Wegen der Schwierigkeiten in Berlin müssten, so die Presseberichte, in Konsequenz bereits begonnene Schulungen wieder abgebrochen werden, auch sei die bereits beschaffte Hardware nicht mehr auf dem Stand der Technik. Die Data-Center-Boxen, die es bereits in verschiedenen Schulen gibt, müssten in diesem Jahr wieder ersetzt werden.
Laut der Berichte hat die Verwaltung bei zwei verschiedenen Firmen Software bestellt. Demnach habe es Probleme gegeben mit der Schnittstelle zwischen dem System "Magellan" von Stüber Systems (Eingabe der Zeugnisformulare) und "Untis" von Gruber & Petters (Stundenplanung). Beide Firmen weisen diese Vorwürfe gegenüber CIO.de jedoch zurück. "Wir sollen hier den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen", sagte ein Sprecher von Stüber Systems. Auf Angaben, welche Daten ausgetauscht werden sollen, habe man lange warten müssen, weil sich die Verwaltung darüber nicht einigen konnte.
Unklar bleibt, wohin die Millionenbeträge für das erfolglose Projekt eigentlich versickern. Die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens sei nicht genügend geprüft worden, moniert nun auch der Landesrechnungshof. Einer im Bieterverfahren unterlegenen Firma musste zudem auch noch Schadenersatz bezahlt werden.
Politik gibt nur spärlich Auskunft
Der grüne Abgeordnete Thomas Birka hatte im März 2014 zu dem Thema im Berliner Abgeordnetenhaus eine Schriftliche Anfrage (PDF) an den Senat gestellt. Demnach waren im März 2014 erst knapp 15 Prozent der Schulen mit den nötigen Servern und Rechnern ausgestattet. Die Frage, wie viele dieser Schulen die Ausstattung nutzen, konnte Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles (SPD) nicht beantworten.
Andere Stimmen behaupten, die Anbindung würde erst an einer Schule funktionieren. Zudem seien mit der Deutschen Telekom Verträge abgeschlossen worden, die pro Schule 300 Euro im Monat für die Internet-Anbindung vorsehen würden. Das bekäme man bei 1&1 für unter 20 Euro.