Internet
Die kreativen Zerstörer
Varsavsky nimmt einen Schluck vom Espresso, den seine Haushälterin serviert hat, und lehnt sich zufrieden zurück. "Es gibt nichts Aufregenderes, als bestehende Geschäftsmodelle anzugreifen", sagt er. Deshalb gründe und investiere er immer wieder aufs Neue. Zum Beispiel in Tariq Krim. Der 35-Jährige mit dem dunklen Teint des Algerienfranzosen ist einer der vielen Unternehmer, die vom Geld des Internetpaten Varsavsky profitieren.
Krim quirlt begeistert durch ein leeres Büroloft im zweiten Pariser Arrondissement. Nicht gerade die billigste Gegend der französischen Hauptstadt. Schon wenige Tage später sollen in den hohen Räumen die Schreibtische der 31 Angestellten von Krim stehen. Nennenswerte Umsätze mache sein Unternehmen nicht, räumt Krim ein, aber dafür habe er schon zehn Millionen Nutzer. Und mit zwölf Millionen Euro Wagniskapital geht einiges!
Krims Firma Netvibes hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Internetnutzer durch wenige Mausklicks ihre eigene Web-Startseite zusammenstellen können: Rechts oben den Zugang zur Yahoo-E-Mail-Adresse, darunter die aktuellen Nachrichten und links vielleicht den aktuellen Stand der eigenen Ebay-Auktionen. Aus über tausend solcher Module kann der Netvibes-Nutzer heute auswählen.
Netvibes fährt zusammen mit einigen ähnlichen Start-ups einen Frontalangriff auf Internetportale wie Yahoo. Deren Geschäftsmodell basiert darauf, dem Nutzer eine Komplettversorgung im Netz anzubieten. Nach dem Motto: Wer eh bei Yahoo seine E-Mails anschaut, der wird für die Online-Suche nicht zu GoogleGoogle wechseln und umgekehrt. Alles zu Google auf CIO.de
Doch mit Netvibes kann sich der Nutzer aus allen Websites die besten Angebote herauspicken und den Rest ignorieren. Gleichzeitig zeigt das Beispiel aber auch, wie sich etablierte Konzerne gegen die Angreifer wappnen können. Sicher, man kann sich verteidigen wie Oracle & Co., indem man die Basisversion seines eigenen Produkts verschenkt. Man kann wie British Telecom agieren, die sich an der jüngsten Finanzierungsrunde von Varsavskys WLAN-Gemeinschaft Fon beteiligt hat - um einen Fuß in ein mögliches neues Geschäftsfeld zu setzen.