Ratgeber
Übersetzungssoftware: Was die kostenlosen Tools taugen
Kostenlose MT-Tools im Praxistest
Damit soll hier mit der sehr speziellen Welt der CAT-Systeme für Übersetzer ein Cut gemacht werden und zu den kostenlosen MT-Tools übergeblendet werden. Die meisten von ihnen stehen online zur Verfügung stehen - und das in einer großen Auswahl von Sprachpaaren bis hin zu Chinesisch- oder Japanisch-Deutsch.
Der Transparenz wegen haben wir die kostenlosen Übersetzungsprogramme allerdings nicht mit derartig exotischen Sprachen getestet, sondern mit Englisch-Deutsch. Die Bilderstrecke unten zeigt Übersetzungen verschiedener kostenloser MT-Tools von zwei englischen Texten.
Der obere ist der Einleitungssatz des englischen Wikipedia-Eintrags zu Translation Memory (Übersetzungsspeicher). Unten ist der zweite Satz aus Charles Dickens "David Copperfield" zu sehen. Beide Passagen sind etwas verschachtelt und können auch menschliche Übersetzer auf die Probe stellen.
- Babelfish.de
Während Yahoo Babel Fish 2012 eingestellt hat und Suchanfragen laut Wikipedia auf die Seite von Microsofts Bing Translator umleitet, gibt es noch Babelfish.de und Babelfish.com, jeweils mit unterschiedlichen Logos und Übersetzungsergebnissen. Babelfish.de hat zwar mit den beiden Textproben von der Grammatik und Syntax her leichte Probleme. Der Sinn der beiden leider zusammengeschriebenen Beispielssätze lässt sich aber noch relativ gut erfassen. Im Impressum macht Babelfish.de den Eindruck eines eigenständigen Online-Übersetzungsprogramms. Auffällig ist aber, dass die Übersetzungsproben denen von Google Translate aufs Haar gleichen. - Google Translate
Google Translate oder der Google Übersetzer bietet Übersetzungen in mehr als 90 verschiedenen Sprachen an und ist wohl das bekannteste Online-Übersetzungsprogramm. Für die Einbindung in andere Anwendungen oder in die Unternehmenskommunikation muss man für Google Translate v2 einen API-Schlüssel erwerben. Spürbare Kosten entstehen aber erst bei Millionenvolumen. Mit manchen Redewendungen wie „Da beißt die Maus keinen Faden ab“, laut dict.cc „It’s Lombard Street to a China orange“ hat der Google Übersetzer wie die meisten dieser MT-Tools noch seine Probleme, aber viele ihm angedichtete Fehler sucht man heute vergebens. Für die beiden Übersetzungsproben gilt, was schon bei Babelfish.de stand. Der Sinn der beiden Sätze lässt sich relativ gut erfassen, wenn man über die kleinen grammatikalischen und syntaktischen Aussetzer hinwegsieht. - MyMemory
MyMemory Translated.net nennt sich den weltgrößten Translation Memory oder Übersetzungsspeicher und bedient über 140 Sprachen und Dialekte. Zur Einbindung in CAT-Tools stehen sowohl eine Machine- als auch eine Human-Version mit echten Übersetzern zur Verfügung. Der TM vereint nach eigenen Aussagen Einträge der EU und der UN sowie der besten domain-spezifischen multilingualen Webseiten. Die Übersetzung der beiden Übungssätze gleicht der abermals auffällig der von Babelfish.de und von Google Translate. Das ist aber nicht immer so. Bei anderen Übersetzungsversuchen hat MyMemory, Babelfish.de oder Google Translate besser abgeschnitten. Die Dickens-Leseprobe aus „David Copperfield“ ist bei MyMemory trotz Leerzeile mit dem Wikipedia-Text zusammengeführt worden, was der Übersetzung keinen Abbruch tut. Die kleinen Syntax- und Grammatikfehler sind die gleichen wie die der beiden Vorgänger, aber noch verzeihlich. - Microsoft Translator
Der Microsoft Translator ist ein Cloud-Service für die Übersetzung zwischen mehr als 45 Sprachen und steht als Bing- und Skype-Anwendung online kostenlos zur Verfügung. Für die Einbindung in andere Anwendungen oder in die Unternehmenskommunikation muss man einen API-Schlüssel erwerben. Bis zu zwei Millionen Zeichen sind allerdings kostenlos. Die Übersetzung des Wikipedia-Textes zu Translation Memory krankt zwar etwas daran, dass das Verb „gespeichert“ ganz hinten steht. Dass der letzte Satzteil sich auf den vorhergehenden (that have previously been translated) und nicht auf den Translation Memory bezieht, wurde mit der Formulierung „die zuvor zur Unterstützung…“ sehr gut erfasst und umgesetzt. Das Dickens-Zitat ist dagegen allerdings völlig danebengegangen. - Prompt
Prompt bietet Übersetzungen zwischen 13 oder 14 Sprachen an, darunter auch Japanisch, Türkisch jedoch vorerst nur in der Beta-Version. Neben der automatischen Erkennung der Quellsprache ist auch eine virtuelle Tastatur für die jeweilige Sprache vorhanden. Kommen wir zu den Übungssätzen: In dem Wikipedia-Satz werden die „Segmente“ leider „versorgt“ und nicht gespeichert. Relativ gut gelöst ist aber der hintere Part der Einleitung zu Translation Memory. Die Übersetzung des zweiten Satzes von Dickens‘ „David Copperfield“ wäre fast perfekt, wenn das „weil“ in der Klammer durch „wie“ ersetzt worden wäre. - Reverso
Reverso ist ein kostenloser Übersetzer für Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch, hebräisch und Japanisch. Die angebotenen Sonderzeichen können sehr hilfreich bei der Eingabe von Text sein. Das „Übersetzungsgedächtnis“ beim Wikipedia-Text ist nicht falsch, aber etwas eigenwillig. Unverständlich ist, wie aus TM ein WZ wurde. „Sentence“ kann zwar auch „Urteil“ bedeuten, ein solches hat in diesem und dem angesprochenen „Satz“ aber nichts verloren. Die Übersetzung der letzten beiden Satzteile hat Reverso recht gut gelöst. Gleiches trifft auch auf den Anfang des Dickens-Zitats zu. Dass das Bindewort „dass“ in der zweiten Zeile zum Relativ-„das“ wurde, scheint auf einen frühen Eingabefehler zurückzuführen sein. Unverständlich ist, weshalb das Wörtchen „glaube“ aus der Klammer ans Satzende gesprungen ist. - SDL FreeTranslation
SDL FreeTranslation bietet kostenlose Übersetzungen zwischen mehr als 40 Sprachen und als Übersetzungs-API auch den Zugriff auf der SDL Language Cloud für die Integration in SDL Trados Studio oder in die Unternehmenskommunikation. Die Übersetzung der beiden englischen Proben ist eher enttäuschend, was daran liegen mag, dass sich dort bisher zu wenige menschliche Übersetzer eingebracht haben. Denn alle MT-Tools leben von vorher getätigten Eingaben. Dass das „stores“ als Ladengeschäfte (Stores) verstanden wurden, ist noch verzeihlich, die „Beihilfen“ am Ende des Wikipedia-Textes weniger. Der Dickens-Satz ist nicht schön übersetzt, aber noch halbwegs verständlich. - Systranet
Systranet bietet neben den großen europäischen Sprachen auch Arabisch, Japanisch und Koreanisch. Hinter dem Tastatur-Symbol der „Options“ findet man eine große Auswahl von Sonderzeichen wie Umlaute und spanische Satzzeichen zum Beispiel. Das „Übersetzungsgedächtnis“ im Google-Text ist schräg, aber nicht gänzlich falsch. Dass der Speicher „segmentiert“ wird, ist semantisch vom englischen Originaltext her schlicht falsch, das „humantranslators“ zusammengeschrieben zumindest kreativ. Die Übersetzung des Dickens-Satzes aus „David Copperfield“, englischer Klassiker der Weltliteratur und im Original nicht ganz leicht zu lesen, hat Systranet dagegen fast perfekt gemeistert. - WorldLingo
WorldLingo bedient als kostenloser Online-Übersetzer für Texte, Dokumente, Webseiten und E-Mails neben europäischen Sprachen auch indische, fernöstliche und Arabisch. Die automatische Erkennung der Ausgangssprache unterstützen die meisten dieser Programme. Das kostenfreie Online-CAT-Tools Wordfast Anywhere bietet automatische Übersetzungen mit WorldLingo an. Bei anderer Gelegenheit hat WorldLingo deutlich bessere Übersetzungsergebnisse hervorgebracht als beim Wikipedia- und Dickens-Text. Der Sinn der beiden Übungssätze ist in der Übersetzung noch halbwegs verständlich. Die „Grammatikkenntnisse“ sind mitunter besser als die der Konkurrenz. Aber warum wurde der Speicher „segmentiert“ und nicht umgekehrt? Warum soll der Ich-Erzähler David Copperfield um Mitternacht „getragen“ worden sein? Dabei hat er zu der Zeit doch nach Hörensagen und seinem Verständnis nach das Licht der Welt erblickt.
Hier nun die beiden englischen Textstellen mit Übersetzungsvorschlag:
A () is a database that stores "segments", which can be sentences, paragraphs or sentence-like units (headings, titles or elements in a list) that have previously been translated, in order to aid human translators. (aus Wikipedia.org)
Ein Translation Memory (TM) oder Übersetzungsspeicher ist eine Datenbank, die "Segmente" enthält, welche Sätze, Absätze oder satzähnliche Textstellen (Überschriften, Titel oder Elemente in einer Liste) sein können und zur Unterstützung menschlicher Übersetzer vorher schon einmal übersetzt wurden.
To begin my life with the beginning of my life, I record that I was born (as I have been informed and believe) on a Friday, at twelve o'clock at night. (aus "David Copperfield" von Charles Dickens, 1849-1850)
Um mit dem Beginn meines Lebens zu beginnen, halte ich fest, dass ich (wie mir mitgeteilt wurde und ich glaube) an einem Freitag um zwölf Uhr nachts geboren wurde.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne die einzelnen Ergebnisse allzu sehr werten zu wollen, wurden für den Test die Übersetzungen folgender Online-Übersetzungstools ausgewählt:
Babelfish.de
Google Translate
MyMemory (machine)
Microsoft Translator
SDL FreeTranslation
Die ersten drei Online-Übersetzungsprogramme einschließlich der Google Übersetzer liefern haargenau dieselben Ergebnisse, was an ähnlichen oder gleichen Suchalgorithmen und Vorlagen aus diversen Datenbanken liegen mag. Die Übersetzung ist halbwegs verständlich, wenn man über den einen oder anderen Grammatik- beziehungsweise Syntaxfehler hinwegsieht. Vielleicht liegt es auch an den hohen Erwartungen, aber SDL FreeTranslation hat die beiden unterschiedlichen Textstellen sehr enttäuschend in die deutsche Sprache gebracht. Überraschend gut geschlagen hat sich der Microsoft Translator, der lange viel Kritik auf sich geladen hat. WorldLingo hat zwar mit einzelnen Wörtern Schwierigkeiten, weniger aber mit der deutschen Grammatik.