Standards verbiegen

SAP anpassen, Geld verprassen



Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.

1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.

Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.

Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".

Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.
Reppesgaard studierte in Hannover und arbeitete danach als Reporter und Moderator bei Hörfunk von Radio Bremen zu innen- und jugendpolitischen Themen und in den Bereichen Technologie und Wissenschaft. Seit dem Jahr 2000 lebt er in Hamburg, seit 2001 arbeitet er mit Christoph Lixenfeld im druckreif Redaktionsbüro zusammen.

SAP im Vertrieb umstritten

Vorwerk ist diesen Weg nicht gegangen, was Group Information Officer Stefanie Kemp bis heute bereut: Während es bei den betriebswirtschaftlichen Anwendungen gelang, die SAP-Welt konsequent aufzuräumen, sorgte bei den Vertriebslösungen die Kombination aus SAP-Standardteilen und selbst entwickelten Zusatzelementen für eine gefährliche Mischung, die das Unternehmen bis heute Geld kostet. Auch deshalb steht es in der Sternen, ob SAP die Vertriebsmannschaften bei Vorwerk auch in Zukunft mit Informationen versorgen wird.

Anteil an Eigenentwicklungen in den analysierten Systemen.
Anteil an Eigenentwicklungen in den analysierten Systemen.

"Bei der Konzeption von Folgelösungen haben wir nicht genug getan, den Fehler gestehen wir uns ein", sagt Kemp. Beispielsweise wurde den IT-Verantwortlichen erst nach und nach klar, dass eine klare Strategie für den Spagat zwischen den Erwartungen der anspruchsvollen Anwender im Vertrieb und der gewünschten Reduzierung der Komplexität fehlte. Ergebnis: Für unterschiedliche Vertriebseinheiten der europäischen Standorte und der verschiedenen Unternehmensteile machte die IT fast alles möglich. Außerdem zog Vorwerk nicht in Erwägung, für Aufgaben im Vertrieb vorgefertigte Add-Ons zuzukaufen, die branchenspezifische Anpassungen an SAP ermöglichen. Statt dessen stieg man gleich in die Eigenentwicklung ein.

Eigenentwickler mit nur 22 Prozent

"Wer von den Vorteilen einer Standard-Software profitieren will, sollte möglichst Nahe an diesem Standard bleiben," findet Diana Bohr vom ERP-Dienstleister West Trax. So wie Kurt Trillsam, IT-Direktor bei Modine Europe GmbH aus Filderstadt. Der Anteil der Eigenentwicklungen in den SAP-Systemen des Automobilzulieferers liegt mit 22 Prozent weit unter dem Branchendurchschnitt. Was allerdings nicht heißt, dass Trillsam nicht dadurch auch noch Neues über seine SAP-Anwendungslandschaft lernen kann. "Wir haben durch die Analyse einige selbst entwickelte Programmteile entdeckt, die wir kaum noch nutzen. Aber sie zu beseitigen, hat zur Zeit keine Priorität", sagt Trillsam. Diese Analyse geschah mit Hilfe des Auswertungswerkzeugs KPI-Scan. Bei diesem Verfahren sammelt West Trax über Standardschnittstellen Leistungsinformationen in den SAP-Systemen der Anwender. Der Aufwand dafür beträgt weniger als 30 Minuten. Der Clou ist, dass die so gesammelten Werte über das System nicht nur zusammengefasst, sondern auch in einem Kennzahlensystem abgeglichen werden.

Ungenutzte Standardtransaktionen in Unternehmen.
Ungenutzte Standardtransaktionen in Unternehmen.

Auch Vorwerk setzt mittlerweile verstärkt auf Performance-Messungen, denn Stefanie Kemp hat keineswegs vor, sich vom Status Quo in Sachen Vertriebssysteme entmutigen zu lassen. Sie ist unter anderem angetreten, um das Thema SAP und Vertrieb doch noch in den Griff zu bekommen. Ein wichtiger Beitrag dazu ist die Analyse der Systemlandschaft, um zu ermitteln, welche versteckten Kostenfresser das IT-Budget besonders belasten. Bis zur endgültigen Entscheidung lässt sich Vorwerk Zeit zur gründlichen Prüfung: Erst im kommenden Jahr wird feststehen, wie die Vertriebs-IT der Zukunft aussieht. Die Umsetzung erfolgt dann in den nächsten drei Jahren.

IT-Prozesse keine Geschäftsmodelle

Im Vergleich dazu ist Paul Riedo von Swisscom in einer traumhaften Situation: Sein Arbeitgeber strukturiert gerade um, wobei sämtliche Telefonaktivitäten des Unternehmen bei der Swisscom Schweiz gebündelt werden. Und die bekommt ein komplett neues SAP-System. "Greenfield Approach" nennt Riedo diesen Vorgang zärtlich, weil dabei quasi naturbelassenes Grünland mit ganz neuen Kulturpflanzen versehen wird. Glücklich ist Riedo darüber vor allem deshalb, weil die Analyse der vorhandenen SAP-Systeme durch West Trax eine Fülle ungenutzter Eigenentwicklungen ans Tageslicht gefördert hatte. "Der Standardisierungsgrad", gesteht Riedo, "ist bei uns bisher eigentlich gering."

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