Gemeinsame Wertebasis

Wie Führung in unsicheren Zeiten gelingt

Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Der diplomierte Wirtschaftsingenieur ist u.a. Autor des "Change Management Handbuch" und zahlreicher Projektmanagement-Bücher. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal.
Die meisten Mitarbeiter sehnen sich nach Sicherheit und Stabilität. Das gibt es aber immer weniger. Deshalb brauchen Unternehmen Veränderungsbereitschaft und Agilität. Das geht nur zusammen, wenn ein gemeinsames Fundament existiert. Es besteht aus Werten.
  • In der Management-Diskussion kursiert der Begriff, der die Dauerunruhe beschreibt: VUKA steht für einen Zustand, der von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz geprägt ist.
  • Unter diesen Vorzeichen hält das soziale Gefüge wie ein Unternehmen nur durch ein starkes Wertesystem zusammen.
  • Dafür muss die Führungsmannschaft mit den Mitarbeitern die Unternehmenskultur gezielt beeinflussen, entwickeln und prägen. Das ist keine einfache, aber eine unglaublich spannende und lohnende Aufgabe.
Wenn der Change als alltägliche Herausforderung akzeptiert und gelebt werden soll, bedeutet das für Führungskräfte, sich der Werte und Prinzipien anzunehmen, die das gemeinsame Verhalten nicht nur beeinflussen, sondern prägen.
Wenn der Change als alltägliche Herausforderung akzeptiert und gelebt werden soll, bedeutet das für Führungskräfte, sich der Werte und Prinzipien anzunehmen, die das gemeinsame Verhalten nicht nur beeinflussen, sondern prägen.
Foto: Africa Studio - shutterstock.com

Erstaunlicherweise wird Change oft noch als etwas Besonderes gesehen - so als gäbe es einen Normalzustand, in dem sich nichts verändert. Doch den gibt es nicht. Letztendlich gibt es nur eine Konstante im Leben: Veränderung. Menschen verändern sich, Beziehungen wandeln sich, Gebäude altern, Dinge gehen kaputt, wachsen, vergehen. Stabilität ist eine Illusion.

Stabilität ist eine Illusion

Trotzdem haben Menschen eine große Sehnsucht nach Stabilität. Sie ist oft so groß, dass wir die Augen zukneifen und unser Leben in zu kleinen Zeitabschnitten betrachten, so dass wir die Veränderung nicht ­sehen. Deshalb merken wir zum Beispiel nicht, wie wir älter werden und unsere Beziehungen an Qualität verlieren oder gewinnen. Eine Ursache hierfür ist: In unserem Alltag erfordert es von uns wenig Energie, Dinge (scheinbar) stabil zu halten.

Verändern hingegen kostet Kraft. Doch reicht das als Begründung oder gar Rechtfertigung für das Festhalten an der Illusion der Stabilität? Wenn wir ehrlich sind, machen wir uns etwas vor.

Ein dauerhafter Unruhezustand ist die Realität

In unserer Wirtschaft hat das "Alles ist im Fluss" eine neue Dynamik gewonnen: Die Märkte verändern sich immer schneller, die technologische Entwicklung schrei­tet rasant voran, die Produktlebens- und Change-Zyklen werden kürzer, Strategien müssen ständig angepasst werden. Konnten früher die Führungskräfte ihren Mitarbeitern, aber auch den Kapitalgebern nach einer Reorganisation oder strategischen Neuausrichtung eine gewisse Konstanz und Sicherheit versprechen, ist das heute unmöglich geworden. Manchmal lassen sich nicht einmal mehr für das kommende Geschäftsjahr verlässliche Prognosen abgeben.

Deshalb herrscht in vielen Unternehmen ein dauerhafter Unruhezustand. Die Führungskräfte können ihren Mitarbeitern oft nicht mehr versprechen: "Ihr Job ist sicher." Oder: "Unsere Strategie gilt für die nächsten Jahre." Dennoch erwarten die Mitarbeiter oft nachdrücklich Perspektiven, Sicherheit und eine längerfristige Planung.

VUKA steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz. VUKA nimmt zu – doch nicht in allen Lebens-, Wirtschafts- und Unternehmensbereichen gleich stark. Wichtig ist es, herauszufin­den, in welchen Bereichen VUKA dominiert und in welchen nicht und welche Interventionen deshalb zielführend sind. Es gibt durchaus Koexistenzen von Stabilität und Instabilität.

Aktuell kursiert in der Management-Diskussion ein Begriff, der diesen Zustand der Dauerunruhe beschreibt: das Akronym VUKA. Es steht für einen Zustand, der von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz geprägt ist. Doch was bedeutet das für uns Menschen? Wie gehen wir mit dieser Situation um, und wie finden wir uns in ihr zurecht?

Wie Mitarbeiter auf ständige Unruhe reagieren

Mitarbeiter und auch Führungskräfte in Unternehmen reagieren auf das VUKA-Phänomen mit verschiedenen Verhaltensweisen:

  • Change-Müdigkeit: Ständig mit Veränderungen kon­frontierte Beschäftigte zeigen Verhaltensweisen wie Lethargie, Fatalismus oder sogar Zynismus.

  • Change-Ignoranz: Es wird versucht, Neuerungen ein­fach auszusitzen, gemäß der Maxime: "Wenn ich mich nur langsam genug bewege, geht auch diese Welle vorüber, ohne dass ich etwas ändern muss."

  • Aktiver Widerstand: Durch das Festhalten an überholten Errungen­schaften und Beschlüssen, durch Endlos-Diskussionen, Stimmungsmache und Verweigerung wird versucht, den Status quo zu erhalten.

Natürlich begegnet man in den Unter­nehmen auch Mitarbeitern, die sich auf Veränderungen einlassen und ­ihre Gestaltungschancen nutzen. Doch das Gros leidet häufig unter der Dauerunruhe und ist wenig offen für Veränderungen.

Was bedeutet VUKA?

Das V steht für volatil (flüchtig, schwankend)

Es bezieht sich auf die zunehmende Häu­figkeit und Geschwindigkeit von Veränderung. Was gestern noch galt, kann heute durch neue Informationen oder Entscheidungen ganz anders sein.

Das U steht für unsicher

Vorhersehbarkeit und Planbarkeit lösen sich mehr und mehr auf.

Das K steht für komplex

Alles hängt zunehmend mit allem zusammen. Zahllose Verknüpfungen, Abhängigkeiten und Einflussfaktoren wollen bedacht sein. Ursache und Wirkung von Entscheidungen sind kaum mehr nachzuvollziehen.

Das A steht für ambivalent (mehrdeutig)

Die Zeit der Königswege ist vorbei. Statt Schwarz-Weiß herrschen Widersprüchlichkeiten und vielfältige Schattierungen. Sowohl-als-auch-Fakten machen Entscheidungen schwierig.

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