Falk-Oliver Bischoff
Häuptling "Neue Akte"
Badener benutzen den Aktenknoten links oben, bei den Württembergern liegen Akten lose in einer Hülle mit zwei Gummibändern, die einzelnen Dokumente sind nicht miteinander verbunden. In dieser Fusionsgeschichte geht es auch darum, wie man den Badischen Aktenknoten mit den Stuttgarter Loseblatt-Ordnern zusammenbekommt.
"Vor zwei Jahren hatten wir ganz großes Chaos", sagt Volkart Steiner, für IT zuständiger Direktor der Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden-Württemberg. "Die Strukturen waren völlig unklar, ebenso sah es auf der Maschinenseite aus. Ziele und Wege für die IT waren unsicher. Wir wussten nicht, wie es geht."
Dies zu klären war ab sofort die Hauptaufgabe von Falk-Oliver Bischoff, 49, Leiter der DV-Abteilung der LVA Baden-Württemberg. Das Landesparlament hatte beschlossen, die unabhängig agierenden LVAen Baden in Karlsruhe (2549 Mitarbeiter) und Württemberg in Stuttgart (3088 Mitarbeiter) aufzulösen und eine neue LVA zu errichten. Die zwei Rechenzentren sollten in einem von süddeutschen und südwestdeutschen Versicherungsträgern neu gegründeten Dienstleistungsrechenzentrum in Würzburg konsolidiert werden. "Es spielten politische, vor allem aber Kostengründe eine Rolle", sagt Bischoff. Denn die Situation ist nicht einfach: Die Zahl der von den 22 LVAen in Deutschland zu verwaltenden Arbeiter schrumpft beständig, während bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin ein wachsender Verwaltungskoloss entsteht.
IT-Chef Bischoff rief die ProjekteProjekte Anabasis I und II ins Leben (griechisch: "Hinaufmarsch"): "Wir wollten eine effiziente und schlanke Organisation aufbauen, auch in der Öffentlichen Hand. Wer die Geschichte der beiden Stämme kennt, ahnt, dass weder Badener noch Württemberger, die sich gegenseitig als "Gelbfüßler" und "Knobelköpfe" schmähen, bereit waren, mit den jeweils anderen freiwillig und friedlich zusammenzuarbeiten. Steiner bestätigt: "Das macht so einen Fusionsprozess schwerfällig und zum Teil sogar destruktiv." Und Peter Schneider, Berater von IBMIBM Business Consulting Services, sekundiert: "In erster Linie war das Problem, die kulturellen Unterschiede zwischen Baden und Württemberg in den Griff zu kriegen." Alles zu IBM auf CIO.de Alles zu Projekte auf CIO.de
Die regionalen Besonderheiten hatten sich auch in den IT-Systemen manifestiert. "Die Stuttgarter IT-Abteilung war Anhänger von IBM, während die Karlsruher ihre Architektur auf die Siemens-Großrechner BS/2000 aufgebaut hatten", sagt Bischoff. Innerhalb eines Jahres sollten die beiden Kernanwendungen, mit denen die Renten- und Rehabilitationsanträge der über 3,5 Millionen aktiven Kunden berechnet werden, auf einem IBM-System in Würzburg laufen.