Zukunft der Arbeit
McKinsey: Automatisierung dauert noch bis 2055
- Strukturwandel wird massiv, aber wohl nicht einzigartig sein
- In Europas großen Ländern könnten 62 Millionen Stellen überflüssig werden
- Unternehmen sollten auf Qualifizierung setzen
- Mittelständler könnten Verlierer der Entwicklung sein
1978 hatten viele noch ihren Spaß beim Gedanken an "Die Roboter". Die Single von Kraftwerk verkaufte sich damals bestens. Und zu mit monotonen Beats unterlegten Zeilen wie "Wir sind auf alles programmiert, und was du willst wird ausgeführt" ließ sich ausgelassen tanzen. Heute können Roboter noch sehr viel mehr als damals, und neben Hoffnungen lösen sie Ängste aus. In entwickelten Gesellschaften wie der hiesigen insbesondere jene einer neuen Massenarbeitslosigkeit. Weil Roboter und Automatisierungssoftware viele Tätigkeiten ausüben können, für die es noch auskömmlichen Lohn gibt.
Historische Einordnung statt Schönrechnerei
Studien über das Ausmaß der zu erwartenden Entwicklung gibt es inzwischen viele. Zum skizzierten Problem malen sie die Zukunft zum Teil in schwarzen, zum Teil in weißen Farben - weil neue Technologien durchaus auch neue Jobs generieren können. Die jetzt vorliegende Studie des McKinsey Global Institute (MGI) "A Future that Works: Automation, Employment, and Productivity" verwendet eher helle Töne. Wenn man sie betrachtet, findet man, dass sie sehr wohl passen könnten.
Die beruhigende Wirkung der McKinsey-Studie auf die aufgeregte öffentliche Debatte ergibt sich dabei nicht aus Schönrechnerei. Selbstverständlich präsentiert das Institut eigene Zahlen, und die sind - so viel vorneweg - massiv. MGI geht von gewaltigen Auswirkungen aus, weil das Potenzial der Automatisierung so immens ist. Es wird demnach zum Teil enorme Steigerungen der Produktivität geben, aber diese werden mit ebenfalls hohen Verlusten an Arbeitsplätzen einhergehen.
Auch CEOs von Automatisierung betroffen
McKinsey äußert sich dahingehend ziemlich illusionslos, zumal Automatisierung sogar CEOs von manchen Tätigkeiten entlasten könne und eben nicht nur Fabrikarbeiter. Die Analysten sagen auch, dass es im Zusammenspiel von Mensch und Maschine auch neue Stellen geben wird. Sie legen sich aber nicht definitiv darauf fest, dass dieser positive Effekt den negativen netto übertreffen wird. In anderen Untersuchungen wurde derlei schon vorgerechnet.
Roboter brechen nicht wie eine Naturgewalt ins Leben ein
Nein, der Beruhigungseffekt dieser Studie resultiert aus den Einordnungen der Autoren. Da ist zum einen der Hinweis auf konkrete Einflussfaktoren, die signalisieren, dass mit den Robotern keine Naturgewalt über den Planeten hereinbricht. Mitzudenken sind etwa stets politische Gestaltungsmöglichkeiten. Und da ist zum anderen die zeitliche und historische Einordnung.
Ja, in manchen Branchen mit besonders schnellen und hohen Nutzenszenarien wird es auch mit der Automatisierung bald rasant vorwärts gehen, so das MGI. Alles in allem wird aber eine Entwicklung beschrieben, die Jahrzehnte in Anspruch nimmt und Möglichkeiten der Anpassung in Aus- und Weiterbildung bietet. Konkret: Das Institut schätzt, dass rund die Hälfte der weltweiten Arbeitsaktivitäten potenziell automatisiert werden können.
Basis sind Daten aus den USA
Ein Befund, der Industriepolitiker erst einmal zusammenzucken lässt. Bis der beschriebene Effekt allerdings eingetreten ist, dürfte es 2055 werden. So sieht laut McKinsey jedenfalls die plausibelste Prognose des Ablaufs aus. Weil man es genau nicht wissen kann, werden in der Studie auch Szenarien durchgespielt, in denen alles 20 Jahre schneller oder langsamer passiert.
Bevor steht in jedem Fall Strukturwandel der massiven Sorte. Man wird diesen gewiss dann und wann als singulär bezeichnen. Fraglich ist indes, ob diese Beschreibung einem historischen Vergleich standhält. Das MGI stellt zwar fest, dass Roboter und Automatisierung in den kommenden Jahrzehnten wohl eine Vielzahl an bisher gekannten Arbeitsaktivitäten überflüssig machen werden.
Vergleiche zu Entwicklungen in Landwirtschaft und Industrie
Das klingt dramatisch, ist aber nicht zwingend einzigartig. In den USA beispielsweise, daran erinnert die Studie, fiel der volkswirtschaftliche Anteil der Landarbeit zwischen 1900 und 2000 von 40 auf 2 Prozent; jener der Industriearbeit rutschte zwischen 1950 und 2010 von 25 auf 10 Prozent.