Positive Emotionen

Die etwas andere Stressbewältigung für Führungskräfte

28.12.2018
Von Maja Storch

Drei Monate nach dem Training luden wir die Testgruppe und eine Kontrollgruppe, die kein Training erhalten hatte, ein. Wir unterzogen sie einem standardisierten Stresstest. Die Versuchspersonen mussten vor zwei Experten ein fiktives Bewerbungsgespräch führen und anschließend öffentlich eine Leistung im Kopfrechnen erbringen. Physiologisch lässt sich der Stresspegel an der Konzentration des Hormons Cortisol im Blut messen. Insgesamt achtmal in Abständen von zehn Minuten maßen wir also den Cortisolspiegel der Probanden. Der Stresspegel der trainierten Gruppe war deutlich niedriger als der Pegel der nicht trainierten Studenten.

Wer weniger Stresshormone ausschüttet, ist auch objektiv weniger gestresst. Den trainierten Studenten war es möglich, mithilfe der Techniken, die wir ihnen beigebracht hatten, ihr Gehirn auf einen anderen Informationsverarbeitungsmodus umzuschalten. Offenbar hatten wir mit dem Training, also über den Zugang zum Unbewussten, das subjektive Gefühl der Bedrohung und so die tatsächliche Stressreaktion reduzieren können.

Die Tatsache, dass dieses Ergebnis drei Monate nach dem Training gemessen wurde, zeigt, dass es sich hierbei nicht um eine kurzfristige Seminareuphorie handelt, sondern um einen echten Transfer des Gelernten in die eigene Toolbox der Stressbewältigung. Darauf deutet auch die abschließend durchgeführte Befragung hin. Alle Trainierten gaben an, die erlernten Techniken im Alltag anzuwenden. Bis auf einen Teilnehmer würden alle Mitglieder der Testgruppe das Training ihren Freunden und Bekannten empfehlen.

Man muss bei der Übertragung der Erkenntnisse aus einer Laborsituation auf den Manager-Alltag natürlich Einschränkungen hinnehmen. Junge, gesunde Probanden reagieren möglicherweise schneller auf ein Training als Führungskräfte wie Lisa Bender. Top-Performer, die schon seit Jahren ans Limit gehen, befinden sich oft in einer chronischen Bedrohungssituation. Dann dauert es etwas länger, bis die neuen Wahrnehmungsmuster zuverlässig trainiert sind.

Sich selbst managen

Dennoch kann es gelingen, aus dem Teufelskreis auszubrechen: Das menschliche Gehirn ist ein Überlebensorgan, das ein Leben lang lernen kann. Die eigene Stimmungslage aktiv in den positiven Bereich hineinregulieren zu können ist eine Schlüsselkompetenz für Führungskräfte. Denn Gelassenheit, die Kompetenz, Probleme zu lösen, und Kreativität sind eng an positive Emotionen gekoppelt. Eine Führungskraft, die gelernt hat, auch mit einem unaufgeräumten Schreibtisch in Frieden Feierabend zu machen, arbeitet darum paradoxerweise auf Dauer effizienter als eine, die sich bis spät in die Nacht schindet und quält.

Zur Startseite